Finanzminister Gernot Blümel
APA/Georg Hochmuth
Causa Casinos

Blümel steht Nationalrat Rede und Antwort

In der Causa rund um die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird dieser Dienstagnachmittag dem Nationalrat Rede und Antwort stehen. Die Opposition hatte gemeinsam eine Sondersitzung beantragt. Die FPÖ kündigte zudem einen Misstrauensantrag gegen Blümel an.

Der Fokus der Sondersitzung wird auf der Hausdurchsuchung bei Blümel liegen, die im Zusammenhang mit dem Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung steht. SPÖ, FPÖ und NEOS argumentierten die Sondersitzung mit den „schwerwiegenden Vorwürfen“ gegen Blümel. Es sei ein einmaliger Vorgang, dass ein amtierender Finanzminister Beschuldigter der Justiz sei und bei ihm eine Razzia – die ja von einem Richter angeordnet werden müsse – durchgeführt werde, sagte etwa SPÖ-Fraktionsvize Jörg Leichtfried. NEOS sieht eine „krasse Unvereinbarkeit“, dass Blümel als Finanzminister für Glücksspiel zuständig sei.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl bezeichnete Blümel als „politisch handlungsunfähig“. Damit argumentiert die FPÖ auch den geplanten Misstrauensantrag gegen Blümel. Die Ermittlungsergebnisse zur Causa Casinos zeigten, dass die ÖVP seit vielen Jahren in einer sehr engen Beziehung zum Glücksspielkonzern Novomatic stehe, argumentierte der FPÖ-Abgeordnete im „Ibiza“-U-Ausschuss, Christian Hafenecker. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger kündigte bereits an, dem Misstrauensantrag „selbstverständlich“ zuzustimmen.

SPÖ will voraussichtlich zustimmen

Auch Leichtfried meinte bei einer Pressekonferenz Dienstagvormittag, dass die SPÖ den Misstrauensantrag voraussichtlich unterstützen werde. Man habe ihn zwar noch nicht vorliegen, man könne aber mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Zustimmung ausgehen. Leichtfried und der SPÖ-Fraktionsführer im „Ibiza“-U-Ausschuss, Kai Jan Krainer, plädierten für einen freiwilligen Rückzug von Blümel, bis die Vorwürfe gegen ihn restlos aufgeklärt sinid.

Blümel tue so, „als ob es das Allernormalste auf der Welt wäre, Konzernen und Milliardären zu helfen, keine Steuern zu zahlen“, zeigte sich Krainer verärgert. Angesichts des im U-Ausschuss sichtbar gewordenen Verhältnisses zwischen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Novomatic wies er darauf hin, dass es auch bei Blümel zu ähnlichen Formen verdeckter Parteienfinanzierung gekommen sein könnte. Möglich sei etwa, dass es Sponsoring zugunsten der Wiener ÖVP nahestehender Vereine gegeben habe.

Grünes Verhalten zu Misstrauensantrag noch offen

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer will noch am Dienstagvormittag in einer Pressekonferenz bekanntgeben, wie man mit dem Misstrauensantrag der FPÖ umgehen wird. Stimmen die Grünen mit der Opposition, gilt das als Ende der Koalition. Laut „Standard“ wollen die Grünen die Korruptionsermittlungen nutzen, um ein Transparenzpaket etwa für Reformen im Korruptionsstrafrecht und mehr Kontrollrechte für den Rechnungshof durchzusetzen. Dazu sollen dem Bericht zufolge Gespräche laufen. Konkrete Verhandlungen werden aber dementiert, so der „Standard“.

Einige Aspekte zu diesem Transparenzpaket sind im Regierungsprogramm verankert, getan hat sich dazu aber bisher wenig. Entscheidend dabei dürfte die Frage sein, wie offiziell unabhängige Vereine mit Nähe zu Parteien erfasst werden können, wie etwa das von Sobotka gegründete Alois-Mock-Institut. Einen ersten sichtbaren Schritt gab es am Montag von der ÖVP mit dem Vorstoß, einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt einzurichten. Dementsprechend meinte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), dass die ÖVP damit dem Druck der Grünen „endlich“ nachgebe.

Kogler: „Nehme darauf keinen Einfluss“

In der ZIB2 verwies Kogler noch einmal darauf, wie wichtig Transparenz, Korruptionsbekämpfung und eine unabhängige Justiz seien. Er wisse aber selbst nicht, wie seine Partei bei der Sondersitzung stimmen werde: „Ich nehme darauf keinen Einfluss und beteilige mich nicht an den Beratungen.“ Er gebe aber zu bedenken, dass eine Hausdurchsuchung keine Anklage sei, meinte er auf die Frage, ob Blümel zurücktreten solle. Sollte es zu einer Anklage kommen, wäre das etwas anderes, so Kogler: „Aber das ist ein weiter Weg dorthin.“

Vizekanzler Kogler über Arbeit und Klima in der Regierung

Vizekanzler und Interimsjustizminister Werner Kogler (Grüne) zu den Ermittlungen der WKStA gegen Finanzminister Blümel und die für Dienstag geplante Sondersitzung im Nationalrat.

Ob Blümels Amtsfähigkeit beeinträchtigt sei, müsse Blümel selbst beantworten. Es sei jedenfalls ein Fortschritt, dass der Finanzminister nun „Entflechtungen“ im Bereich Glücksspiel anstrebe, so Kogler. Die WKStA genieße jedenfalls sein Vertrauen. Kurz hatte zuvor Kritik geübt und „dringenden Änderungsbedarf“ bei der WKStA gesehen.

„Ibiza“-U-Ausschuss offenbar früher informiert

Nach Recherchen der ZIB2, übermittelte die Oberstaatsanwaltschaft dem „Ibiza“-U-Ausschuss die Akten, in denen Blümels Beschuldigtenstatus aufschien, offenbar bereits am 29. Jänner. Kogler erfuhr erst via Twitter Dienstag vergangener Woche davon, teilt er gegenüber der ZIB2 mit. Es sei richtig, dass die Akten bereits früher übermittelt worden seien. Früher habe es Kritik gegeben, nun übermittle die Justiz dem U-Ausschuss die Unterlagen immer so rasch wie möglich.

Wie überraschend war die Hausdurchsuchung?

Wer wusste wann was von den Ermittlungen gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)?

Kogler fand auch nichts daran auszusetzen, dass Blümel mehrere Wochen nicht von der Justiz informiert wurde. Das sei nach dem Leak nachgeholt worden. „Ein solcher Umstand“ sei ihm nicht bekannt, antwortete Kogler auf die Frage, ob die WKStA auch gegen Kurz ermittle.

Dementi von Kurz und Blümel

Blümel dementierte Ende vergangener Woche mehrfach die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, wonach sich die Novomatic gegen Spenden an die ÖVP eine Gefälligkeit erkauft habe. In einer eidesstattlichen Erklärung betonte er, dass von der Novomatic in seiner Zeit weder Spendengelder an die ÖVP Wien noch an ÖVP-nahe Vereine geflossen seien. „Ich will und muss Verleumdungen entgegentreten“, sagte Blümel.

Am Montag nahm auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erstmals Stellung zu den Vorwürfen. Diese seien „falsch“. Es habe keine Spenden an die Bundes- und Wiener Landes-ÖVP gegeben. Zudem habe es eine Verwechslung gegeben. Er sei Sebastian und nicht Martina Kurz (Anm. Schwiegertochter von Novomatic-Eigentümer Johann Graf, Aufsichtsrätin). Schon am Wochenende war die ÖVP in die Offensive gegangen und hatte Klagen in 13 Fällen wegen Beleidigung und übler Nachrede angekündigt.

Hofer sieht Van der Bellen gefordert

Für Hafenecker ist es unverständlich, dass nach wie vor nur SMS-Nachrichten und andere Chats von Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann öffentlich würden, keine jedoch von Blümel oder Kurz. Es sei nun daher höchste Zeit, dass auch Kalendereinträge aus dem Kanzleramt dem „Ibiza“-U-Ausschuss übermittelt werden.

FPÖ-Obmann Norbert Hofer sieht nun Bundespräsident Alexander Van der Bellen gefordert. Dieser müsse das Kabinett Kurz abberufen und durch eine Expertenregierung ersetzen. „Tiefste Verstrickungen des ÖVP-Kanzlers mit dem Geschäftsführer des Glücksspielkonzerns Novomatic“ ortet auch FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

Novomatic hat Besuch von Steuerprüfern

Unterdessen findet bei Novomatic in Niederösterreich und seinen rund 20 österreichischen Tochterunternehmen derzeit eine Steuerprüfung im Auftrag der WKStA statt. Das berichtete der „Standard“ am Dienstag. Ein Novomatic-Sprecher bestätigte die steuerliche Betriebsprüfung gegenüber der Zeitung. Es sei „völlig üblich, dass Konzerne regelmäßig und durchgängig geprüft werden, so auch Novomatic“.

Ein Anlass der Prüfung sind laut „Standard“ die Schenkungen von Novomatic-Gründer Graf. Zwischen April 2009 und März 2020 hat er früheren Medienberichten zufolge der Finanz 157 Schenkungsverträge gemeldet, bedacht hat er Verwandte, Freunde und Ex-Mitarbeiter. Die WKStA ermittelt gegen 21 Personen und einen Verband wegen Verdachts auf Abgabenhinterziehung, wie im August des Vorjahres bekanntwurde. Sie alle weisen die Vorwürfe zurück.

Laut Gutachten des Wirtschaftsprüfers KPMG, das Graf vorlegte, stammt das Geld aus versteuerten Gewinnausschüttungen, die von 2009 bis 2019 rund 271 Mio. Euro betrugen und von denen er nach Steuern rund zwei Drittel verschenkt habe, das wären also rund 130 Mio. Euro. Abseits dessen sollen sich die Steuerprüfer unter anderem für von der Novomatic beantragte Forschungsprämien interessieren, berichtete der „Standard“. Mit der Prämie können Unternehmen 14 Prozent ihrer jährlichen Forschungs- und Entwicklungskosten geltend machen, der Staat möchte so die Forschungsaktivitäten ankurbeln.