Auskunftsperson Axel Melchior beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Spenden

ÖVP-Generalsekretär mit Listen konfrontiert

ÖVP-Generalsekretär Alexander „Axel“ Melchior hat am Mittwoch im „Ibiza“-U-Ausschuss Vorwürfe zurückgewiesen, wonach die ÖVP käuflich sei. Er bestritt, jemals Gegenleistungen für Spenden geboten zu haben. Dass er im Wahlkampf 2017 für Spenden zuständig gewesen sei, stimme zwar, aber er habe dazu nie jemanden „animieren“ müssen. Die Fragen drehten sich insbesondere um Listen und weitere Papiere.

Vor Melchior befragten die Mandatare und Mandatarinnen im U-Ausschuss Stefan Steiner. Der frühere ÖVP-Generalsekretär und nunmehrige Berater von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war eigenen Angaben zufolge für die Strategie des Wahlkampfes im Jahr 2017 zuständig. Vorwürfe, wonach die ÖVP Gesetze im Sinne ihrer Spender und Spenderinnen umgesetzt habe, wies Steiner vehement zurück. Auf Fragen nach den Finanzen verwies der Berater mehrmals auf „Axel Melchior“ – dieser wüsste mehr darüber.

„Unsere Politik war und wird nie käuflich sein“, stellte dieser etwas später im U-Ausschuss klar. Er sei im Wahlkampf 2017 für die Kampagne zuständig gewesen, aber auch für die Spenden. „Ich kann absolut ausschließen, dass es je Gegenleistungen für Spenden gegeben hat“, sagte Melchior auf Nachfrage von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl. Die Echtheit von Dokumenten, die dem Ausschuss vorliegen und vor einiger Zeit medial unter „Projekt Ballhausplatz“ bekanntwurden, konnte er – wie Steiner zuvor – nicht bestätigen.

Es werde im Rahmen des Wahlkampfes 2017 sicher Papiere gegeben haben, so Melchior, aber zu den vorgelegten Dokumenten habe er keine Wahrnehmungen. FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst fragte, ob es „ein Strategiepapier mit dem Thema Übernahme der Obmannschaft durch Sebastian Kurz“ gebe. Melchior verneinte. Kurz vor der Wahl 2017 wurden Dokumente publik, in denen Medienberichten zufolge minutiös geplant wurde, wie Kurz Kanzler werden soll. Darin wird auch thematisiert, wie man Spenden für den Wahlkampf lukriert.

„Acht bis zehn Prozent“

Laut Melchior waren Spenden für die ÖVP „nie ein Finanzierungstool, auch nicht für Wahlkämpfe“. Abgeschaut habe man sich Spenden als „Kampagne“ von anderen Parteien und etwa von Alexander Van der Bellen im Zuge der Bundespräsidentschaftswahl. Am gesamten Budget der ÖVP würde die Höhe der Spenden maximal „acht bis zehn Prozent“ ausmachen. Der Großteil komme aus der Parteienförderung und aus den Mitgliedsbeiträgen. ÖVP-Mandatar Klaus Fürlinger fragte, ob er Wahrnehmungen dazu habe, ob je Spenden am Rechnungshof vorbei an die Partei geflossen sind. Der ÖVP-Generalsekretär antwortete: „Nein.“

Auskunftsperson Axel Melchior beim Ibiza Untersuchungsausschuss
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Melchior kam mit seiner Vertrauensperson, Anwalt und VfGH-Ersatzmitglied Werner Suppan

Wie Steiner zuvor verwies Melchior auf das Formular, das Spender und Spenderinnen ausfüllen mussten. Darin wurde unter anderem erklärt, dass Spenden ab einer bestimmten Höhe dem Rechnungshof gemeldet werden müssen. Dass Milliardärin Heidi Goëss-Horten ihre Spenden an die ÖVP gestückelt hat und diese somit nicht sofort dem Rechnungshof gemeldet werden mussten, sei ihre Entscheidung gewesen, so die Auskunftsperson, die auch darauf verweist, dass die Spende schließlich im Rechenschaftsbericht zu sehen ist – allerdings immer erst später.

Angesprochen auf eine Nachricht des damaligen Kabinettschefs und Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid (ÖVP), wonach ein Reinigungsunternehmen spenden will, aber nicht öffentlich aufscheinen will, sagte der ÖVP-Abgeordnete, dass es ja zeige, dass man korrekt handelte. Melchior antwortete auf die SMS von Schmid: „Nein“ und „Aber Danke, Danke – weißt eh… wir sind total transparent.“ Angefügt war noch ein lachendes Emoji.

Keine Wahrnehmung zu Novomatic-Spendenangebot

In die Postenbesetzung in staatsnahen Betrieben unter der ÖVP-FPÖ-Regierung sei er nicht involviert gewesen. Dass der ehemalige FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo Finanzvorstand in der Casinos Austria AG wird, habe er aus den Medien erfahren. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht dem Verdacht nach, ob es im Zuge der Sidlo-Bestellung eine Gegenleistung für die Novomatic gegeben habe. Alle Beteiligten weisen den Vorwurf zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer wollte wissen, wann Melchior vom „Spendenangebot der Novomatic“ an die ÖVP erfahren habe. Die Auskunftsperson wies die Frage als unterstellend zurück. Er habe keine Wahrnehmung zu einem Spendenangebot, sagte er. „Ganz Österreich weiß, dass die Novomatic der ÖVP eine Spende angeboten hat“, sagte Krainer mit Blick auf die jüngst bekanntgewordenen Chats von Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann.

Aktenstapel beim Ibiza Untersuchungsausschuss
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Nicht nur die Befragungen im U-Ausschuss sind umfangreich, sondern auch die Aktenordner

Dieser hatte in einer SMS an den damaligen Wiener Stadtrat Gernot Blümel (ÖVP) von einer „Spende“ geschrieben. Mehrmals betonte die ÖVP daraufhin, dass es unter Kurz keine Spende von einem Glücksspielkonzern an die ÖVP gegeben habe.

Er habe auch niemanden „animieren“ müssen zu spenden, sagte die Auskunftsperson. Im Vorfeld der Spenden sei er aber – ohne von Spenden zu wissen – schon mal bei Großspendern gewesen, sagte Melchior, der eigenen Aussagen zufolge kein „Key Account Manager“ der ÖVP war. Als solcher kümmert man sich grundsätzlich um die Belange und Interessen von einigen Schlüsselkunden. Melchior treffe sich eigenen Angaben zufolge grundsätzlich mit Menschen.

Fragen nach Listen

Nach weiteren Fragen von Krainer über den ÖVP-Wahlkampf 2017 meldete sich Fürlinger zu Wort: „Meine Redundanz nervt mich schon selbst, aber: Der Wahlkampf im Jahr 2017 und die Parteifinanzen sind nicht Teil des Untersuchungsgegenstandes.“ Verfahrensrichter Pöschl stimmte ihm zu. Doch weder Krainer noch NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter waren dieser Meinung. Denn, so die Argumentation: Die Finanzen der ÖVP seien im Jahr 2017 nicht rosig gewesen, Spenden deshalb äußerst nützlich, und hinter diesen Spenden stünden Wünsche.

Die ÖVP argumentierte freilich dagegen – auch Pöschl zeigte sich skeptisch ob der Fragestellung. „Stellen Sie mir den Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand her, Herr Krainer“, sagte er. Von den Finanzen kam er dann etwas ab, legte aber den Fokus weiter auf die Spenden. Ganz klar sagte Melchior, dass es Listen gab, auf denen Spenderinnen und Spenden aufgeführt waren. Eine klare Antwort auf die Frage, ob es auch Listen potenzieller Spender und Spenderinnen gab, die man ansprechen wollte, blieb er schuldig.

Er beriet sich öfters mit seiner Vertrauensperson und sagte schließlich: „Ich kann mich an solche Wahrnehmungen nicht erinnern.“ Er könne sich auch an andere Listen nicht erinnern. Am Ende zog sich die Befragung in die Länge. Die ÖVP legte ihrem Generalsekretär Dokumente vor, die er sich gemeinsam mit Vertrauensperson Suppan durchlas. Die anschließende Frage seiner Fraktion beantwortete die Auskunftsperson ausführlich.