Auskunftsperson Gabriela Spiegelfeld bei ihrer Ankunft beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
ÖVP-Netzwerkerin

„Nicht mit Klingelbeutel herumgelaufen“

Am Donnerstag sind im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss großteils Veranstaltungen rund um den ÖVP-Wahlkampf 2017 im Fokus gestanden. Geladen war die PR-Beraterin Gabriela Spiegelfeld, die Parteichef Sebastian Kurz unterstützt hat. Die Opposition vermutet, dass sie als „Spendenkeilerin“ tätig war. Dem widersprach Spiegelfeld vehement: „Ich bin nicht mit dem Klingelbeutel herumgelaufen.“

Seit 20 Jahren sei sie in der PR-Branche und in der Kommunikation tätig. Mit der Politik sei sie erst vor wenigen Jahren in Kontakt gekommen, sagte Spiegelfeld. Zuerst habe sie mit ihrem Netzwerk Irmgard Griss bei der Wahl zur Bundespräsidentschaft 2016 unterstützt, ein Jahr später die „Bewegung Kurz“. Der spätere Kanzler sei direkt an sie herangetreten, nicht die ÖVP, wie sie auf Nachfrage des FPÖ-Abgeordneten Christian Hafenecker sagte.

Am Mittwoch hatten Kurz-Berater Stefan Steiner und ÖVP-Generalsekretär Alexander Melchior gesagt, dass man sich für die eigene Kampagne viel vom Wahlkampf von Griss und Alexander Van der Bellen abgeschaut habe. Spiegelfeld kennt Melchior und wusste, dass er rund um den ÖVP-Wahlkampf bzw. generell für Finanzielles zuständig war.

Spenden „nebensächlich“

Immer dann, wenn mögliche Unterstützer und Unterstützerinnen signalisierten, dass sie gerne an die ÖVP spenden würden, habe sie auf Melchior und das Formular verwiesen, wonach es für Spenden keine Gegenleistung gebe. Sie habe sich im Rahmen des Wahlkampfs lediglich um die Organisation von Veranstaltungen mit Fachleuten gekümmert – und dabei seien Spenden nie im Vordergrund gestanden, das sei „nebensächlich“ gewesen, so Spiegelfeld.

Auskunftsperson Gabriela Spiegelfeld bei ihrer Ankunft beim Ibiza Untersuchungsausschuss
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PR-Beraterin Spiegelfeld sagte am Donnerstag, sie sei nicht für Spenden zuständig gewesen

Sie selbst habe die Gäste vorgeschlagen, und das sei dann mit dem Büro von Kurz abgesprochen worden. Auch für andere ÖVP-Politiker und -Politikerinnen habe sie Expertenrunden organisiert. Spiegelfeld sagte aber mehrmals, dass es sich um „themenspezifische Veranstaltungen“ gehandelt habe. So sei es zum Beispiel um den „Standort Österreich“ und um „Nachhaltigkeit“ gegangen. Themen kamen laut der Auskunftsperson auch von der Wirtschaft. Ein „Frühstück“ im Sacher habe der Sacher-Chef gezahlt, sonst habe sie keine Wahrnehmung, wer diese Expertenrunden gezahlt hatte.

Spiegelfeld: Habe selbst nie gespendet

Selbst habe sie nie gespendet, wusste aber offenbar, wie es abläuft – schließlich war ihr das ÖVP-Formular für Spendenwillige bekannt. Steiner und Melchior hatten bereits in ihren Befragungen erwähnt, sich durch das Formular, das auf die gesetzlichen Bedingungen von Spenden und Sponsoring hinweist, abzusichern.

„Das war ja einer der wichtigsten Teile. Es gibt für eine Spendenleistung keine Unterstützung, ich wusste, dass es das Formular gibt“, sagte Spiegelfeld. Über das Formular habe sie etwa mit dem Industriellen und Großspender Klaus Ortner gesprochen. Aber generell sei sie „nicht mit einem Klingelbeutel oder einer türkisen Schuhschachtel herumgelaufen und hab gesagt: Legt etwas hinein!“

Nina Tomaselli (Die Grünen)
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Die grüne Mandatarin Nina Tomaselli wollte mehr über den Aufsichtsratsposten von Spiegelfelds Mann wissen

Sie habe auch nie „Vieraugengespräche“ organisiert, sondern lediglich größere Runden, an denen zum Beispiel auch der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann teilgenommen habe. Spiegelfeld konnte auch nicht ausschließen, ob Wirecard-Chef Markus Braun einmal bei einer Runde anwesend war. Das „Projekt Ballhausplatz“, also jener Plan, mit dem Kurz’ Kanzlerwerdung minutiös vorbereitet wurde, kenne sie nur aus den Medien. Ob das Papier, das kurz vor der Wahl 2017 publik wurde, früher vielleicht auch „Projekt BPO“ (Bundesparteiobmann, Anm.) geheißen hatte, konnte sie nicht angeben.

Zu etwaigen Listen mit Spendern bzw. potenziellen Spendern, die im Zuge des „Projekts Ballhausplatz“ erstellt worden seien, entschlug sich Spiegelfeld der Antwort. Auf Basis einer anonymen Anzeige habe es ein Verfahren dazu gegeben, das bereits eingestellt wurde. Das könne aber jederzeit wieder aufgenommen werden, weswegen sie sich nicht selbst belasten müsse. Auf der Liste sind zahlreiche Namen und mögliche Firma dieser Person verzeichnet. Weiters werden zwei weitere Spalten angeführt: „€“ und „Top“. Die Opposition und Grüne nehmen an, dass mit „€“ eine Spende gemeint ist und mit „Top“ Testimonial, also eine Art Fürsprecher für die türkisfarbene ÖVP.

Urlaub in Mallorca

Auch innerhalb der ÖVP ist Spiegelfeld gut vernetzt. Neben Melchior kennt sie den jetzigen ÖBAG-Alleinvorstand und Ex-Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, seit mehreren Jahren – es bestehe eine Freundschaft, so Spiegelfeld. Mit seiner Bestellung zum Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) habe sie nichts zu tun.

Spiegelfeld wusste allerdings, dass sich Schmid für den Posten interessierte. Sie gab an, auch Melanie L. zu kennen, die jetzt auch in der ÖBAG beschäftigt ist und zuvor mit Schmid im Finanzressort war. Beide hatten sich Medienberichten zufolge über die Ausschreibung der ÖBAG-Stelle unterhalten. L. hätte am Mittwoch befragt werden sollen, allerdings war die Zeit schon zu weit fortgeschritten.

Christian Hafenecker (FPÖ)
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Für die FPÖ stellte diesmal Christian Hafenecker die Fragen

Schmid sei 2018 und 2019 bei ihr in Mallorca gewesen, so Spiegelfeld. Er habe die Kosten für Anreise und Aufenthalt selbst getragen, sagte die Auskunftsperson. Das sei Schmid wichtig gewesen. Auf nähere Nachfragen von SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer, ob die Bezahlung dokumentiert sei und ob bar oder elektronisch gezahlt wurde, sagte Spiegelfeld: „Es ist dokumentiert, zumindest für 2019.“

Damals war Schmid bereits ÖBAG-Vorstand und soll sich laut der Auskunftsperson mit seiner Compliance-Abteilung beraten haben. Sie habe eine Rechnung gestellt. Ob er nun bar oder elektronisch (also nachverfolgbar) bezahlt habe, könne sie nicht mehr sagen. Auch Schmids Mitarbeiterin L. sei einmal bei ihr in Mallorca gewesen, sagte Spiegelfeld. Mit Kurz, der 2018 auf Mallorca urlaubte, habe sie sich aber nicht getroffen, private Treffen in Wien habe es aber gegeben.

Sie habe aber auch Abendessen mit Karoline Edtstadler (ÖVP), dem damaligen Wahlkampfleiter von Van der Bellen, Lothar Lockl, und Christian Kern (SPÖ) gegeben – alles im privaten Bereich, wie sie betonte. Verfahrensrichter Ronald Rohrer sagte zuvor, dass es sich nicht um „private Treffen“ handle, wenn Amtsträger dabei sind. Spiegelfeld will bei diesen Abendessen aber nie über Gesetze oder Gesetzesvorhaben gesprochen haben.

Kai Jan Krainer (SPÖ)
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Den Vorsitz führte zunächst Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), danach übernahm sein Parteikollege Andreas Hanger

Ehemann im Aufsichtsrat der Bundesforste

Dass Spiegelfelds Mann im März 2018 auf Vorschlag des Finanzministeriums unter ÖVP-Minister Hartwig Löger in den Aufsichtsrat der Österreichischen Bundesforste gewählt wurde, habe nichts mit der Freundschaft zu Schmid zu tun, dem nachgesagt wird, die Fäden im Ressort gezogen zu haben. Ihr Mann sei qualifiziert für den Posten. Er habe mit Immobilien zu tun, und „Bäume sind Immobilien“, sagte Spiegelfeld. Schmid sei an ihren Mann herangetreten, weil er wollte, „dass er das macht“.

Die Auskunftsperson habe Melchior und Kurz über die Bestellung ihres Mannes informiert, „weil ich nicht wollte, dass sie es aus den Medien erfahren“. Spiegelfeld wickelt übrigens auch Projekte mit dem Finanzministerium ab, wie der damalige Generalsekretär Schmid in seiner Befragung sagte. Die PR-Beraterin erwähnte, dass sie seit 2019 einen Beratervertrag mit der ÖBAG hat. Es gab eine Ausschreibung, und sie habe sich mit ihrer Gesellschaft durchgesetzt.

„Jetzt ist Krieg, jetzt wird er zerstört“

Zum Ende der Befragung gab es noch einen Aufreger, nämlich als NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter schilderte, dass eine ihm nahestehende Person von Spiegelfeld einen Anruf erhalten habe – offenbar nach der Befragung von ÖBAG-Chef Schmid im U-Ausschuss, die im Juni des Vorjahres stattfand. „Jetzt ist Krieg, jetzt wird er zerstört“, soll Spiegelfeld dieser Person gesagt haben.

Brandstätter betonte, nicht daran zu glauben, dass sich die Auskunftsperson das ausgedacht habe, weshalb er wissen wollte, wer ihr aufgetragen habe, ihm das auszurichten. Spiegelfeld musste darauf keine Antwort geben – der Hintergrund blieb offen. Brandstätter und Spiegelfeld kennen einander lange, der NEOS-Mandatar gab im Zuge der Spiegelfeld-Befragung auch an, dass er mit seiner Familie bei ihr in Mallorca auf Besuch war.

Blümel-Mitarbeiter stand Rede und Antwort

Nach Spiegelfeld wurde Daniel V., ein Kabinettsmitarbeiter von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), befragt. Der Experte für Finanz- und steuerrechtliche Fragen war unter anderem für die Koordination gesetzlicher Vorhaben in der ÖVP-FPÖ-Regierung verantwortlich. In dieser Funktion gingen etwa die Glücksspielnovelle, die wegen fehlender Spiegelung in der Koalition nach wenigen Tagen zurückgezogen worden war, oder auch die Neuorganisation der Finanzmarktaufsicht über seinen Tisch.

In diesem Zusammenhang habe er auch ein „Strategiepapier“ zur Bankenaufsicht vom damaligen Erste-Group-Chef Andreas Treichl ans Finanzministerium geschickt, so V. Er habe seine Rolle jedenfalls darin gesehen, die gesetzlichen Vorlagen mit seinem wissenschaftlichen Hintergrund und Wissen zu hinterfragen. Darunter auch den Entwurf zur Umgestaltung der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖIAG zur ÖBAG. Diesen habe er genau so begutachtet, „wie alle anderen“, so V. Von Absprachen zu Posten wisse er nichts.

„Frühstückscafes im Finanzministerium“?

Gefragt wurden V. zu Gesetzesnovellen im Privatstiftungsgesetz unter ÖVP-FPÖ (damals hegten auch einige Unternehmer Bestrebungen nach Änderungen). Solche habe es aber letztlich nicht gegeben, so V., lediglich Diskussionen darüber. Entwürfe habe er aber nicht zu Gesicht bekommen, gab V. an. Und worum es bei den diskutierten Änderungen gegangen ist, konnte er nicht genau angeben. Zum Privatstiftungsrecht habe es im Ministerium Runden gegeben, so V., es sei zwischen Finanzministerium und Kanzleramt diskutiert worden, das Justizministerium sei nicht eingebunden gewesen.

„Ich war ein Teilnehmer, der dabei war“

Die Grünen brachten vor, dass es im Justizministerium festgehalten worden sei, dass es bei diesen Anlässen („Frühstückscafes im Finanzministerium“) Absprachen etwa mit Unternehmern gegeben habe. Von den Absprachen wusste V. nichts zu berichten – anwesend sei er jedenfalls gewesen („Ich war ein Teilnehmer, der dabei war“). Ob der das Gefühl hatte, dass die Unternehmer Interesse an Änderungen hatten und Einfluss ausüben wollten? Mit ihm habe niemand gesprochen, so V. dazu.