„Ibiza“: „Türkise Netzwerkerin“ zu Treffen mit Kurz befragt

Wie bereits tags zuvor stehen im „Ibiza“-U-Ausschuss auch heute Spenden an die ÖVP und das „Projekt Ballhausplatz“ im Fokus. Als erste Auskunftsperson wird derzeit die Unternehmerin Gabriela Spiegelfeld befragt – sie hat im Wahlkampf 2017 Veranstaltungen mit potenziellen Unterstützern für den damaligen ÖVP-Chef und späteren Kanzler Sebastian Kurz organisiert, was ihr den Beinamen „türkise Netzwerkerin“ einbrachte.

Kurz an Spiegelfeld herangetreten

Sie betonte, bei der Bundespräsidentenwahl 2016 die damalige Kandidatin Irmgard Griss unterstützt zu haben – im Zuge dessen sei sie mit Politik in Berührung gekommen. Danach habe Kurz sie eingeladen, ihn zu unterstützen. Auf Fragen der FPÖ gab Spiegelfeld an, dass Kurz persönlich an sie herangetreten sei. Er habe sie gefragt, ob sie themenbezogene Gesprächsrunden für ihn organisieren würde.

Auskunftsperson Gabriela Spiegelfeld
ORF.at/Lukas Krummholz
Spiegelfeld (r.) bei der Ankunft vor dem U-Ausschuss-Lokal

„Spenden war völlig nebensächlich“

In die konkrete Abwicklung von Spenden sei die nie involviert gewesen, so Spiegelfeld. Die Unterstützung Kurz’ ihrerseits sei als Privatperson erfolgt – etwa im Zuge der Organisation von „Expertenrunden“, die es teils heute noch gebe. „Das Spenden war völlig nebensächlich“, gab sie auf Fragen von Verfahrensrichter Ronald Rohrer an. Gegenleistungen für Spenden seien auszuschließen, sie verwies auf ein entsprechendes Formular, das jeder Spender unterfertigen habe müssen.

„Bin nicht mit türkiser Schuhschachtel herumgelaufen“

Die medial bekannten „Frühstückstreffen“ habe sie zum Teil organisiert („Nur große Runden veranstaltet“). Sie hätten aber mit Spenden nichts zu tun gehabt, gab Spiegelfeld ab. Spendenwillige habe sie an die richtige Stelle verwiesen – an ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior. „Das Wichtigste im Umkreis von Kurz war, dass alles korrekt abläuft“, doch sei sie jedenfalls „nicht mit einem Klingelbeutel oder einer türkisen Schuhschachtel herumgelaufen und hab gesagt, legt etwas hinein“.

Das „Projekt Ballhausplatz“ habe sie zu keiner Zeit wahrgenommen, so Spiegelfeld. Und Postenbesetzungen? Kompetente Frauen habe sie vorgeschlagen, so Spiegelfeld – etwa für die ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG). Zur Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef konnte sie nichts sagen – nur so viel: Sie sei mit ihm befreundet. Später machten die Grünen den Posten von Spiegelfelds Mann im Aufsichtsrat der staatlichen Bundesforste zum Thema. Der Posten habe nichts mit der Freundschaft zu Schmid zu tun gehabt, „mein Mann war prädestiniert dafür“, so Spiegelfeld.

Listen wieder Thema

Wie bereits am Vortag wurden die Auskunftsperson mit Listen zum „Projekt Ballhausplatz“ konfrontiert – die Echtheit wollten Kurz-Berater Stefan Steiner und ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior gestern nicht bestätigen. Konkret handelt es sich um eine mehrseitige Personenliste mit den Kategorien „Euro“ (mutmaßlich für Spenden) und „Top“ (mutmaßlich für Positionen). Spiegelfeld sagte nach der Durchsicht, dass sie mehrere Personen darauf zu „Expertenrunden“ (also zum „Frühstück“) eingeladen habe.

Spiegelfeld: Kein Besuch von Kurz in Mallorca

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer nannte sie vor Beginn der Befragung eine „Oberspendenkeilerin“ für das „Projekt Ballhausplatz“, gleich eingangs wollte er wissen, ob sie Kurz in Mallorca getroffen habe. Hintergrund: In einem Medienbericht war zuletzt von einer Gratiseinladung im dortigen Haus Spiegelfelds die Rede gewesen. Weder sei er bei ihr auf einen Kaffee gewesen noch habe er im Haus übernachtet, sagte Spiegelfeld heute sinngemäß – der Bericht sei eine Unterstellung.

Eingeladen habe sie den späteren Kanzler Kurz in privatem Rahmen – zwei- bis dreimal, und immer in Wien. Wann genau das war, wisse sie nicht mehr, so Spiegelfeld. Und Schmid? Mit ihm – man sei ja befreundet – habe es auch private Abendessen gegeben. Auch in Mallorca sei er zu Gast gewesen, bezahlt habe er aber alles (Flug und Aufenthalt) selbst („Es war ihm sehr wichtig, dass er für seine Kosten selbst aufkommt“).

ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl (ÖVP) sagte vor Beginn der Befragungen, dass bei den Befragungen von Steiner und Melchior gestern klar geworden sei, dass mit Spenden an die ÖVP keine Gegenleistungen verknüpft waren. Spiegelfeld habe sich für Kurz eingesetzt, weil es ihr wichtig gewesen sei, dass sich die Politik ändert.

Auch Kurz-Büroleiterin geladen

Nach Spiegelfeld wird ein Kabinettsmitarbeiter von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Von dem Experten für Stiftungsrecht erwarten sich die Mandatare Aufschluss über mutmaßliche Absprachen mit möglichen Spendern in diesem Bereich.

Als letzte Auskunftsperson ist – nach Steiner und Melchior gestern – eine weitere enge Mitarbeiterin von Kanzler Kurz, seine Büroleiterin, geladen.

ÖVP-Generalsekretär mit Listen konfrontiert

Melchior wies gestern Vorwürfe zurück, wonach die ÖVP käuflich sei. Er bestritt, jemals Gegenleistungen für Spenden geboten zu haben. Dass er im Wahlkampf 2017 für Spenden zuständig gewesen sei, stimme zwar, aber er habe dazu nie jemanden „animieren“ müssen. Die Fragen drehten sich insbesondere um Listen und weitere Papiere.

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