Imfstoff von AstraZeneca
Reuters/Remo Casilli
AstraZeneca

Impfgremium hält vorläufig an Vakzin fest

Österreich wird weiter mit dem Vakzin von AstraZeneca impfen. Eine entsprechende vorläufige Empfehlung sprach am Montagabend das Nationale Impfgremium aus. Allerdings wurde auch klargestellt, dass noch Daten fehlten. Daher könne man keine „abschließende Empfehlung“ abgeben, hieß es in einer Aussendung des Gremiums, das nach dem Impfstopp mehrerer EU-Staaten getagt hatte.

Die bis jetzt eingelangten Meldungen vermuteter Nebenwirkungen diverser europäischer Länder seien derzeit noch inkomplett und schwer vergleichbar, sodass sich keine zusammenfassende Aussage oder eindeutigen Schlüsse tätigen ließen, schrieb das Gremium. Am Dienstag würden jedoch neue Daten der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) vorgelegt, die als Entscheidungsgrundlage für das weitere Prozedere dienen sollten. Das Impfgremium wird danach auch wieder debattieren.

Stand Montagabend sah die Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek, keinen Grund, die anstehenden Impfungen abzusagen. Für sie hat der Impfstoff ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis. Freilich schränkte die Spitzenbeamtin in der ZIB2 ein, dass man im Nationalen Impfgremium nur die österreichischen Daten zur Verfügung habe. Die EMA sammle und evaluiere alle europäischen Daten. Daher sei es „wirklich notwendig“, auf diese Informationen zu warten.

Impfexpertin zur Entscheidung des Nationalen Impfgremiums

Die Sitzung des Nationalen Impfgremiums ist vor Kurzem zu Ende gegangen. Auch dieses Gremium empfiehlt wie der Gesundheitsminister, auf die Entscheidung der EMA zu warten. Dazu im Studio: Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium.

EMA-Sondersitzung am Donnerstag

Die EMA hatte zuvor angekündigt, im Zuge einer Sondersitzung am Donnerstag die vorliegenden Informationen über den AstraZeneca-Impfstoff zu bewerten. Das Sicherheitskomitee untersuche gegenwärtig weiter das Auftreten von Thrombosen bei einer sehr kleinen Zahl von Personen, teilte die EMA mit. Zurzeit sei man weiter der Überzeugung, dass die Vorteile von AstraZeneca bei der Verhinderung einer CoV-Infektion mit der Gefahr eines tödlichen Verlaufs größer seien als das Risiko durch Nebenwirkungen.

Am Dienstag will die EMA überdies einen Bericht zur Sicherheit des Mittels des britisch-schwedischen Herstellers veröffentlichen, der laut Marco Cavaleri, Chef der EMA-Abteilung für Impfstrategien, vor allem auf Informationen aus Großbritannien, wo der Impfstoff seit Dezember verabreicht wurde, basiert. „Wir nehmen natürlich alle Daten unter die Lupe, insbesondere die tödlichen Fälle, die gemeldet wurden.“ Das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs werde aber weiterhin positiv bewertet.

Anschober will „gesamteuropäisches Vorgehen“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprach sich zuvor für ein „gesamteuropäisches Vorgehen“ aus. Anschober forderte eine „raschestmögliche, klare Stellungnahme von den europäischen Behörden für ein gemeinsames gesamteuropäisches Vorgehen“. Es brauche jetzt eine klare Entscheidung und Empfehlung der EMA für die Mitgliedsstaaten. „Wir haben uns bei den Impfungen auf ein gemeinsames europäisches Vorgehen geeinigt. Nationale Einzelgänge sind in diesem Zusammenhang weder effektiv noch vertrauensbildend“, so der Minister.

„Wenn derart weitreichende Entscheidungen getroffen werden, müssen diese durch fundierte Daten und Fakten eindeutig belegt sein und am besten durch die dafür zuständige EMA empfohlen werden", sagte Anschober zudem. Derzeit gebe es keinen Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von AstraZeneca und den aktuell diskutierten gesundheitlichen Ereignissen, „die auch bei ungeimpften Personen auftreten können“.

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer forderte unterdessen erneut den „sofortigen Stopp“ der AstraZeneca-Impfungen. Nach den „immer häufiger auftretenden Komplikationen“ müsse Österreich nachziehen.

Weitere EU-Staaten setzen Impfungen aus

Zuvor hatten weitere europäische Staaten – darunter Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und Slowenien – vorübergehend Impfungen mit dem AstraZeneca-Vakzin ausgesetzt. Deutschland argumentierte den vorläufigen Impfstopp mit dem Mittel, dass nach neuen Meldungen über Thrombosen der Hirnvenen im Zusammenhang mit der Impfung weitere Untersuchungen notwendig seien.

Frankreich wolle bis zur Einschätzung der EMA den Impfstoff erst einmal nicht mehr einsetzen, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Es handle sich um eine „Vorsichtsmaßnahme“. Auch Italien sprach von „einer Vorsichtsmaßnahme, die gelten soll, bis sich die EMA über die Sicherheit des Impfstoffes aussprechen wird“. Der Beschluss wurde am Montag von der italienischen Arzneibehörde AIFA in Rom gefasst.

Tschechien und Polen impfen weiterhin mit AstraZeneca

Auch Spanien, Portugal und Slowenien entschieden sich für ein Aussetzen. Der Impfstoff werde bis zur endgültigen Entscheidung der EMA vorläufig nicht mehr eingesetzt, sagte der slowenische Gesundheitsminister Janez Poklukar. Spanien will seine Impfkampagne mit den Dosen von AstraZeneca „für mindestens zwei Wochen“ unterbrechen, sagte Gesundheitsministerin Carolina Darias. Nach Berichten über Komplikationen durch Blutgerinnsel nach der Impfung hatten zuvor die Niederlande, Irland, Dänemark, Norwegen und Island den Einsatz vorübergehend ausgesetzt. Italien und Österreich stoppten die Verwendung von bestimmten Chargen.

Tschechien und Polen setzen die Verabreichung des CoV-Impfstoffs von AstraZeneca hingegen vorerst nicht aus. „Der positive Nutzen des Impfstoffs ist unleugbar – und es gibt keinen Grund für Befürchtungen“, sagte Gesundheitsminister Jan Blatny nach einer Kabinettssitzung am Montag in Prag. Zugleich versicherte er, dass man die jüngsten Vorfälle in anderen Ländern und ihre Untersuchung sehr sorgfältig verfolge.

WHO berät am Dienstag

Die Impfexperten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden am Dienstag über den Impfstoff von AstraZeneca beraten. Das Aussetzen von Impfungen in verschiedenen Ländern war aus Sicht der WHO noch kein Alarmzeichen. Die Vorfälle seien nicht notwendigerweise auf das Impfen zurückzuführen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag in Genf.

Das Pharmaunternehmen AstraZeneca wollte in einer Aussendung am Montagnachmittag vor dem Hintergrund der jüngsten Berichte im Zusammenhang mit thrombotischen Ereignissen deutlich machen, „dass der Covid-19-Impfstoff gemäß eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen sicher ist“. „Die Sicherheit ist von höchster Bedeutung, und das Unternehmen überwacht kontinuierlich die Sicherheit seines Impfstoffes“, hieß es.