Treffen zwischen USA und China in Alaska
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Treffen USA – China

Rauer Ton und gegenseitige Vorwürfe

Während des neuen Streits mit Russland – der „Mörder“-Sager von US-Präsident Joe Biden in Richtung Kreml-Chef Wladimir Putin sorgt weiter für Aufregung – bahnen sich neue Spannungen auch zwischen den USA und China an. Die Spitzendiplomaten der beiden Länder machten einander schwere Vorwürfe, obwohl Beobachter auf eine Entspannung gehofft hatten, nachdem das Verhältnis unter Ex-Präsident Donald Trump merklich abgekühlt war.

Das erste Treffen des neuen US-Außenministers Antony Blinken mit seinem chinesischen Kollegen, dem Spitzendiplomaten Yang Jiechi, in Anchorage in Alaska hätte die Grundlage für die neue Beziehung zwischen Washington und Peking legen sollen. Die Handlungen Chinas bedrohten die globale Stabilität, warnte Blinken am Donnerstag (Ortszeit). „Das Verhältnis der Vereinigten Staaten mit China wird konkurrierend sein, wenn nötig, kooperativ, wenn möglich, und feindselig, wenn es sein muss“, sagte Blinken. China verbat sich entschlossen jegliche Einmischung in innere Angelegenheiten, wie Videoclips der Gespräche zeigten.

„Es ist für unsere beiden Länder wichtig, dass wir unsere Angelegenheiten jeweils gut führen, anstatt die Schuld auf jemand anderen in der Welt abzuschieben“, sagte Yang einer Übersetzung zufolge. „Es ist eine Tatsache, dass es mit Blick auf die Menschenrechte viele Probleme in den Vereinigten Staaten gibt“, sagte er weiter und erwähnte die „Black Lives Matter“-Proteste des vergangenen Jahres gegen Rassismus und Polizeigewalt.

Yang Jiechi und Wang Yi (L)
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Der chinesische Außenminister Wang Yi und sein hochrangigerer Kollege, der Spitzendiplomat Yang Jiechi

Lange Liste der Vorwürfe an Peking

Blinken wiederum sagte, die USA seien besorgt angesichts der Menschenrechtslage in der Metropole Hongkong und in der Provinz Xinjiang, wo die ethnische Minderheit der Uiguren lebt. Zudem warf er China vor, für Cyberangriffe verantwortlich zu sein und US-Verbündete mit wirtschaftlichem Druck zu erpressen. Zudem kritisierte er Pekings Haltung in Bezug auf Taiwan, das die kommunistische Volksrepublik als Teil Chinas beansprucht.

„Jede dieser Handlungen bedroht den auf Regeln basierenden Rahmen, der die globale Stabilität bewahrt. Deswegen sind das nicht nur innere Angelegenheiten“, sagte Blinken. „Die Alternative zu einer auf Regeln basierenden Ordnung ist eine Welt, in der die Macht recht bekommt und alles an den Gewinner geht. Das wäre eine wesentlich gewaltsamere und instabilere Welt“, so Blinken.

Antony Blinken
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US-Außenminister Antony Blinken (mit Maske)

China: USA haben „Streitigkeiten provoziert“

An dem Treffen in der Hauptstadt Alaskas nahmen Blinken und Yang, der höchste Außenpolitiker der Kommunistischen Partei, sowie der im chinesischen Machtapparat untergeordnete Außenminister Wang Yi und Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan teil. Die US-Regierung hatte nach eigenen Angaben darauf bestanden, dass das Treffen auf amerikanischem Boden stattfindet.

Nach den Eröffnungsreden tagten beide Seiten hinter verschlossenen Türen bis zum Abend weiter. Die Gespräche sollten am Freitag weitergehen. Nach dem Abschluss des ersten Tages zitierte Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua aus einem Hintergrundgespräch mit der chinesischen Delegation. China sei zu einem strategischen Dialog eingeladen worden. In ihrer Eröffnungsrede habe die US-Seite China jedoch „unangemessen angegriffen“ und „Streitigkeiten provoziert“. Das zeuge weder von Gastfreundschaft noch entspreche es der diplomatischen Etikette.

Konflikt über Südchinesisches Meer

An weiteren konfliktreichen Themen dürfte es bei den Gesprächen der beiden weltgrößten Volkswirtschaften nicht fehlen. Die USA sind unter anderem auch besorgt über Pekings Handelspraktiken und den chinesischen Expansionsdrang im Indo-Pazifik-Raum und da vor allem im Südchinesichen Meer. China wiederum wirft den USA vor, sich wie ein globaler Hegemon zu verhalten.

So hat etwas ein US-Kriegsschiff bereits mehrmals die Straße von Taiwan, die Meerenge zwischen dem chinesischen Festland und Taiwan, durchfahren. China beansprucht Taiwan als Teil der Volksrepublik und sieht daher derartiges US-Verhalten als Provokation. Taiwan hatte sich 1949 am Ende eines Bürgerkriegs von der Volksrepublik China losgesagt. Die 23 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen der demokratisch regierten Insel fürchten eine Invasion durch die autoritär geführte Volksrepublik. Im vergangenen Jahr drangen chinesische Militärflugzeuge 380-mal in Taiwans Verteidigungszone ein, häufiger als je zuvor

Grundsätzliche Zusammenarbeit bei einigen Krisen

Peking fordert zudem die Aufhebung der unter Trump verhängten Strafzölle. Bei anderen Themen von globaler Bedeutung, etwa der Bekämpfung des Klimawandels, wollen beide Regierungen aber zumindest grundsätzlich zusammenarbeiten. Auch bei internationalen Konflikten wie zum Beispiel in Bezug auf die Atomprogramme des Iran und Nordkorea müssen beide Seiten kooperieren.

Blinken hatte sich unmittelbar zuvor zusammen mit Verteidigungsminister Lloyd Austin im Rahmen einer Asienreise mit den US-Verbündeten in Japan und Südkorea abgestimmt. Blinken forderte China dabei auch auf, in den Bemühungen um eine atomare Abrüstung Nordkoreas seinen Einfluss auf das Nachbarland stärker auszuspielen. China habe „ein klares Eigeninteresse“, auf die Denuklearisierung Nordkoreas hinzuarbeiten, sagte Blinken am Donnerstag in Seoul.

China auch für Biden großer Rivale

Die US-Regierung hatte wegen der umstrittenen Hongkonger Wahlrechtsreform erst diese Woche neue Sanktionen gegen 24 weitere Politiker und Beamte aus China und Hongkong verhängt. Der Pekinger Volkskongress hatte vergangene Woche für die Reform in der chinesischen Sonderverwaltungsregion gestimmt, in der Peking mit harter Hand gegen die Demokratiebewegung vorgeht. Das neue Gesetz würde laut Kritikern den Einfluss der Opposition weiter drastisch schmälern und dafür das Pro-Peking-Lager stärken.

Das Verhältnis zwischen den USA und China war unter Trump stark abgekühlt und auf das tiefste Niveau seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 gefallen. Biden setzt nun auf einen weniger aggressiven Ton – lässt in der Sache aber keinen Zweifel daran, dass China als Rivale angesehen wird. Bidens Regierung will sich in Bezug auf China auch enger mit demokratischen Verbündeten in Asien und Europa abstimmen. Zudem hat Biden angekündigt, sich in der Außenpolitik erneut weltweit für die Förderung von Demokratie und Menschenrechten einzusetzen.