Leeres Rednerpult im Bundeskanzleramt
ORF.at/Roland Winkler
Nächster Gipfel

Gespräche über Hilfe bei Intensivbetten

Die Regierung berät am Dienstag, wieder mit Experten, Opposition und Landeshauptleuten, über die Coronavirus-Maßnahmen. Obwohl Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) meinte, man brauche „unbedingt eine Trendwende“, ist eher eine Lagebesprechung ohne neue Maßnahmen zu erwarten. Besprochen werden soll allerdings eine gegenseitige Hilfe der Länder bei der angespannten Situation auf den Intensivstationen.

So geisterte das Wort „Intensivbetten-Solidarität“ im Vorfeld des Gipfels durch einige Medien: Bundesländer mit freien Intensivkapazitäten könnten demnach jenen aushelfen, die kurz vor der Überlastung stehen. Über Ostern hat sich die Lage jedenfalls verschärft: 564 Menschen liegen in Intensivstationen, um knapp 30 mehr als noch am Freitag. Mit 224 Menschen in Wien und 123 in Niederösterreich wurde in beiden Bundesländern am Ostermontag ein neuer Höchststand erreicht – mehr dazu in wien.ORF.at und in noe.ORF.at.

Eine sinnvolle Evaluierung der Osterruhe in Wien, dem Burgenland und Niederösterreich und eine mögliche Verlängerung über den 11. April hinaus kann wohl noch nicht auf dem Programm stehen: Der Lockdown trat erst am Gründonnerstag in Kraft, und Auswirkungen können damit noch nicht beurteilt werden. Gar keine Rede dürfte von einer räumlichen Ausdehnung des Lockdowns auf die anderen Bundesländer sein.

Coronavirus-Gipfel am Dienstag

564 Covid-Erkrankte gibt es am Ostermontag auf den Intensivstationen. Die Regierung berät am Dienstag, wie die weiteren Schritte aussehen könnten. Für Lockerungen im Mai müsste der April sehr gut verlaufen, und die Zahlen müssten sich deutlich bessern, so Gesundheitsminister Anschober (Grüne).

Weniger Tests zu Ostern?

Die 7-Tage-Inzidenz liegt österreichweit derzeit bei 242,3 Infektionen binnen einer Woche auf 100.000 Einwohner. In den vergangenen fast 14 Tagen hatte sich die Inzidenz bei rund 250 stabilisiert. In sieben Bundesländern liegt der Wert zwischen 170 und 280. In Vorarlberg ist der Wert mit zuletzt 127 – trotz eher steigender Tendenz – wesentlich geringer. Ausreißer nach oben ist weiterhin Wien, das am Montag einen Wert von 322 aufwies. Tendenziell steigende Tendenz war zuletzt in Kärnten, Niederösterreich und der Steiermark zu beobachten.

Derzeit sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen, da aufgrund der Feiertage wohl weniger getestet wurde und am Montag damit ein deutlicher Knick nach unten zu sehen war. Eine Auswirkung des Lockdowns in der Ostregion wird sich frühestens in den nächsten Tagen in den Zahlen niederschlagen.

Kurz wies auf regionale Unterschiede hin

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Samstag in seinem Ostervideo ausdrücklich auf die regional unterschiedliche Lage hingewiesen. Im Westen sei die Situation deutlich besser, „wir werden versuchen, weiterhin mit den bestehenden Maßnahmen auszukommen“, sagte er – und ließ generell keinerlei Absicht auf große Änderungen für den April erkennen. Für Mai hat er allerdings Lockerungen für Kultur, Sport, Gastronomie und Tourismus in Aussicht gestellt.

Dafür müsste jedoch der April „sehr, sehr gut“ verlaufen – und sich die Zahlen nachhaltig bessern, merkte Gesundheitsminister Anschober dazu an. Im Osten habe sich die Lage der Intensivstationen über die Feiertage weiter zugespitzt. „Wir brauchen daher unbedingt eine Trendwende hin zu deutlich sinkenden Infektionszahlen innerhalb der kommenden zehn Tage“, stellte Anschober am Montag in einem Statement gegenüber der APA fest. Er gehe nach vielen Gesprächen mit Intensivmedizinern „mit klaren Einschätzungen, Vorstellungen und Vorschlägen“ in die Gespräche – am Dienstag stellte sich allerdings heraus, dass Anschober auf dem Gipfel nicht dabei sein wird. Er fällt krankheitsbedingt aus und wird von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) vertreten.

Bekanntes Prozedere

Konferiert wird am Dienstag dennoch im bekannten Prozedere: Zunächst berät die Regierung im Kanzleramt mit Experten, später werden die Oppositionsparteien per Videokonferenz einbezogen. Danach sind die Landeshauptleute ins Bundeskanzleramt geladen.

Hinweis zur Maskenpficht am Wiener Schwedenplatz
APA/Hans Punz
Wenig los auf dem Wiener Schwedenplatz

Neuer Anlauf für Testnovelle

Anschober wollte diese Woche auch einen neuen Versuch starten, die rechtliche Basis für wöchentliche Berufsgruppen- und Zutrittstests im Handel aus der Bundesratsblockade zu holen und rascher zu beschließen als erst nach Ablauf der achtwöchigen Blockadefrist. Anschober ging von entsprechender Zustimmung aus: Die Novelle des Epidemie- und Covid-19-Maßnahmengesetzes, in der die Testungen enthalten waren, hat der Bundesrat vergangene Woche für zwei Monate blockiert. Die Opposition stimmte – abgesehen von zwei burgenländischen SPÖ-Mandataren – mit ihrer Mehrheit dagegen. Der Grund dafür waren für die SPÖ andere, sehr umstrittene Teile, etwa dass künftig schon ein Zusammentreffen mit mehr als vier Personen als Veranstaltung klassifiziert werden kann oder auch der „Grüne Pass“.

Demnächst werden zudem in den Teststraßen auch – unter Kontrolle durchgeführte – Coronavirus-Selbsttests zulässig sein. Nach dem erfolgreich verlaufenen Pilotversuch dazu will Anschober noch diese Woche die Teststrategie diesbezüglich ändern. Ziel ist, die Kapazitäten nochmals zu steigern.

Rendi-Wagner für kurzen, österreichweiten Lockdown

Rasche Entscheidungen für geboten hält SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner: Um die Akutsituation auf Intensivstationen zu entschärfen und um ab Mai dauerhafte, stabile Öffnungen machen zu können, müsste die Regierung jetzt vorausschauend handeln – und zwar mit einem „kurzen, österreichweiten Lockdown“ und „viel mehr Tempo beim Impfen“. Ein „österreichweiter gemeinsamer Kraftakt“ wäre nötig, betonte Rendi-Wagner in einem Statement gegenüber der APA.

Denn „mit Halbherzigkeiten verspielt man unsere große Chance auf einen annähernd normalen Sommer“. Dafür brauche man eine Niedriginzidenz von 50 (und somit einen kurzen Lockdown) sowie 100.000 Impfungen pro Tag, damit Ende Juni zwei Drittel der Bevölkerung durchimmunisiert sind.

Kritik von Doskozil an Kurz

Vom Regionalisierungsansatz hält die SPÖ wenig: „Österreich ist flächenmäßig zu klein, um zu große Unterschiede zu machen“, meinte Rendi-Wagner. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) plädierte im Vorfeld der Dienstagsrunde neuerlich für ein bundesweit einheitliches Vorgehen. Er würde sich „Geschlossenheit zwischen Bund und den Ländern“ erwarten – und auch „ein klares Auftreten und eine klare Meinung des Bundeskanzlers“. Denn Kurz habe sich „massiv aus den Entscheidungsprozessen zurückgezogen“ und die Sache den Ländern zugeschoben, hatte Doskozil am Osterwochenende kritisiert – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Seine Zweifel an den Ankündigungen des Kanzlers im Ostervideo wird FPÖ-Chef Norbert Hofer in der Videokonferenz vorbringen. So glaubt er angesichts des „Impfdebakels“ nicht, dass bis zum Sommer alle Impfwilligen immunisiert sein werden. „Ich werde auch die Experten fragen, ob sie die Inhalte des Ostervideos des Kanzlers mit der versprochenen Auferstehung im Mai teilen und ob die Zahlen das hergeben“, kündigt Hofer an – und forderte am Sonntag in einer Aussendung „mehr Ehrlichkeit von der Bundesregierung für die Situation des Landes“.