„Ibiza“-Ausschuss: H. wirft Polizei Versäumnisse vor

Der „Ibiza“-Untersuchungsausschuss geht heute mit der Befragung von Privatdetektiv Julian H. als Auskunftsperson weiter. Der mutmaßliche Drahtzieher des „Ibiza-Videos“, das die ÖVP-FPÖ-Regierung platzen ließ, war Anfang März nach Österreich ausgeliefert worden und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

In seiner Stellungnahme warf H. den Ermittlungsbehörden Versäumnisse vor: Es hätte dieses Video nicht geben müssen, wenn wegen der Vorwürfe des ehemaligen Leibwächters gegen den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ermittelt worden wäre. Die Polizei habe bewusst weggesehen, er habe die Vorwürfe „objektiv“ untermauern wollen.

„Notwendige Aktion“

Er habe auch nichts verkaufen wollen, so H. weiter, was er gemacht habe, sei eine „notwendige“ Aktion gewesen. Es habe nach der Veröffentlichung Kaufangebote gegeben, vor allem aus der Glücksspielbranche und dem Umfeld der Beteiligten des Videos. H. erklärte, der Leiter der „SoKo Tape“ sei von Anfang an über alles informiert gewesen, er selbst bezweifle, ein faires Verfahren zu erhalten.

Die Auskunftsperson beklagte, dass Medien Akten bekommen würden, Beschuldigte hingegen keine Akteneinsicht erhalten. Er hinterfragte auch, warum die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei den Ermittlungen nicht eingebunden war. Die vorliegenden Chatverläufe würden ein Sittenbild zeigen und, wie notwendig das Video gewesen sei. H. kritisierte auch das grün geführte Justizministerium: Das Video sei wie eine heiße Kartoffel behandelt worden.

H. werden Erpressung und mutmaßliche Drogendelikte vorgeworfen, für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Der Privatdetektiv hatte bereits im deutschen Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Bilanzskandal ausgesagt.

Detektiv Julian H. im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz

ÖVP teilt gegen FPÖ und NEOS aus

Vor der Einvernahme Hs. kündigte die FPÖ Fragen über die Verbindungen H.s zur Polizei an und wieweit die Polizei etwa vom Video wusste. H. habe 2018 etwa schon erzählt, dass es die Videoproduktion gab, sagte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker. Zudem sei interessant, warum H. sich an den Bundespräsidenten gewandt habe und ob Geld geflossen sei.

Die Grünen interessierten sich ebenfalls für die Hintergründe der Videoproduktion, so David Stögmüller. ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger beschwerte sich in seinem Statement vor der Befragung über die Umgangsformen von NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper und bezeichnete die FPÖ in weiterer Folge als „regierungsunfähig“. Inhaltlich will auch die ÖVP mehr zu den Hintergründen des „Ibiza-Videos“ wissen.

Infos aus dem Wirecard-Ausschuss in Deutschland, wonach H. Geld aus dem Glücksspielbereich geboten worden sein soll, will SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer näher beleuchten. Das Interesse an der Befragung H.s ist groß, er wurde in Begleitung von zwei Justizbeamten in den Ausschuss geführt.

Nach H. kommt der Direktor der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Thomas Steiner, als Auskunftsperson an die Reihe. Er war unter der ÖVP-FPÖ-Regierung Chef der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) und soll vordringlich zum Beweisthema „Reform der Finanzmarktaufsicht (FMA)“ befragt werden.

Chats „nicht für Veröffentlichung gedacht“

Gestern war neben Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) auch eine Mitarbeiterin von ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid geladen. Diese sagte, dass die Chats mit Schmid „nicht für die Veröffentlichung gedacht“ waren.

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