Karin Kneissl beim Ibiza Untersuchungsausschuss
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„Ibiza“-U-Ausschuss

Kneissl über „Wünsche“ und „guten Willen“

Nach dem Versuch eines Einblicks in den Bestellungsvorgang des Vorstands der Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) hat der „Ibiza“-U-Ausschuss am Dienstag auch die Arbeitsweise der ÖVP-FPÖ-Regierung zu rekonstruieren versucht. Dazu geladen war Karin Kneissl, die unter Türkis-Blau von der FPÖ zwischen Ende 2017 bis Mitte 2019 als Außenministerin eingesetzt wurde.

In ihrer Zeit als Politikerin hatte Kneissl 2018 und 2019 wiederholt Kontakt zum russischen Präsident Wladimir Putin, dessen Besuch bei ihrer Hochzeit in der Südsteiermark im Sommer 2018 auch für internationale Schlagzeilen sorgte. Zuletzt wurde sie von der russischen Regierung für den Aufsichtsrat des mehrheitlich im Staatsbesitz stehenden Ölkonzerns Rosneft nominiert. Aus Österreich bekomme sie keine Aufträge mehr, gab sie bei der Befragung an.

Einleitend legte Kneissl ihren politischen Werdegang dar: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe sie im Sommer vor der letztlichen Bestellung zur Ministerin gefragt, ob sie auf seiner Liste stehen wolle, habe das aber ausgeschlagen, weil sie nicht parteipolitisch tätig sein wollte. Als Diplomatin habe sie die „gläserne Grenzen“ selbst erlebt, der diplomatische Dienst sei durch und durch politisch gewesen.

Karin Kneissl beim Ibiza Untersuchungsausschuss
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Kneissl bei ihrer Ankunft vor dem Ausschusslokal – Aufnahmen im Ausschusslokal ließ sie nicht zu

Mit Inseraten „guten Willen erkaufen“

Später sei sie dann als „unabhängige Fachministerin“ bestellt worden. Sie sei dazu damals von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache kontaktiert worden – sie habe länger überlegt („wegen der Zwänge des Ministeramts“ und weil sie sich damals die „Aufträge aussuchen konnte“). Trotzdem habe sie dann das Angebot angenommen, Ministerin zu werden, „weil ich es als feig erachtet hätte, es nicht zu machen“.

Die Berührungspunkte mit der FPÖ seien die „wöchentlichen Ministerratsvorbesprechungen“ gewesen. Sie sei oft umsonst gekommen, weil sie oft schlecht vorbereitet waren oder der Termin überhaupt abgesagt worden war. Ihr Kabinett habe sie selbst zusammengestellt, die FPÖ habe nicht mitgeredet.

Auf „Schrecken vieler“ folgten „heftige“ Reaktionen

Mitte Dezember 2017 habe sie gleich als einen ihrer ersten Schritte das Inseratenbudget des Außenministeriums (1,8 Mio. Euro) um 80 Prozent gekürzt, „zum Schrecken vieler“. Der Zweck von Regierungsinseraten sei es, „guten Willen in der Berichterstattung zu erkaufen“, so Kneissl. Sie habe das Geld lieber in Inhaltliches gesteckt, die Reaktionen seien „heftig“ gewesen. Es habe viele Angriffe und „Falschberichte gegeben“.

Susanne Fürst (FPÖ)
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Susanne Fürst fragte für die FPÖ

Die Reaktionen seien an die Pressesprecher herangetragen worden, nicht an sie, gab Kneissl auf Fragen von FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst an. Vom Chefredakteur einer Tageszeitung sei etwa an sie, Kneissl, herangetragen worden, dass sie mit einer solchen Maßnahme „Arbeitsplätze gefährde“. Doch sie habe repliziert, dass es nicht die Aufgabe des Außenministeriums sei, Verlage zu finanzieren. Im Ministerrat sei das Thema ab und zu aufgekommen, aber sie sei bei ihrem Weg geblieben.

„Habe diesen Wünschen nicht stattgegeben“

Ob bezüglich der Inserate Wünsche an sie herangetragen worden seien? „Ich habe das jeweils abgelehnt, habe diesen Wünschen nicht stattgegeben“, so Kneissl. Strache etwa wollte die ursprüngliche Summe beibehalten, er habe hier Druck gemacht – von Kurz sei hierzu nichts gekommen. Ob es Wünsche hinsichtlich Personalinterventionen gegeben habe? „Es handelte sich um Anfragen zu Sonderbotschaftern“, auch das habe sie abgelehnt.

U-Ausschuss behandelt Postenbesetzungen

Der „Ibiza“-Untersuchungsausschuss hat erneut die Bestellung von Thomas Schmid zum Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG behandelt. ÖBAG-Aufsichtsratschef Helmut Kern und Ex-Außenministerin Karin Kneissl sagten am Dienstag aus.

Zu Postenbesetzungen in der Regierung konnte sie mangels „Wahrnehmungen“ nichts angeben. Wahrnehmungen zu „Spenden an Vereine am Rechnungshof vorbei“ (Strache auf Ibiza) habe sie ebenso keine. Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli erkundigte sich, ob sie, Kneissl, Markus Tschank kenne (zuerst hatte Kneissl „Trump“ verstanden und war wegen der abgefragten Personalie kurz irritiert). Ob sie zu den Kollaborationen des FPÖ-nahen Instituts für Sicherheitspolitik (ISP) und dem Verteidigungsministerium etwas sagen könne? Kneissl verneinte.

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper wollte wissen, wie Kneissl nach ihrem Ausscheiden mit „Schriftgut“ umgegangen sei. Kneissl gab an, alles aufbewahrt und nach ihrem Abgang als Ministerin ans Staatsarchiv abgegeben zu haben. Sie habe ihr Handy auch nicht regelmäßig gelöscht oder löschen lassen und auch ihren Kalender nicht, so Kneissl.

Stephanie Krisper (NEOS)
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Auf Verlangen von NEOS (im Bild Fraktionschefin Krisper) und der SPÖ war Kneissl geladen worden

„Ich verfüge über keinen Spieltrieb“

Die Grünen erkundigten sich nach Kneissls Wissensstand zum „Projekt Wasserstoff“ der OMV – die Ex-Ministerin konnte dazu nichts sagen. Mandatar David Stögmüller fragte nach dem Generalsekretär des Außenministeriums, den sie 2018 bestellt hatte. Auch da habe es keinen Druck gegeben. Seine Frau sei im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) tätig gewesen; Stögmüller wollte wissen, ob Kneissl Jan Marsalek oder Markus Braun von Wirecard gekannt habe. Auch das verneinte sie und betonte, auch nicht zu wissen, ob Strache mit Braun Termine hatte.

OMV-Chef Rainer Seele sei einmal bei ihr zu Gast gewesen, habe seine Projekte vorgestellt und gemeint, sie solle auf eine Reise nach Abu Dhabi mitkommen. Mit der Aussage „Herr Seele, ich bin nicht Ihre Handlungsreisende“ habe sie dem OMV-Chef abgesagt. Auch Johann Gudenus (FPÖ) sei einmal an sie herangetreten, Mitte 2019 habe er gemeint, dass sie ein Wissenschaftler, ein Russland-Experte, beraten solle. Auch das habe sie abgelehnt.

Ihre Kontakte nach Russland habe sie zu keiner Zeit spielen lassen – überhaupt wollte sie diesen Ausdruck so nicht auf sich gemünzt wissen („Weil ich über keinen Spieltrieb verfüge“). Interventionen um Diplomatenpässe habe es von allen Seiten gegeben, auch von der Kirche. Aber sie habe das sehr restriktiv behandelt, so Kneissl.

Andreas Hangar (ÖVP)
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ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger am Dienstag erstmals in seiner nunmehrig fixen Rolle als ÖVP-Fraktionschef

Über die Rolle Österreichs in der Welt

Die ÖVP ließ Kneissl im Zuge der Befragung durch ÖVP-Fraktionsführer Hanger über die globale Rolle Österreichs als kleineres Land referieren. Das nahm Kneissl ob ihrer Leidenschaft zu entsprechenden Ausführungen freilich besonders gerne an. Ob Verbindungen mit Netzwerken für Länder wichtig seien? Ja, durchaus, so Kneissl sinngemäß.

Die Äquidistanz zur FPÖ sei ihr wohl in Sachen Interventionen zugute gekommen, mutmaßte Hanger – was Kneissl wiederum bejahte. Am Ende stand auf die entsprechende Frage Hangers die Feststellung Kneissls: Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand habe sie nicht. Hanger bedachte deshalb SPÖ und NEOS mit Kritik: Er verwies auf die Landung Kneissls durch SPÖ und NEOS – und nun hätten sie praktisch keine Fragen.