Szene aus Mamaville, Menschen am Strand
Mamaville (Irmak Karasu)
Vienna Shorts

Kurze Filme ganz groß

310 Filme, mehr als 60 Programme und ein Livekonzert: Das ist die Formel, mit der die 18. Ausgabe des Kurzfilmfestivals Vienna Shorts ab Donnerstag an den Start geht. Vom internationalen Festivalsieger bis zum heimischen Geheimtipp ist alles dabei – vorausgesetzt, die Laufzeit bleibt unter rund 30 Minuten.

Lange mussten Doris Bauer und Daniel Ebner, die Leiter des Kurzfilmfestivals, das Fans liebevoll „kleine Viennale“ nennen, zittern. Aber das Warten hat sich ausgezahlt: Neben dem umfangreichen Onlineprogramm wird es dieses Jahr Präsenzkino geben.

Während das Gartenbaukino, das angestammte Eröffnungskino der Vienna Shorts, gerade renoviert und in den ursprünglichen Zustand der 1960er Jahre versetzt wird, verlegen Bauer und Ebner die feierliche Eröffnung ins Freie auf den Wiener Karmelitermarkt, zumindest wenn das Wetter am Donnerstagabend mitspielt.

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Spartenübergreifendes Wettbewerbsflair

Danach heißt es für sechs Tage „Film ab“, wobei rund ein Drittel der über sechzig aufwendig kuratierten Programme im Wiener Stadtkino im Künstlerhaus, im Filmhaus am Spittelberg, im Österreichischen Filmmuseum und in Kooperation mit dem Volxkino Open Air auf dem Karmelitermarkt laufen.

Die 18. Ausgabe des Festivals ist aber hybrid und vornehmlich – in puncto Lizenzen und Kleingedrucktes – für das festivaleigene Onlineportal und die Plattform „This is short“, einen Zusammenschluss von vier Kurzfilmfestivals und deren digitalen Programmschienen, konzipiert worden.

Szene aus „DACID GO8LIN – REPEAT“
Mark Gerstorfer
Kino nach der Sperrstunde gibt es nur online, bei den Vienna Shorts mit dem Late-Night-Programm „Tres Chic“, unter anderem mit Kata Gugics „Cockpera“

Das Programm ist jedenfalls spartenübergreifend und bunt: Von fein selektierten internationalen Festivalsiegern über Programme für Animationsfilm, aktuelle österreichische Kurzfilmarbeiten, Personalen und thematische Programme wie jenes zu Solidarität bis hin zu Kinderfilmen reicht der Bogen.

Einige Filme laufen außer Konkurrenz – die meisten Produktionen rittern aber um die Festivaltrophäe in Form eines hölzernen „V“ und einen der Jurypreise des Festivals. Auch das Publikum darf – dieses Jahr nur mit Onlinefestivalpass – mitvoten: neben dem programmübergreifenden Publikumspreis auch für den jährlich von ORF.at gestifteten Preis für den beliebtesten Film unter zehn Minuten im Österreich-Wettbewerb.

Szene aus „Progressive Touch“
Michael Portnoy
Tanzen vor dem Bildschirm? Das Programm „Dancing Screen“ animiert dazu, unter anderem mit Michael Portnoys „Progressive Touch“

Ein Konzert für das beste Musikvideo

Ein Highlight wird sicherlich der Sonntagabend im Jazzclub Porgy & Bess. Dort hat man den diversen Lockdowns des vergangenen Jahres mit fast täglichen Livekonzerten im maßnahmenkonformen Stream getrotzt – und sich so zum musikalischen Kompetenzzentrum für hybride Formate gejazzt.

Welche Location wäre also besser geeignet für die Verleihung der Auszeichnung zum besten österreichischen Musikvideo des Jahres, nebst Livekonzert von Esrap, natürlich auch abrufbar als Livestream auf der Homepage des Porgy & Bess. Nominiert sind etwa Lydia Nsiahs mit 16-Millimeter-Filmmaterial produziertes Video zu Mira Lu Kovacs „Stay A Little Longer“, Dagmar Schürrers Arbeit zu Ja, Paniks Vorabsingle „Apocalypse Or Revolution“ zum aktuellen, lange erwarteten Album und Kruder & Dorfmeisters „Johnson“ mit Video von Stefan und Oscar Pecher, mit dem sich die Down-Tempo-Elektroniker im Herbst 2020 nach über zwei Jahrzehnten als Duo zurückmeldeten.

Preisverleihung unter freiem Himmel

Den krönenden Abschluss will man am 1. Juni wieder unter freiem Himmel auf dem Karmelitermarkt feiern. Neben allen Preisverleihungen mit Ausnahme von jenem Preis, der bereits am Sonntag für das beste Musikvideo zuerkannt wird, gibt es noch einmal alle Gewinnerfilme auf der großen Leinwand zu sehen. Wie auch immer das Wetter ausfällt, die Vienna Shorts läuten die verspätete Saison der Präsenzkinofestivals 2021 ein.

Obwohl weniger Zusammenkünfte und Austausch als früher möglich sein wird, ist das Festival ein Comeback einer fast schon verloren geglaubten Kulturtechnik: Das gespannte und konzentrierte gemeinsame Filmschauen im Kino entlang der mit viel Aufwand gesichteten und kuratierten Programme – Bewegtbild in seiner dichtesten Form.