Bundeskanzler Sebastian Kurz
APA/Herbert Neubauer
Westbalkan

Österreich spendet eine Million Impfdosen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag in Wien zu einer Westbalkan-Konferenz geladen, bei der eine Impfdosenspende vereinbart wurde. Eine Million Dosen gehen ab August an die sechs Teilnehmerstaaten. Mit ihnen wurde auch eine weitere Kooperation in puncto Migration besprochen.

Ins Wiener Bundeskanzleramt wurden die Ministerpräsidentin von Serbien, Ana Brnabic, der Premierminister von Nordmazedonien, Zoran Zaev, der Ministerpräsident von Bosnien-Herzegowina, Zoran Tegeltija, der Premierminister von Montenegro, Zdravko Krivokapic, der Regierungschef des Kosovo, Albin Kurti, und aus Albanien Infrastrukturministerin Belinda Belluku geladen. Die Runde führte neben Kurz auch der EU-Sonderbeauftragte für den Dialog zwischen Belgrad und Prishtina, Miroslav Lajcak.

Kurz sagte in der anschließenden Pressekonferenz, dass Österreich die versprochenen Impfdosen von August bis Ende des Jahres als „bilateralen Beitrag“ liefern werde. Die Spende sei mit dem Gesundheitsministerium akkordiert, hieß es ergänzend aus dem Bundeskanzleramt. Am Anfang soll es sich laut APA vor allem um Dosen des Impfstoffherstellers AstraZeneca handeln. Österreich hat bereits die Verteilung von 651.000 Dosen des Vakzins von Biontech und Pfizer koordiniert, die die EU für die Westbalkan-Staaten bestellt hatte.

Österreich wolle sich zudem in Brüssel dafür einsetzen, dass die Reiseregeln, etwa der „Grüne Pass“, auch mit Drittstaaten akkordiert werden. Die Pandemie sei erst vorbei, wenn sie „für alle Staaten in Europa und darüber hinaus“ vorbei sei, so Kurz.

EU-Integration: Fortschritte sollen „anerkannt werden“

Der Westbalkan sei für Österreich eine „besonders relevante Region“, so Kurz. Die wirtschaftliche Kooperation sei eng, viele Jobs im Land und in der Westbalkan-Region hingen von dieser ab. Österreich setze sich daher schon lange für eine Verbesserung der EU-Beitrittsperspektiven der Länder ein. Die Pandemie habe den Fokus weg von wichtigen Themen gebracht, die man nun wieder aufs Radar bringen müsse. Auf dem Gipfel habe man nicht nur über die Bekämpfung der Pandemie gesprochen, sondern auch über die Fortschritte dieser Länder, die auch auf europäischer Ebene anerkannt werden müssten, sagte Kurz.

Österreich spendet Impfdosen an Westbalkan

Am Freitag hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Wien zu einer Westbalkan-Konferenz geladen. Österreich wird ab August eine Million CoV-Impfdosen an die Staaten des Westbalkans liefern. Anfangs soll es sich dabei um vor allem um den Impfstoff von AstraZeneca handeln.

Die Fortschritte Richtung EU-Integration seien zuletzt wegen der Pandemie ins Stocken geraten, hier hoffe man auf „neue Dynamik“. Man stimme sich auch eng mit der slowenischen Ratspräsidentschaft ab, die im Juli von Portugal übernimmt. Im kommenden Halbjahr werde es auch eine Follow-up-Konferenz geben, um den Prozess wieder ins Laufen zu bringen.

Grafik zur an der Westbalkankonferenz teilnehmenden Staaten
Grafik: APA/ORF.at

Abhängen werde das Vorankommen der Westbalkan-Länder aber stark vom Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo – ein Thema, bei dem Lajcak mehr Optimismus versprühte als Kurz. Während der EU-Sonderbeauftragte hier schon das Treffen an sich als Hoffnungsschimmer wertete, sagte Kurz: „Neuen Schwung sehe ich nicht.“ Es gebe aber keine Alternative zum Dialog zwischen Belgrad und Prishtina. „Es wäre falsch aufzugeben, nur weil es schwierig ist.“ Zudem sei es zentral, dass die EU hier federführend beteiligt sei und die Annäherung zwischen Serbien und dem Kosovo nicht in die Hände anderer Interessenträger auf dem Westbalkan, etwa Russland und China, lege.

Prozess im Stocken

Die Republik Kosovo ist wie Bosnien-Herzegowina potenzieller EU-Beitrittskandidat. Der Kosovo – mittlerweile von 115 Staaten anerkannt – erklärte sich 2008 einseitig für unabhängig von Serbien. Der serbische Staat betrachtet den Kosovo weiterhin als eigenen Bestandteil und erhebt Anspruch auf seine ehemalige Provinz.

Der EU-Sonderbeauftragte Miroslav Lajcak
APA/Herbert Neubauer
EU-Sonderbeauftragter Miroslav Lajcak

Mit Serbien, Montenegro, Albanien und Nordmazedonien verhandelt die EU bereits über eine Mitgliedschaft. Die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien ist aber blockiert. Nordmazedonien und Albanien war ursprünglich bereits im Juni 2019 von der EU die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen in Aussicht gestellt worden. Nachdem Frankreich eine Verschärfung des Prozederes durchgesetzt hatte, hatten sich die Europaminister im Vorjahr grundsätzlich auf die Eröffnung von Beitrittsgesprächen mit beiden Ländern geeinigt. Die konkreten Verhandlungen haben aber wegen der Blockade Bulgariens im Fall Nordmazedonien und wegen Vorbehalten der Niederlande zu Albanien noch nicht begonnen.

Nehammer soll Kooperation weiterführen

Ein Hauptthema der Konferenz im Bundeskanzleramt war auch die Migration. Fachleute des Innenministeriums gehen derzeit davon aus, dass im Gefolge des Abbaus der Coronavirus-Einschränkungen wieder mehr Menschen in die EU einwandern wollen. Rund 80.000 Personen ohne Papiere würden sich derzeit in Griechenland und den Westbalkan-Staaten befinden, hieß es dazu im Vorfeld der Konferenz aus dem Bundeskanzleramt.

„Die illegale Migration ist für viele europäische Länder, insbesondere für Österreich, ein massives Problem“, so Kurz, das nur mit Partnern zu bekämpfen sei. Die Westbalkan-Staaten trügen eine entscheidende Rolle. Österreich unterstütze sie bereits durch Polizeikräfte und technisches Equipment. Unter Federführung von Innenminister Karl Nehmanner (ÖVP) solle die Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden. „Das ist kein Almosen und auch keine Hilfestellung, sondern wir profitieren unmittelbar davon“, sagte Kurz.

Auch Griechenland, Italien und Bulgarien seien hier wichtige Partner. Ziel sei es, die Menschen schon früh an der Weiterreise zu hindern. „Allein das führt schon dazu, dass sich weniger Menschen auf den Weg machen.“

„Kein Deal“

Es handle sich um keinen „Deal“, so Kurz auf eine Journalistenfrage. Es gehe nicht um einen Austausch EU-Beitrittshilfe gegen Stopp von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten. „Das müssen wir nicht machen, denn wir stimmen ja in beiden Fragen überein.“

Vor dem Gipfel in Wien hatte Nehammer dazu gesagt: „Wir haben einen umfassenden Rückführungsplan erarbeitet und unterstützen die Balkan-Staaten dabei, Rückführungen zu organisieren. Denn ein Großteil der Menschen, die derzeit dort aufhältig sind, hat ohnehin kein Recht auf Asyl in Europa.“

Die Konferenz fiel terminlich kurz vor den Weltflüchtlingstag am Sonntag. Das Thema Migration ist daher derzeit wieder groß auf der politischen Agenda. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hielt am Freitag ebenfalls eine Pressekonferenz zum Thema ab, in der sie die Abschiebepraxis Österreichs nach Afghanistan kritisierte und eine Evaluierung verlangte.

Kritik der Opposition

Kritik an der Konferenz kam von SPÖ und FPÖ. Der SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Andreas Schieder, kritisierte, die Konzentration auf das Thema Migration sei „ein falsches Signal“, denn „es gibt so viele andere wichtige Themen wie die Rechtsstaatlichkeit, notwendige Wirtschaftsreformen oder die Stärkung der Sozialsysteme, wo die europäische Unterstützung dringend gefragt ist“.

Der designierte FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl meinte: „Außer Spesen nichts gewesen.“ Das Treffen habe sich „wieder einmal als reine Kurz-PR-Show erwiesen“, hieß es in einer Aussendung. Kickl kritisierte, es hagle Absichtsbekundungen, zudem „verschenke der Bundeskanzler jetzt auf Kosten der österreichischen Steuerzahler“ Impfdosen.