Eine Mutter hilft ihrer kleinen Tochter die Nase zu putzen
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Nicht nur gefühlt

Erkältungssaison wie vor der Pandemie

Rundherum wird gehustet, geschnupft und geschnäuzt: Die herbstliche Erkältungssaison ist heuer gefühlt besonders heftig gestartet. Diese Beobachtung ist nicht nur subjektiv, wie Ärztekammer und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) bestätigen: Was im Vorjahr wegen Lockdowns und besonders strenger Hygieneregeln ausfiel, schlägt heuer wieder stärker ein.

Krankenstände, präventives Homeoffice und Pflegeurlaube wegen verkühlter Kinder: Seit der Herbst Einzug gehalten hat, mehren sich die krankheitsbedingten Ausfälle wieder, wie die ÖGK gegenüber ooe.ORF.at bestätigt. Dass neben Husten, Schnupfen und Heiserkeit auch grippale Infekte vermehrt in Österreich zirkulieren, berichtet auch Edgar Wutscher, Ärztekammer-Sektionsobmann der Allgemeinmediziner, gegenüber ORF.at.

Der Vergleich mit dem Vorjahr sei allerdings ein schwieriger. Wenn man den, von Lockdown, Distance-Learning und Homeoffice geprägten Herbst und Winter 2020 ausklammere, dann sei die Erkältungssaison „eher normal“, so Wutscher. Auch Andreas Krauter, Chefarzt der ÖGK, sieht die Ausnahme aktuell nicht in einer besonders starken Saison heuer, sondern in einer besonders schwachen im Vorjahr: „Es gibt immer Schwankungen, 2020 stellt sicherlich eine Ausnahme dar,“ so Krauter gegenüber ORF.at.

„Ich gehe davon aus, dass es im heurigen Jahr mehr Infektionen des Respirationstraktes, also der Atemwege, gibt“, so Krauter. Das liege daran, „dass im vergangenen Jahr durch reduzierte Kontakte und die gängigen Schutzmaßnahmen wie Maskentragen und Händedesinfektion das Risiko einer Übertragung stark gesunken ist.“ Auch die Tatsache, dass die Schulen im vergangenen Schuljahr immer wieder geschlossen geblieben seien, hätte dabei eine Rolle gespielt. „Außerdem hat unser Immunsystem im vergangenen Jahr durch den mangelnden Kontakt mit Erregern von grippalen Infekten kaum die Möglichkeit gehabt, Abwehr aufzubauen,“ erklärt der Mediziner. Bei Kindergarten- und Schulkindern könnte die ausgefallene Immunisierungssaison zu verstärkten Infektionen in dieser Altersgruppe führen.

„Nachholeffekt“ bei Atemwegsinfekten

In Deutschland spricht das Robert-Koch-Institut (RKI) von einem „Nachholeffekt“ und warnt vor allem vor einem verstärkten Auftreten des Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), eines für Babys gefährlichen Infekts der oberen Luftwege. Größere RSV-Ausbrüche unter Kindern wurden bereits im Mai aus Israel und in den Sommermonaten in den USA, Australien und Japan gemeldet. Zahlen für Österreich liegen dazu nicht vor. In Österreich ist RSV laut Krauter keine meldepflichtige Krankheit. Er empfiehlt jedoch dringen eine Abklärung mit Kinderärztin oder Kinderarzt, wenn ein Infekt bei einem Kind länger andauert.

FAQ zur Grippeimpfung

Das Ministerium hat FAQ zur Influenza-Impfung in Zeiten der CoV-Pandemie vorbereitet.

Wutscher sieht das für Österreich gelassen: Man teste auf Grund der Coronavirus-Maßnahmen auch bei normalen grippalen Infekten verstärkt, somit würde auch RSV möglicherweise öfter nachgewiesen als sonst. Eine weitere Verbreitung als in früheren Saisonen hält Wutscher allerdings für derzeit unwahrscheinlich.

Telefonische Krankmeldung wieder möglich

Wer mit grippalen Infekten oder einer starken Erkältung zu kämpfen hat, muss derzeit jedenfalls nicht zum Arzt gehen, um sich eine Bescheinigung für den Arbeitgeber zu holen. Angesichts der steigenden CoV-Fälle ist die telefonische Krankmeldung seit Mitte September wieder möglich.

„Echte“ Grippe vor der Tür

Die grassierenden grippalen Infekte bzw. Erkältungserkrankungen haben noch nichts mit der „echten“ Grippe (Influenzavirus) zu tun. Laut Zentrum für Virologie an der MedUni Wien gibt es heuer noch keine nennenswerte Influenzavirus-Aktivität in Europa. Grippeinfektionen könnten bisher „nur vereinzelt nachgewiesen werden“. Eine Ausnahme dabei ist Kroatien, dort wird ein lokaler Ausbruch von Influenza-A(H3N2)-Viren gemeldet. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) empfahl daher schon vorige Woche vor allem jenen eine Grippeimpfung, die bald einen Kroatien-Urlaub geplant haben.

Dass die Grippesaison analog zur Erkältungssaison wieder stärker ausfalle als vergangenes Jahr hält Ärztekammer-Spartenobmann Wutscher für unwahrscheinlich. Eher sei zu erwarten, dass die immer noch gültigen Cov-Maßnahmen – etwa die FFP2-Maskenpflicht an vielen Orten – auch auf die Grippewelle einen dämpfenden Einfluss haben könne. Anders sieht das ÖGK-Mediziner Krauter: Nachdem die Grippesaison im Vorjahr eigentlich ausgefallen sei und die Abwehrkräfte nicht trainiert seien, könnten heuer vermehrt Grippeerkrankungen auftreten.

Einig sind sich die Experten aber im Bezug auf die Grippeimpfung: Ende Oktober bis November ist die ideale Zeit, um sich gegen Grippe impfen zu lassen. Zusätzlich zu den mittlerweile gängigen Maßnahmen wie Händedesinfektion, Masketragen und Abstandhalten habe es viel Sinn, sich impfen zu lassen, so Krauter. So sei man gerüstet für die „typischen Grippemonate“ Dezember, Jänner und Februar.