Ein Kellner bei der Kontrolle eines Gastes mit Grünem Pass.
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Vor Krisengipfel

Verschärfungen in Wien und Oberösterreich

Sowohl Wien als auch Oberösterreich haben am Donnerstag angesichts der österreichweit stark steigenden Infektionszahlen sowie der Situation in den Spitälern weitere Verschärfungen der Coronavirus-Maßnahmen angekündigt. Die beiden Bundesländer kommen damit Beratungen über weitere Verschärfungen zwischen Bund und Ländern am Freitagabend zuvor.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kündigte am Donnerstag nach einem Gespräch mit Fachleuten an, dass ab Ende kommender Woche der Zutritt zu Gastronomie, körpernahen Dienstleistungen (wie Friseuren) und Zusammenankünften ab 25 Personen nur erhält, wer geimpft oder genesen (2-G-Regel) ist. Zudem wird ein Impfangebot für Fünf- bis Zwölfjährige geschaffen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Die Situation in Österreich sei eine „sehr ernste“, zeigte sich Ludwig am Donnerstag und im Vorfeld des Krisengipfels am Freitag besorgt. Eine Prognose habe ihn besonders betroffen gemacht, berichtete er – nämlich dass es nicht ausgeschlossen scheint, dass die Bettenbelegung in Österreich demnächst auf einen Allzeithöchststand klettern könnte. Darum werde Wien nun ein weiteres Mal Schritte machen und die vierte Stufe des Maßnahmenplans des Bundes vorziehen.

Details zu 2-G werden noch ausgearbeitet

Bei den Beratungen mit dem Bund wolle er auch jene Maßnahmen, die am Donnerstag für Wien angekündigt wurden, für den Rest Österreichs einfordern. In Richtung Bundesregierung sagte er auch, dass es wichtig sei, Entscheidungen zu treffen, bevor die Kapazitäten auf den Intensivstationen erreicht werden.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig.
APA/Georg Hochmuth
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht sich im Umgang mit der CoV-Krise bestätigt

Details zur neuen 2-G-Regelung würden noch ausgearbeitet, hieß es. Hier wolle man auch noch die Ergebnisse des Gipfels mit dem Bund abwarten. Ludwig skizzierte jedoch bereits mögliche weitere „Eskalationsstufen“. So sei etwa „2-G Plus“, also die Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene, möglich, falls sich die Situation weiter derart dramatisch entwickle. Jedenfalls verhindert werden solle ein weiterer Lockdown, betonte der Stadtchef. Der Bund wurde auch aufgefordert, eine Infokampagne für den dritten Stich zu initiieren.

2,5-G, Impflotterie und PCR-Test-Ausweitung in OÖ

Auch in Oberösterreich, das seit Wochen ein CoV-Hotspot ist, werden die Pandemiemaßnahmen ein weiteres Mal verschärft: Ab Montag gilt in vielen Bereichen die 2,5-G-Regel. Zudem soll das PCR-Test-Angebot am Mittwoch ausgeweitet sowie Mitte November eine Impflotterie eingeführt werden. Das kündigten Landeshauptmann Thomas Stelzer und seine Stellvertreterin Christine Haberlander (beide ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Donnerstag an. Der Koalitionspartner FPÖ sieht 2,5-G „äußerst kritisch“.

Eine entsprechende Verordnung soll demnächst erlassen werden, so Stelzer. Konkret soll die 2,5-G-Regel (geimpft, genesen oder PCR-getestet) ab Montag in der Gastronomie, der Hotellerie, bei körpernahen Dienstleistern, in Kultur- und Freizeiteinrichtungen im Inneren (etwa Theater und Kinos) sowie in Spitälern und Alters- und Pflegeheimen gelten – für Mitarbeiter wie für Besucher bzw. Kunden. Ebenso wird die 2,5-G-Regel bei Veranstaltungen bis 500 Personen gelten. Ab 500 Personen gilt die 2-G-Regel (geimpft oder genesen).

Ebenso wird das PCR-Test-Angebot im Bundesland ausgeweitet – ab Mittwoch werden in ganz Oberösterreich PCR-Gurgeltests in Teststraßen ausgerollt. Die bereits bestehenden Angebote wird es laut Haberlander weiterhin geben. Auch wird mit der Handelskette Spar die Möglichkeit von PCR-Gurgeltests geschaffen. Mitte November wird eine Impflotterie – wie es sie bereits im Burgenland gibt – starten. Diese soll den ganzen Winter gehen. Details dazu sollen in den kommenden Tagen präsentiert werden – mehr dazu in ooe.ORF.at .

„Impfung liegt als Geschenk am Silbertablett“

Sollte der Bund mit Montag eine neue Verordnung erlassen, dann gelten die Maßnahmen des Bundes, sagte Stelzer am Donnerstag aber auch. „Ober sticht Unter“, so der Landeshauptmann. Die Ankündigungen kommen immerhin nur einen Tag vor den Beratungen aller Länder mit dem Bund über ein gemeinsames Vorgehen.

Die Antwort auf die Pandemie sei die Coronavirus-Schutzimpfung, sagte Stelzer bei der Pressekonferenz zudem. Er appellierte an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. „Die Impfung liegt als Geschenk am Silbertablett, aber es wird immer weniger zugegriffen“, so Stelzer.

Der Oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer.
APA/Fotokerschi.at/Werner Kerschbaum
Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) kündigt neue Verschärfungen an

„Höchster Anstieg“ bei Neuinfektionen

Er verwies im Zuge der Pressekonferenz auch auf die rasant steigenden Infektionszahlen und auf die Situation in den Spitälern. Von Mittwoch auf Donnerstag habe Oberösterreich mit 2.317 Neuinfektionen den „höchsten Anstieg, den wir jemals sehen mussten“, verzeichnet, so Stelzer, inklusive Quarantäne seien mehr als 30.000 Personen aus dem normalen Leben „herausgegriffen“. Das Bundesland mit den drittmeisten Einwohnerinnen und Einwohnern verzeichnete damit mit Abstand die meisten neuen CoV-Fälle. Es gelte einem neuen Lockdown oder der Schließung von Schulen und Kindergärten vorzubeugen.

Das Bundesland ist regelmäßig Spitzenreiter bei der Zahl der Neuinfektionen, hinzu kommt die bundesweit niedrigste Durchimpfungsrate von 57,7 Prozent. Die 7-Tage-Inzidenz lag laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) (Stand: Donnerstag 14.00 Uhr) bei 737,8. Seit Donnerstag sind in elf der 18 Bezirke Ausreisekontrollen nötig.

Haimbuchner sieht 2,5-G-Regel kritisch

Stelzer Koalitionspartner Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) sagte, er sehe die Einführung der 2,5-G-Regel „äußerst kritisch“, bemühte sich aber, die Kritik eher gegen den Bund zu richten: Er habe Verständnis, dass bei der derzeitigen Entwicklung in den Spitälern „die Verantwortlichen im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung etwas unternehmen müssen, um einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken“, schrieb er in einer Stellungnahme angekündigten Landesverordnung. 2,5-G in vielen Lebensbereichen sieht er aber sehr kritisch und will sich die Sache auch rechtlich noch ansehen.

Salzburg will auf Bund warten

Salzburgs Landesregierung stoppte indes die neue CoV-Verordnung, die am Montag in Kraft treten und Ungeimpften den Zutritt zu Nachtgastronomie und Großveranstaltungen verbieten sollte. Man will sich nun den Vorgaben anschließen, die demnächst vom Bund kommen sollen, hieß es – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Auch eine erste Stimme gegen Verschärfungen gibt es: Das Burgenland habe sein Ziel bei der Impfquote erreicht, sagte am Donnerstag Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Die Lage in den Spitälern sei stabil, deshalb sei er momentan gegen verschärfte Maßnahmen im Burgenland, er sei trotzdem vorsichtig – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Krisengipfel am Freitag

Die Regierung wird angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens am Freitagabend mit den Landeshauptleuten über weitere Verschärfungen beraten. Weitreichende bundesweite Einschnitte waren laut den Informationen der Regierung im Vorfeld nicht zu erwarten. Der bestehende Stufenplan werde weiterhin die „Unterkante der Maßnahmen“ bilden, sagte eine Sprecherin von Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) zur APA.

Der Stufenplan soll der Sprecherin zufolge als „Grundgerüst“ erhalten bleiben – mit der Möglichkeit regionaler Verschärfungen. Thematisieren will Schallenberg auch die möglichst rasche Umsetzung der Auffrischungsimpfungen sowie (unter Einbindung des Innenministeriums) die Kontrolle der bestehenden Maßnahmen.

Stufenplan von Ereignissen überrollt

Eigentlich sollte am Montag erst der zweite von insgesamt fünf Verschärfungsschritten im „Stufenplan“ der Regierung schlagend werden. Dann würden „Wohnzimmertests“ nicht mehr als 3-G-Nachweis akzeptiert. Und zu Veranstaltungen mit über 500 Personen ohne fixen Sitzplatz hätten Ungeimpfte keinen Zutritt mehr, ebenso wenig zur Nachtgastro.

Tatsächlich dürfte die Realität die Pläne der Regierung aber überrollen. Denn das Prognosekonsortium erwartet für Montag 400 CoV-Patienten in den Intensivstationen. Damit tritt automatisch die dritte Stufe in Kraft, mit der alle Antigen-Tests ihre Gültigkeit verlieren (2,5-G-Regel). Ab 500 Intensivpatienten würde dann die vierte Stufe schlagend: Ab dieser hätten Ungeimpfte keinen Zutritt mehr zu Gastronomie, Hotels, Veranstaltungen und Freizeiteinrichtungen. Dann wäre ein Viertel aller in Österreich verfügbaren Intensivbetten mit CoV-Infizierten belegt.

Zusätzliche Testpflicht?

Angesichts der steigenden Zahl an Impfdurchbrüchen wird allerdings auch zunehmend über eine zusätzliche Testpflicht für Geimpfte und Genesene diskutiert. So müssen Besucher in Wiener Krankenhäusern mittlerweile einen gültigen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf – und zwar auch, wenn sie geimpft sind.

Was Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) den Ländern am Freitag vorschlagen wird, ist noch offen. Seine Sprecherin meinte auf APA-Anfrage vorerst nur, man werde sich am bundesweiten Stufenplan orientieren. Dort werde die Richtung vorgegeben. Bezüglich der Impfdurchbrüche verwies die Sprecherin einmal mehr auf die Bedeutung der Auffrischungsimpfungen.

Ampel: Ganz Österreich ist rot

Überdies ist ganz Österreich auf der CoV-Ampel wieder rot. Das heißt, im gesamten Bundesgebiet herrscht ein sehr hohes Risiko. Das geht aus dem Arbeitsdokument der zuständigen Kommission hervor, das der APA vorliegt. In der vergangenen Woche waren Wien und das Burgenland noch orange geschaltet gewesen.