Demonstranten in Kostümen in Glasgow beim Klimaprotest
AP/Scott Heppell
„Klimagerechtigkeit jetzt“

Globale Demos verstärken Druck auf COP26

Abertausende Menschen in aller Welt haben ihrer Forderung nach mehr Klimaschutz mit großen Protestaktionen neuen Nachdruck verliehen. Unter anderem forderten sie „Klimagerechtigkeit jetzt“. Im Zuge eines globalen Aktionstages zogen am Samstag allein Zehntausende Demonstrantinnen und Demonstranten durch das schottische Glasgow, wo seit einer Woche die Weltklimakonferenz (COP26) stattfindet.

Ausgestattet mit Bannern, Flaggen und Schildern mit Klimabotschaften sowie Regenjacken gegen das britische Wetter forderten die dortigen Protestteilnehmer zur Halbzeit der Konferenz mehr Klimagerechtigkeit für Menschen in ärmeren Weltregionen.

Die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate berichtete vor ihren Mitdemonstranten davon, wie die Klima- und Umweltkrisen schon heute immense Probleme in ihrer Heimat bereiteten. „Viele Schulen werden von Extremwetterereignissen zerstört“, sagte sie am späten Nachmittag vor der Menge. Bei den Krisen gehe es nicht nur um Wettermuster, Klimaziele und Statistiken.

„Geht um echte Menschen“

„Bei der Klima- und Umweltkrise geht es um Menschen, echte Menschen“, unterstrich Nakate. „Echte Menschen wie du und ich.“ Man müsse die Staatenlenker auffordern, damit aufzuhören, sinnlose Gipfel abzuhalten und stattdessen sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen.

Während der Himmel über Glasgow zuvor etwas aufgeklart war, sprachen die Organisatorinnen und Organisatoren der „COP26 Coalition“ von mehr als 100.000 Teilnehmern bei dem Protestmarsch in der schottischen Großstadt. Die Polizei teilte keine Schätzung zur Teilnehmerzahl mit. Auch anderswo in der Welt kamen viele tausend Menschen für Klimademos zusammen, nach Schätzungen der Organisatoren in Amsterdam zum Beispiel um die 40.000.

„Ära der Ungerechtigkeit ist vorbei“

Auch in zahlreichen britischen Städten wurde massenhaft demonstriert. „Systemwandel, nicht Klimawandel!“, stand auf einem großen Banner an der Spitze eines Protestmarsches in London. Ähnliche Botschaften fanden sich auch anderswo. Überall riefen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zudem einen der bekanntesten Slogans der Klimabewegung: „Was wollen wir? Klimagerechtigkeit! Wann wollen wir sie? Jetzt!“ Mehr als 300 Aktionen waren nach Angaben der Veranstalter für den Samstag rund um den Globus geplant gewesen.

„Die Ära der Ungerechtigkeit ist vorbei“, schrieb die „COP26 Coalition“, die ein Netzwerk verschiedener Organisationen und Kampagnen darstellt, auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. „Wir brauchen Klimaschutz, der für alle funktioniert, nicht nur für die Leute mit dem meisten Geld in der Tasche.“

Viele Staaten etwa in Afrika, Asien und Südamerika spüren die Klimakrise bereits heute sehr stark – obwohl diese Länder mit ihren weitaus geringeren Emissionen deutlich weniger zum Klimawandel beigetragen haben als Industriestaaten wie Deutschland und die USA. Die Klimabewegung „Fridays for Future“ fordert deshalb, dass reichere Staaten entscheidend mehr für das Klima tun und zudem genügend Geld bereitstellen, damit ärmere Länder mit den Folgen des Klimawandels fertig werden können.

Demonstranten in Glasgow beim Klimaprotest
AP/PA/Andrew Milligan
Die Proteste erhöhen den Druck auf die Delegierten, bei der Konferenz statt Versprechen echte Ergebnisse zu liefern

Ruf nach mehr Stimmen für Afrika

Passend dazu rief der britische Schauspieler Idris Elba („Luther“) auf der Klimakonferenz dazu auf, die Stimme schwarzer Menschen in der Klimadebatte stärker zu berücksichtigen. Politiker und Medien würden riskieren, einen ganzen Kontinent mit „zentraler Bedeutung für die Lösung“ der Klimakrise außen vor zu lassen, wenn sie die Stimmen afrikanischer Menschen nicht in die öffentliche Debatte einbezögen, sagte der 49-Jährige in Glasgow auf einer Veranstaltung zur nachhaltigen Lebensmittelproduktion.

Elba ist wie seine Frau Sabrina „Botschafter des guten Willens“ für den UNO-Hilfsfonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD). Wie er betonte auch Nakate, dass der globale Süden „an vorderster Front der Klimakrise und Versorgungskrise“ stehe. Das spiegle sich aber nicht auf den Titelseiten der Zeitungen wider, kritisierte sie.

Nakate hatte den Medien vergangenes Jahr Rassismus vorgeworfen, weil sie aus einem Foto mit anderen prominenten Klimaaktivistinnen wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer herausgeschnitten worden war. Auch Elba bezog sich auf dieses Foto, das 2020 beim Weltwirtschaftsforum in Davos entstanden war: Die Medien würden „nicht nur Vanessa herausschneiden, sondern einen ganzen Kontinent“, sagte er.

Ringen um Maßnahmen für 1,5-Grad-Ziel

Bei der COP26 ringen rund 200 Staaten in Glasgow darum, wie das Ziel noch erreicht werden kann, die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß von maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Geplantes Ende der Konferenz ist der 12. November.

Bereits am Freitag hatten Tausende Menschen bei einer Klimademo in Glasgow mehr Tempo von den Staaten beim Klimaschutz gefordert. Die führende Klimaaktivistin Thunberg aus Schweden hatte in einer Rede vor den Demonstranten erneute Kritik an der Konferenz geäußert. Es handle sich um „ein Greenwashing-Festival des globalen Nordens, eine zweiwöchige Feier des Business as usual und des Blablabla“, sagte sie.