Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP)
APA/Michael Gruber
Kanzler an Ungeimpfte

Weihnachten wird „ungemütlich“

Laut Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) werden der Winter und Weihnachten für Ungeimpfte „ungemütlich“. Ein Lockdown für Ungeimpfte sei, wie es aussehe, „vermutlich unvermeidbar“, sagte der Kanzler am Donnerstag. In Oberösterreich soll ein solcher bereits am Montag in Kraft treten, wie Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) nun ankündigte – am Vortag hatte er das noch ausgeschlossen.

Gemeinsam mit Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) warb Schallenberg neuerlich für das Impfen. Einem Lockdown für Geimpfte erteilte er erneut eine Absage: „Ich sehe nicht ein, dass zwei Drittel ihrer Freiheit verlustig gehen, weil ein Drittel zaudert“, so Schallenberg. Das wäre nicht nachvollziehbar, würde den Impfanreiz zerstören, und er sehe „auch demokratiepolitisch“ nicht ein, warum sich die Mehrheit von der Minderheit „in Geiselhaft“ nehmen lassen sollte.

Man stehe angesichts des dynamischen Infektionsgeschehens gemäß dem Stufenplan wenige Tage davor, einen Lockdown für Ungeimpfte (Stufe fünf) verhängen zu müssen. Stufe fünf tritt dann in Kraft, wenn die kritische Grenze von 600 belegten Intensivbetten österreichweit erreicht wird.

„Wir sehen einem Winter und Weihnachten unter 2-G entgegen“, machte Schallenberg klar. Ein Lockdown für Ungeimpfte sei eine „sehr harsche Maßnahme“, aber offenbar notwendig. Man werde hier zudem den Kontrolldruck weiter verschärfen. Schallenberg appellierte aber auch an die Eigenverantwortung, es gehe um die eigene Gesundheit. Er hoffe, dass die „Drohkulisse“ Wirkung zeige.

Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen?

Man sei mit den Maßnahmen „sicher noch nicht am Ende der Fahnenstange“, sagte der Bundeskanzler. Man werde etwa eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen diskutieren. Internationale Vergleiche zeigten, dass nur die Impfung den erhofften Erfolg bringe. In Österreich sei die Impfquote weiter „beschämend niedrig“.

Sowohl Schallenberg als auch Wallner betonten die Bund-Länder-Abstimmung als zentral in der Pandemiebekämpfung. Hier sei in der Öffentlichkeit ein falsches Bild entstanden, so Schallenberg über die Gespräche von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) mit den Landeshauptleuten Thomas Stelzer und Wilfried Haslauer (beide ÖVP) aus Oberösterreich und Salzburg.

Stelzer nun doch für Lockdown für Ungeimpfte

„Die Situation ist dramatisch, daher lösen wir die fünfte Stufe des Stufenplans des Bundes aus“, sagte Stelzer indes. Ab Montag gebe es daher einen Lockdown für Ungeimpfte, „sofern es rechtlich ein grünes Licht vom Bund gibt bzw. der Bund die Rechtsgrundlage schafft“, so Stelzer. Auch soll es eine FFP2-Masken-Pflicht in sämtlichen Innenbereichen geben, Veranstaltungen werden ausnahmslos abgesagt – mehr dazu in ooe.ORF.at .

Streit über Lockdown

Geht es nach Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (ÖVP), dann soll es einen regionalen Lockdown für Ungeimpfte geben, doch die betroffenen Bundesländer Oberösterreich und Salzburg legen sich quer.

Am Vortag war Mückstein mit seinem Vorschlag, regionale Lockdowns für Ungeimpfte in den beiden stark pandemiebetroffenen Ländern einzuführen, noch abgeblitzt. Stelzer und Haslauer hätten einen klaren Blick auf die Möglichkeiten in ihren Bundesländern, die Gespräche zwischen Bund und Landeshauptleuten würden am Freitag fortgesetzt, so Schallenberg. Wallner betonte, man müsse sich in Bund und Ländern in eine möglichst einheitliche Richtung bewegen, „gemeinsame Sprache, gemeinsame Kommunikation“.

„Wir können diese Welle brechen, gemeinsam“

Es müsse alles getan werden, um einen General-Lockdown zu verhindern, denn dieser würde nicht nur Geimpfte treffen, sondern auch den Wirtschaftsaufschwung bremsen, so Wallner. Für ihn ist eine möglichst rasche dritte Dosis „das alles Entscheidende“, um die vierte Welle zu brechen. Auch in Vorarlberg gingen die Prognosen nach oben, auch wenn die Lage auf den Intensivstationen derzeit noch etwas ruhiger sei. Schallenberg zeigte sich trotz der Dynamik der Pandemie zuversichtlich: „Wir können diese Welle brechen, gemeinsam.“

Beratungen auch am Freitag

In Salzburg und Oberösterreich fanden indes erneut Beratungen statt. Über den Tag verteilt tagen dem Gesundheitsministerium zufolge zudem Fachleute aus dem Ministerium und den Ländern „in diversen Settings“. Am Nachmittag fand auch die routinemäßige Sitzung der CoV-Ampelkommission statt.

Die Expertengespräche werden laut Mücksteins Büro am Freitagvormittag fortgeführt. In den Mittagsstunden ist erneut eine Videokonferenz des Ministers mit den Landeshauptleuten aus Oberösterreich und Salzburg geplant. Nach diesem Termin sollen auch Details wie die rechtliche Umsetzung bekanntgegeben werden, hieß es aus Mücksteins Büro zur APA auch.

Gefragt, ob der Minister bei seinen Forderungen gegenüber den beiden Bundesländern bleibt, hieß es aus dem Ressort zuvor, Mückstein wolle jetzt gemeinsam mit den Bundesländern „Maßnahmen für die Sicherheit der Menschen finden“ – daher fänden derzeit „intensive Gespräche“ statt.

Stelzer und Haslauer ließen Mückstein abblitzen

Stelzer und Haslauer hatten sich am Mittwoch nach einer ersten Videokonferenz mit Mückstein gegen dessen Vorschlag eines Vorziehens der Stufe fünf des Stufenplans in den beiden Ländern ausgesprochen. In Oberösterreich stelle sich die Frage, ob die Entwicklung auf den Intensivstationen tatsächlich ein Vorziehen der Stufe fünf notwendig mache, meinte Stelzer da noch.

Beide Landeshauptleute verwiesen außerdem auf die erst vor Kurzem eingeführte 2-G-Regel, diese komme einem Lockdown für Ungeimpfte schon sehr nahe, so Haslauer. „Ein tatsächlicher Lockdown würde bedeuten, das Haus nur mehr für notwendige Einkäufe, Spaziergänge und die Arbeit verlassen zu dürfen. Das ist schwierig bis gar nicht zu kontrollieren“, sagte er am Mittwochabend. Schallenberg war am Mittwoch bei den Gesprächen nicht dabei.

Landesrätin Gerstorfer zur CoV-Lage in OÖ

Die SPÖ-Vorsitzende Oberösterreichs und Landesrätin Birgit Gerstorfer plädiert dafür, mit allen Mitteln die derzeit steigenden CoV-Zahlen im Bundesland eindämmen, notfalls auch mit einem regionalen Lockdown.

Dazu sagte am Abend die oberösterreichische SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer in der ZIB2, es sei „etwa befremdlich“, dass bei dem Treffen nur ein weiteres Treffen herausgeschaut habe.

Rufe nach Ausweitung der Maskenpflicht

Bei der Konferenz der Landesgesundheitsreferenten forderten die Verantwortlichen am Donnerstag zudem eine Ausweitung der FFP2-Masken-Pflicht. Es solle eine „österreichweit einheitliche“ Regel geben, sagte Tirols Landesrätin Annette Leja (ÖVP). „So wie die Situation jetzt ist, schreit sie nach weiteren Maßnahmen“, sagte der Wiener Stadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Hinsichtlich regionaler Lockdowns wurde auf den Stufenplan der Bundesregierung verwiesen. Die Entscheidung, ob ein regionaler Lockdown für Ungeimpfte kommen soll, liege beim Bund, meinte Leja. Offen war laut Hacker aber nun, wie dieser Lockdown genau ausgestaltet sein soll.

Rendi-Wagner bei regionalen Lockdowns skeptisch

Skeptisch in puncto regionaler Lockdowns für Ungeimpfte zeigte sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Außerdem würden Experten deren Wirksamkeit bezweifeln: Jede Regel sei nur so gut, wie sie kontrolliert und eingehalten werde, meinte sie mit Verweis auf die gerade in Kraft getretene 2-G-Regel. Ganz ausschließen wollte sie einen Lockdown für alle nicht. Bevor man aber Maßnahmen wie diese oder eine Impfpflicht andenke, müssten zuvor alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

FPÖ gegen Lockdowns, NEOS für Mückstein-Rücktritt

Ein Lockdown für Ungeimpfte kommt für die FPÖ nicht infrage: „Wollen Sie dann vor jedes Haus eines Ungeimpften einen Polizisten stellen?“, fragte FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Man lehne Lockdowns auch generell ab. Auch Verschärfungen in den Schulen goutiert Belakowitsch keineswegs: Es sei ein „Wahnsinn“, wenn man schon wieder beginne, die Kinder in den Schulen „zu quälen“.

NEOS geht noch weiter und fordert den Rücktritt Mücksteins. „Gerade durch die weitreichenden Kompetenzen, die der Gesetzgeber dem Gesundheitsminister eingeräumt hat, hätte Mückstein nicht nur handeln können, sondern auch handeln müssen“, so der stellvertretende Klubobmann Gerald Loacker in einer Aussendung. „Sich auf fehlendes Durchsetzungsvermögen zu berufen, entspricht daher einer Kapitulation.“ Einen weiteren Lockdown lehnt er ab.