Straßenszene mit Passanten
ORF.at/Dominique Hammer
Keine Linie in Koalition

Politgeplänkel über Maßnahmen dauert an

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Montag in einer ZIB Spezial sein Regierungsteam dazu aufgerufen, eine einheitliche Linie zu vertreten: „Wir müssen gemeinsam sprechen.“ In den vergangenen Tagen war das bei ihm und insbesondere Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nicht immer der Fall gewesen.

Schallenberg bekräftigte Montagabend – wie zuvor schon im Ö1-Morgenjournal – seine Ablehnung der von Mückstein vorgeschlagenen nächtlichen Ausgangssperre für alle. Die Regierung habe nicht einmal vor 24 Stunden weitgehende Beschlüsse gefasst, und er könne sich nicht vorstellen, dass man jetzt von einem großen – geimpften – Teil der Bevölkerung Solidarität verlange. „Ich will die Ungeimpften zur Impfung bringen und nicht die Geimpften einsperren.“ Das sei auch das gemeinsame Ziel der Regierung.

Schallenberg: „Wir haben gestern gemeinsam mit dem Koalitionspartner und mit allen Landeshauptleuten einen sehr weitreichenden, sehr einschneidenden Schritt gefasst. Den gilt es jetzt umzusetzen, den gilt es jetzt zu kontrollieren und zum Erfolg zu führen. Und das ist meine Linie und das ist Klarheit.“

Das Zusperren der Gastronomie bringe soziale und wirtschaftliche Nachteile, trage aber nur wenig zur Dämpfung der Pandemie bei. Das einzige Mittel, aus „diesem Teufelskreis“ herauszukommen, sei die Impfung. „Jeder Ungeimpfte wird sich früher oder später infizieren“, sagte Schallenberg und wünschte „bei dieser Gelegenheit“ dem infizierten FPÖ-Chef Herbert Kickl und seiner Familie eine rasche Genesung.

Drei Säulen der Pandemiebekämpfung

Der Kampf gegen die Pandemie stehe derzeit auf drei Säulen: 3-G am Arbeitsplatz, 2-G in der Freizeit und Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte. Geimpfte mit weiteren Einschränkungen zu belegen könne er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Das sagte Bundeskanzler Alexander Schallenberg im großen ZIB-Interview – wohl auch in die Richtung von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), der eben nächtliche Ausgangsbeschränkungen für alle vorgeschlagen hat.

Schallenberg: Kein weiterer Gipfel am Mittwoch

Skeptisch äußerte sich der Kanzler zu einer Impfpflicht für alle. Für besondere Berufe etwa im Gesundheitsbereich könne er sich das vorstellen, aber nicht für alle. „Ich setze weiterhin auf Überzeugung und Anreize, und leider Gottes braucht es auch eine gewisse Drohkulisse.“ Die gestiegene Impfzahl der letzten Tage zeige, dass das funktioniere.

Schallenberg stellte zudem klar, dass es am Mittwoch keinen neuerlichen Beratungsgipfel geben werde – einen solchen hatte Mückstein am Sonntagabend in der ZIB2 angekündigt und dabei mögliche weitere Verschärfungen in Aussicht gestellt. „Mir ist nicht bekannt, dass es einen Gipfel am Mittwoch gäbe, und daher wird es ihn auch nicht geben“, sagte der Kanzler.

Mückstein zu neuen CoV-Maßnahmen

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zu den verschärften Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus.

Ministerinnen gegen Mückstein

Im Laufe des Montags hielt das Geplänkel an. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) etwa ließ wissen, sie halte „überhaupt nichts von den Wortmeldungen des Gesundheitsministers“ und sprach sich „absolut gegen allgemeine Ausgangsbeschränkungen“ aus. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) teilte Mückstein per Aussendung zudem mit, er möge, anstatt Lockdowndrohkulissen für Geimpfte aufzubauen, „endlich Tempo bei der Medikamentenbeschaffung machen“.

Ablehnung kam auch von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz. Dieser forderte hinsichtlich der Diskussion über die Sperre der Nachtgastronomie: „Schluss mit der Verwirrung!“ Erst am Sonntag hatten die Länder gemeinsam mit der Bundesregierung weitere Maßnahmen beschlossen. „Und jetzt am nächsten Tag wieder andere Maßnahmen zu diskutieren, das halte ich für eine sehr schwierige Angelegenheit“, immerhin dauere es einige Tage, bis die Verschärfungen anhand der Zahlen ihre Wirkung zeigen.

Kogler: „Volle Unterstützung“ für harte Maßnahmen

Zur Unterstützung von Mückstein rückte dann Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler aus. „Die Lage ist dramatisch. Wir sind inmitten der vierten Welle, die Infektionszahlen steigen, immer mehr Menschen leiden in der Folge auf den Intensivstationen“, teilte Kogler in einer Aussendung mit.

Der Lockdown für Ungeimpfte könnte nach Meinung von Experten unzureichend sein. „Deshalb gilt es jetzt, die nächsten Schritte vorzubereiten.“ Es sei Aufgabe des Gesundheitsministers, die Gesundheit der Menschen in Österreich und das Gesundheitssystem zu schützen. Auf das zu hören, was die Wissenschaft sagt, und auch unpopuläre Maßnahmen vorzubereiten und auf den Tisch zu legen. „Dafür hat er meine volle Unterstützung.“