Plenarsaal im Ausweichsquartier des Parlaments
ORF.at/Roland WInkler
Regierungsinserate

Opposition macht Druck für Neuregelung

Eine Neuordnung der Inseratenvergabe durch die Regierung sowie der Presseförderung haben die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS nun gemeinsam gefordert. Auslöser ist die Inseratenaffäre rund um den zurückgetretenen ÖVP-Chef und Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Die FPÖ sieht in der Reform der Inseratenvergabe auch eine Nagelprobe für die Grünen.

Nächste Woche soll nun ein – unverbindlicher – Entschließungsantrag der Opposition im Parlament eingebracht werden. Darin heißt es: „Die Hausdurchsuchungen im Umfeld des deswegen zurückgetretenen ehemaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz haben eindrucksvoll bewiesen, wie staatliche Inseratenpolitik zur Einflussnahme auf Medien benutzt wurde.“

Aufgrund der Vorkommnisse müssten sowohl die Inseratenvergabe als auch die Medienförderung „auf neue Beine gestellt und der Inseratenkorruption ein Riegel vorgeschoben werden“, wie es in dem nun der APA vorliegenden Papier heißt. Die Oppositionsparteien kritisieren darin das derzeitige System als „wettbewerbsverzerrend und intransparent“.

Auch bei der „sehr gering dotierten und unverändert niedrigen Presseförderung“ gebe es Reformbedarf. Die Presseförderung solle „zu einer plattformunabhängigen Medienförderung umgebaut werden, mit dem Ziel, die Unabhängigkeit der Medien, die Pressefreiheit und Medienvielfalt zu sichern“.

„Transparente öffentliche Datenbank“

Laut dem Antrag sollen Inserate künftig „nur zur Erfüllung eines Informationsbedürfnisses der Bevölkerung geschaltet werden“, zudem solle das Inseratenvolumen „nachhaltig reduziert werden“. Um unabhängigen Journalismus zu fördern, wird eine „plattformunabhängige Medienförderung“ gefordert, „die nach klaren Kriterien vergeben wird“.

Weiters sollen Inserate von staatlichen Stellen „in einer transparenten, öffentlichen Datenbank nachvollziehbar und dauerhaft einsehbar sein und dürfen nicht nach zwei Jahren gelöscht werden“. Darüber hinaus solle die RTR laufend „transparente und leicht zugängliche Auswertungen, die auch Darstellungen der längerfristigen Entwicklungen der gemeldeten Zahlen umfassen, öffentlich zugänglich machen“.

Jährlicher Bericht an Nationalrat gefordert

Abschließend umfasst die Forderung einen jährlichen „Transparenzbericht“, der dem Nationalrat von der Bundesregierung vorgelegt werden soll. „Ziel muss sein, die Unabhängigkeit von Medien und die Medienvielfalt zu stärken“, so SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried, der dazu auch einen Konvent zur Medienfreiheit vorschlägt, bei dem mit Expertinnen und Experten sowie der Zivilgesellschaft Ziele und Lösungen diskutiert werden.

FPÖ sieht „Nagelprobe“ für Grüne

Auch FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker fordert einen Fokus auf „Unabhängigkeit, Transparenz und Objektivität“. Der gemeinsame Antrag sei „die Nagelprobe für ÖVP und Grüne: Stimmen sie nicht zu, wissen wir, dass das türkise System des Medienkaufs weiter betrieben werden soll“.

„Die vierte Säule bröckelt gewaltig und wir erleben nun die Auswirkungen einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Medienpolitik“, kritisiert auch NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter und fordert „die besten Rahmenbedingungen für eine vielfältige Medienszene“ und „eine ordentliche Presse- und Medienförderung“, die kanalunabhängig sei und journalistische Qualität unterstütze.

Medienagenden wandern von Nehammer zu Raab

Bei der Umstrukturierung in der Bundesregierung sind zuletzt auch die Medienagenden gewandert. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gab die Medienagenden an Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) ab, wie „Der Standard“ zuerst berichtete und der APA von Raabs Sprecher bestätigt wurde. Sie ist damit künftig für Frauen, Familie, Integration und Medien zuständig.

Für die Medienagenden existiert eine eigene Stabsstelle im Bundeskanzleramt. Als Medienbeauftragter im Kanzleramt agierte zuletzt Shilten Palathunkal, der Gerald Fleischmann im Zuge der Inseratenaffäre ablöste. Auch gegen den Kurz-Vertrauten Fleischmann ermittelt die WKStA. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Die Zukunft der Stabsstelle und des Medienbeauftragten ist derzeit offenbar ungewiss, wie die APA vernahm.

Mehrere Baustellen

Auf Raab kommen mehrere gewichtige Entscheidungen im Medienbereich zu. So wurde etwa eine ORF-Digitalnovelle für 2022 in Aussicht gestellt. Die „Wiener Zeitung“ benötigt ein neues Geschäftsmodell, um nach Abschaffung der Pflichtveröffentlichung in gedruckter Form im Amtsblatt wirtschaftlich überleben zu können. Nicht zuletzt intensivierten sich nicht nur bei der Opposition die Rufe nach einer Neuordnung der Medienförderung und der Inseratenvergabe öffentlicher Stellen.