Impfzentrum im Stephansdom
Reuters/Leonhard Foeger
Impfpflicht

Regierung verweist auf Kommission

Das Gesetz zur Impfpflicht sieht eine ständige Lagebewertung durch Fachleute vor – dafür soll es eine eigene Kommission geben. Sollte sich diese für ein Aussetzen der Impfpflicht aussprechen, werde man das auch tun, so Bundeskanzler Karl Nehammer und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) am Sonntag. Am Mittwoch soll es zunächst neue Beratungen von Bund und Ländern geben.

Die Impfpflicht kommt in Begleitung einer Expertenkommission, die im Bundeskanzleramt angesiedelt sein wird. Das Gremium ist bisher noch nicht ernannt, was auch Anlass zur Kritik gab. Die Fachleute sollen regelmäßig bewerten, ob die gerade in Kraft getretene Impfpflicht noch verhältnismäßig ist. Zuletzt waren die Stimmen vor allem aus den Bundesländern lauter geworden, die die Impfpflicht in Zweifel zogen. Die Omikron-Variante bringe die Intensivstationen nicht unter Zugzwang, daher sei die Impfpflicht eventuell überschießend.

Tirols Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger etwa sagte im ZIB2-Interview am Sonntagabend, man habe durchaus eine Verschnaufpause und solle abwarten, bis die Omikron-Welle abgeklungen ist. „Man muss wachsam sein, man darf aber auch nicht überreagieren.“ Er plädierte an die Eigenverantwortung und empfahl, eine Werbekampagne für das Impfen zu starten. Wenn das fruchtet, könne die Impfpflicht ausgesetzt werden. „Auch das breite Testen asymptomatischer Personen findet keinen Mehrwert“, so Wechselberger.

Ärztekammer-Präsident Tirols zur Impfpflicht

Tirols Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger spricht sich für das Aussetzen der Impfpflicht aus.

Die Bundesregierung blieb in der vergangenen Woche hingegen beim vorgegebenen Plan. Im Hinblick auf mögliche kommende Virusvarianten sei die Impfpflicht weiter nötig. Am Mittwoch finden Beratungen zwischen der Bundesregierung und den Landeshauptleuten statt. Da wird die Impfpflicht wohl auch Thema sein.

Impflotterie ist Geschichte

Nehammer sagte am Sonntag zur „Krone“, er schließe ein Aussetzen der Impfpflicht nicht aus, wenn sich die Fachleute dafür aussprechen sollten. Das Gesetz werde ohnehin ständig evaluiert, „genau das fordern jetzt die Landeshauptleute“. Solange die Kommission sage: „‚Ja, das Impfen ist das probate Mittel‘, bleibt die Impfpflicht natürlich aufrecht“, so der Kanzler. Wenn aber die Fachleute der Regierung vorschlagen, das Gesetz abzusagen, werde man das tun.

Nehammer sagte allerdings die Impflotterie endgültig ab und schlug vor, das dafür vorgesehene Geld Menschen zukommen zu lassen, die in der Pandemie viel geleistet haben. Konkret nannte er das Gesundheits- und Pflegepersonal, aber auch die Bundesheersoldaten und die Polizei. Er sei diesbezüglich in Gesprächen mit dem Koalitionspartner. „Die Impflotterie war ein Wunsch der Sozialdemokratie. Sie wollte diesen persönlichen Motivationsbonus, und sie wollte, dass der ORF das abwickelt. Für mich war es selbstverständlich, auf den Wunsch einzugehen. Aber so, wie sich die Sozialdemokraten das vorgestellt haben, ist sie nicht durchführbar. Das ist schade, aber kein Beinbruch“, so Nehammer.

Schramböck zur Impfpflicht

Die SPÖ widersprach Nehammers Darstellung in der Folge heftig. Man habe bereits im Herbst Impfprämien vorgeschlagen, sei aber in der Regierung damit auf Ablehnung gestoßen. Die Impflotterie sei eine Kompromisslösung gewesen, so Joachim Preiss, Klubdirektor im SPÖ-Parlamentsklub per Aussendung. „Der Vorschlag der Impflotterie mit dem ORF kam von der Regierung“, die auch die Umsetzungsmöglichkeit bejaht habe. „Die Aussagen von Karl Nehammer sind daher falsch“, so das Fazit von Preiss.

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sprach sich in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ Sonntagabend dagegen aus, die für die Impflotterie gedachte Milliarde Euro an bestimmte Gruppen zu verteilen. Er ist dafür, dass man dieses Geld trotz abgesagter Lotterie dafür einsetzt, Impfanreize zu setzen. Es sei schließlich die ursprüngliche Idee gewesen, die Impfquote zu heben.

Schramböck für Ende der Gratistests

In der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag sprach sich auch Schramböck dafür aus, das Urteil der Fachleute zur Impfpflicht abzuwarten. Es sei wichtig, dieses Instrument zu haben, aber „man muss nicht stur sein“.

Drei Stufen der Impfpflicht

  • Seit Anfang Februar ist die Impfpflicht in Kraft. Alle Haushalte erhalten per Postwurfsendung Informationen.
  • Ab 16. März wird die Impfpflicht zu einem Kontrolldelikt. Wird jemand etwa bei Verkehrskontrollen als ungeimpft registriert, muss mit einer Anzeige gerechnet werden.
  • Sollte es epidemiologisch notwendig sein, tritt die dritte Phase in Kraft. Dann bekommen Ungeimpfte einen Impftermin zugeordnet. Bei Nichteinhaltung werden automatisierte Impfstrafverfügungen ausgestellt. Ein Startdatum für die dritte Phase gibt es derzeit nicht.

Sie selbst habe sich im vergangenen November für die Impfpflicht ausgesprochen, damals sei die Delta-Welle am Höhepunkt gewesen. Um Gesetze auf den Weg zu bringen, brauche es eben eine gewisse Zeit. Das Virus verändere sich zudem ständig, daher sei Flexibilität gefragt. Die Expertinnen und Experten der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO) sowie die angedachte Kommission würden dazu die wissenschaftlichen Grundlagen liefern, auf dieser Basis könne man dann entscheiden. „Das gibt das Gesetz ja auch her“, so Schramböck.

Schramböck sprach sich ebenfalls für ein Ende der kostenlosen CoV-Tests aus. Es gebe eine Gratisimpfung für alle und „man wird der Mehrheit auf Dauer nicht erklären können, warum sie die Tests für die Minderheit zahlen soll“. Das derzeitige Testregime laufe noch bis Ende März. „Danach kann es schon sein, dass wir da Schritte setzen“, so Schramböck. „Ich wäre schon dafür.“ In Hinblick auf die Beratungen am Mittwoch plädierte die Ministerin für ein Überdenken der unübersichtlichen Zutrittsregeln. Sie setze stark darauf, nur mehr die FFP2-Maskenpflicht anzuwenden. Bei der Nachtgastronomie müsse man aber wohl vorsichtiger vorgehen.

Impflotterie kommt nicht

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kann sich im Interview mit der „Krone“ vorstellen, die Impfpflicht auch auszusetzen, wenn es die Fachleute der Regierung empfehlen. Die geplante Impflotterie sagt der Kanzler nun endgültig ab.

Grüne warten auf Evaluierung

Auch die Grünen meldeten sich am Sonntag zur Impfpflicht zu Wort. Klubchefin Sigrid Maurer betonte in einem Kommentar in der „Kleinen Zeitung“, dass „wir unsere Entscheidungen weiterhin auf Basis wissenschaftlicher Evidenz treffen und langfristig planen“. Ein zentraler Kontrollmechanismus sei im Gesetz verankert: „Es wird laufend evaluiert, ob die Impfpflicht noch notwendig und verhältnismäßig ist – aufgrund der jeweils aktuellen Situation und mit Blick auf die kommenden Wochen und Monate. Dafür wird eine Kommission aus medizinischen und juristischen Expertinnen und Experten eingesetzt, die in den nächsten Tagen ihre Arbeit aufnehmen wird.“

Die Bundesländer informierten unterdessen über die Einrichtung ihrer Onlineplattformen zur Impfpflichtbefreiung, die am Montag online gehen. Da es der Bund nicht geschafft hat, eine solche einheitliche Plattform einzurichten, werden Anträge auf Befreiung von der Impfpflicht von den Bundesländern verwaltet – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.