Peschorn in ÖVP-U-Ausschuss: Netzwerke gegen Republik

Der ÖVP-Untersuchungsausschuss hat heute den Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, befragt. In seiner einleitenden Stellungnahme kam der „Anwalt der Republik“ auf Netzwerke, die den Interessen der Republik entgegenstehen, und Ermittlungen wegen der verspäteten Aktenlieferung vonseiten des Finanzministeriums an den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss zu sprechen.

Wolfgang Peschorn im ÖVP Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) konnte keinen Anfangsverdacht gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Peschorn feststellen. Von der Anfangsverdachtsprüfung sei er nicht informiert worden – zudem habe er nicht als Privatperson in der verspäteten Aktenlieferung gehandelt, sondern als Finanzprokuratur.

„Physisch Akten“ geliefert

Er sei Anfang März 2021 vom Finanzministerium kontaktiert worden. Das Ressort habe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) als „große Herausforderung“ gesehen. Peschorn habe anschließend Kontakt mit dem damaligen (und heutigen) Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl aufgenommen – zu einem Ergebnis sei man aber nicht gekommen.

Anschließend wurden vom Finanzministerium „physisch Akten“ geliefert, dennoch gab es weiter Dissens über den Umfang der Aktenlieferung. Weshalb es am Ende zu einer Exekution im Finanzministerium kam. Auf die SPÖ-Frage, warum die Akten nicht gemäß Entscheidung des Höchstgerichts früher geliefert wurden, erwiderte Peschorn rechtliche Bedenken in der Praxis.

SPÖ: „Falsche Rechtsansicht“

Dass der VfGH entschied, dass die E-Mail-Postfächer geliefert werden müssen, sei das eine, betonte Peschorn, die praktische Umsetzung des Erkenntnisses das andere. Die rechtlichen Gutachten, die im Auftrag des Finanzressorts in Wert von 180.000 Euro beauftragt wurden, seien für seine Beratung jedenfalls nicht entscheidend gewesen.

SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer qualifizierte Peschorns Rechtsansicht mehrmals als „falsch“ – denn der VfGH habe eine klare Entscheidung getroffen. Das Verhältnis zwischen Peschorn und Krainer war während der gesamten Befragung äußerst angespannt.

Von Beinschab-Studien aus Medien erfahren

Von der Inseratenaffäre – Stichwort Studien von Sabine Beinschab im Auftrag des Finanzministeriums – habe er, Peschorn, aus den Medien erfahren und dem Finanzressort eine Prüfung der internen Vorgänge empfohlen. Die WKStA geht dem Verdacht nach, dass – grob gesagt – Inserate für die ÖVP mit öffentlichen Mitteln bezahlt wurden.

Den Rohbericht der internen Revision habe er eingeschaut, ein kurzer Bericht sei dann im Dezember in einem Hintergrundgespräch präsentiert worden. Die Untersuchung sei noch nicht abgeschlossen. „Die Unterlagen, die ich kenne, reichen nicht aus, um einen ordentlichen Beschaffungsauftrag nachzuvollziehen“, so die Auskunftsperson.

Dass der detailliertere Anhang der internen Prüfung nicht veröffentlicht wurde, begründete Peschorn mit laufenden Ermittlungen und dessen Beratungen für das Finanzministerium. Er verstehe zwar das Informationsbedürfnis der Medien und Öffentlichkeit, dieses widerspreche aber der Notwendigkeit, Ermittlungen in Ruhe zu führen.

Peschorn: Hohe Kosten für Republik

Im Zuge der Ermittlungen rund um die Inseratenaffäre seien auch hohe Kosten bei der Datensuche im Finanzministerium angefallen. Wegen einer Sicherstellungsanordnung der WKStA habe man einen „Prüfungsraster“ erstellt, um die gesuchten Daten bereitzuhalten – es sei auch um den Datenschutz gegangen, so Peschorn.

Das Ressort habe sich anschließend, im Oktober vergangenen Jahres, an die WKStA gewandt, doch diese reagierte „wochenlang“ nicht auf Anrufe – „die hat auch jede Menge zu tun“, sagte Peschorn. Ende November habe sich die Lage langsam geklärt. Um die Strafjustiz zu entlasten, seien die Kosten übernommen worden.

„Kein schwarzes, rotes oder blaues Netzwerk“

Während der Befragung sprach Peschorn über „Interessensnetzwerke“ und „Beraternetzwerke“ – wobei Netzwerke nicht per se schlecht seien, so der frühere Innenminister. Aber es gebe „Seilschaften“, deren Interessen nicht der Republik Österreich dienen würden. NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper fragte nach, was er als Innenminister unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein gegen diese „Netzwerke“ getan habe.

„Ich kann ihnen kein schwarzes, kein rotes oder blaues Netzwerk benennen“, betonte Peschorn. Es finden sich Menschen in der Politik unterschiedlicher Couleur, die bestimmte Interessen hätten. Er habe jede Vorbereitungen für Entscheidung kritisch hinterfragt und versucht, das transparent darzustellen.

„Blackbox“ und „Geheimniskrämerei“

Vor Peschorn wurde ein Mitarbeiter der Präsidentschaftskanzlei zu der verspäteten Aktenlieferung befragt. Dieser soll sich skeptisch zur Exekution geäußert haben. Für Erstaunen sorgte aber vielmehr die Geheimhaltung vonseiten der Hofburg.

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