Menschen in Wien auf der Straße
AP/Vadim Ghirda
CoV-Schätzung

Bis zu 80 Prozent in EU hatten schon das Virus

In der EU haben sich offenbar inzwischen bis zu 80 Prozent der Bevölkerung mit dem Coronavirus angesteckt. Das schätzt die Europäische Kommission unter Miteinbeziehung von nicht gemeldeten Infektionen. Die Kommission ruft die Mitgliedsstaaten auf, sich jetzt auf die nächste Phase der Pandemie vorzubereiten. In Österreich rechnet man derzeit mit einem Ende des Infektionsrückgangs.

Schätzungsweise 60 bis 80 Prozent der EU-Bevölkerung hätten sich mittlerweile infiziert, sagte am Mittwoch Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Nach Angaben der EU-Gesundheitsbehörde betreffen die gemeldeten Fälle bisher etwa 30 Prozent der europäischen Bevölkerung. Rechnet man die nicht gemeldeten Infektionen hinzu, dann könnten es bis zu 350 Millionen Menschen sein, was etwa 77 Prozent entspricht.

Da die Zahl der Infektionen und Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 zuletzt zurückgegangen sei, gehe die EU nun dazu über, nicht mehr massenhaft zu testen und Fälle zu melden, sagte Kyriakides. Es sei jedoch mit einem erneuten Auftreten von Fällen zu rechnen, da eine weitere Mutation des Virus wahrscheinlich sei.

Die Kommission forderte daher die Länder der Staatengemeinschaft auf, sich darauf vorzubereiten, wieder in den Notfallmodus wechseln zu können, und die Impfkampagnen zu verstärken. Die Brüsseler Behörde stellte am Mittwoch einen Leitfaden für den Übergang von der Notlage der vergangenen Monate und Jahre zu einem langfristigeren Umgang mit der Pandemie vor.

Aufruf zu Impfkampagnen

Konkret sollen die EU-Länder der Mitteilung zufolge die Kampagnen für Impfungen und Booster verstärken. Nur 64 Prozent der EU-Bevölkerung hätten einen Booster erhalten, und es gebe noch 90 Millionen komplett ungeimpfte Menschen in der EU, so Kyriakides. Auch solle die Impfung von Kindern vor Beginn des neuen Schuljahres weiter vorangetrieben werden. Dem Dokument zufolge liegt die Impfquote bei Kindern zwischen fünf und neun Jahren – der jüngsten Altersklasse, für die Impfstoffe zugelassen sind – in Europa bei unter 15 Prozent. Bei Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren sind es dagegen über 70 Prozent.

Gleichzeitig sollten Länder ein langfristiges System für Tests und für die Überwachung des Virus einführen, welches neben CoV auch andere Atemwegserkrankungen wie die Grippe einbeziehen könnte, so die Mitteilung. Es müsse weiter nach möglichen Virusvarianten geforscht werden. Insgesamt müssten die Gesundheitssysteme gestärkt werden, damit sie für eine nächste mögliche Coronavirus-Welle gewappnet seien.

Angepasste Impfstoffe gegen Ende des Sommers möglich

Um die Versorgung mit Impfstoffen langfristig sicherzustellen, sollen unter der Aufsicht der neuen EU-Gesundheitsbehörde HERA Kapazitäten für ihre Herstellung reserviert werden.

Kyriakides sagte auch, dass Impfstoffe, die an Varianten von CoV angepasst seien, so schnell wie möglich zugelassen werden sollten, wenn sie verfügbar seien. „Ich würde sagen, dass eine Zulassung von angepassten Impfstoffen nicht vor Ende des Sommers erwartet wird“, sagte sie. Unternehmen hätten in den letzten Monaten an solchen Impfungen gearbeitet und würden laufend Informationen über die jüngsten Entwicklungen mit der Kommission teilen.

Konstantes Niveau in Österreich erwartet

In Österreich sind es über vier Millionen Menschen, die offiziell als genesen gelten. Die Fallzahlen gehen derzeit nach wie vor zurück. Mittelfristig wird das aber nicht so weitergehen, wie das Prognosekonsortiums in seinem neuen Update vom Mittwoch schätzt. Die Infektionen dürften ein konstantes und nicht so niedriges Niveau wie in den vergangenen beiden Sommern erreichen.

„Die Fallentwicklung ist nach wie vor rückläufig, wobei sich die Geschwindigkeit des Rückgangs weiterhin leicht verringert hat. Die Prognose geht von einem allmählichen Übergang in eine konstante Fallentwicklung aus“, ist von den Fachleuten der Technischen Universität Wien, MedUni Wien und der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) zu lesen. Mit Blick auf die mittelfristige Zukunft wurde betont, dass den derzeit dämpfend wirkenden saisonalen Effekten die fortschreitende Abnahme des erworbenen Immunschutzes vor Neu- und Wiederinfektion entgegenstehe. Darüber hinaus hätten die erfolgten Lockerungen vom 16. April mittlerweile vollständig ihre Wirkung entfaltet.

Laut Prognose sollte kommenden Mittwoch die 7-Tage-Inzidenz im Bereich von 350 bis 580 Fällen je 100.000 Einwohner zu liegen kommen. Was die Situation in Österreichs Spitälern betrifft, so ist das Durchschnittsalter der Patientinnen und Patienten gestiegen. Dieser Effekt bremse derzeit den Rückgang der Spitalsbelegung, hieß es.