OGH-Vizepräsidentin Eva Marek
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ÖVP-U-Ausschuss

Eigene Chats für OGH-Vizepräsidentin „zynisch“

Der ÖVP-Untersuchungsausschuss ist in der Vorwoche im Zeichen von Postenbesetzungen in der Justiz gestanden. Als Auskunftsperson war mit Eva Marek eine Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes (OGH) geladen. Die Abgeordneten wollten mehr über ihre Karriere und ihre Chats mit Ex-ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter erfahren. Sie selbst bedauerte die Tonalität der Nachrichten und bezeichnete die Chats als „zynisch“.

Zu Beginn der Befragung wurde es etwas holprig, denn Marek wurde zum Beweisthema drei geladen, Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit. Zwischen 2014 und 2018 war Marek als Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft (OstA) Wien tätig und hätte somit auch über mögliche Interventionen berichten können. Allerdings steht Marek eher wegen im Jänner publik gewordener Chats, die den Verdacht auf Postendeals nahelegen, im Fokus. Zu Beweisthema vier (Begünstigung bei der Personalauswahl) wurde sie nicht geladen.

Im U-Ausschuss gab es diesbezüglich zwei Erzählungen. Während die einen meinten, die Postenschachervorwürfe seien zum Zeitpunkt der Ladung noch nicht bekannt gewesen, sprachen die anderen von einem „Fehler“ beim Beschluss. Letzteres ist wohl wahrscheinlicher: Denn die erste Ladung wurde Ende Jänner beschlossen, die Vorwürfe wurden wenige Tage davor publik. Bei der Befragung hieß es deshalb nicht selten, dass eine gestellte Frage vom Beweisthema nicht umfasst sei. Nichtsdestotrotz stand am Mittwoch die Karriere von Marek im Fokus.

OGH-Vizepräsidentin Eva Marek
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Eva Marek ist seit 2018 Vizepräsidentin des OGH – am Mittwoch wurde sie zu Postenbesetzungen befragt

„Selbst betroffen“ von eigenen Chats

Seit 2018 ist die Juristin Vizepräsidentin des OGH. Nach dem Bekanntwerden diverser Chats im Jänner diesen Jahres musste sie leitende Aufgaben im Höchstgericht abgeben. Die Chats legen mutmaßliche Postendeals in der Justiz nahe. Denn Marek wurde 2014 Leiterin der OStA Wien, obwohl sie nicht erstgereiht war. Rechtlich ist das legitim und kommt in einigen Fällen vor, allerdings sollten durch die Besetzung Mareks, so der Verdacht, zwei andere, nicht genehme Bewerberinnen verhindert worden sein. Im Gegenzug erwartete sich Marek offenbar, zwei Jahre später mit der Leitung der Generalprokuratur belohnt zu werden.

Weil daraus aber nichts wurde, beschwerte sie sich 2016 bei Brandstetter und verwies in Chats darauf, dass sie ihm half, die anderen Bewerberinnen, Maria-Luisa Nittel und Ilse Maria Vrabl-Sanda, „verhindert“ zu haben. Darauf im U-Ausschuss angesprochen sagte Marek, dass sie sich um den OStA-Posten selbst beworben habe, niemand habe sie dafür motivieren müssen. Aus heutiger Sicht sei der Inhalt der Chats „absolut unpassend, extrem zynisch und respektlos“. Nach eigenen Worten habe sie nach Veröffentlichung ihrer Chats „selbst betroffen“ reagiert. Nähere Details lieferte sie allerdings nicht.

Christian Ries (FPÖ)
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Mandatar Christian Ries stellt für die Freiheitlichen die Fragen

Dass sie damals auch schrieb, dass Brandstetters „Leute“ alle versorgt seien, könne sie sich „nicht erklären“. Auch an die Sätze, in welchen sie Brandstetter aufgeforderte habe, sich zwei Jahre später für die Generalprokuratur zu bewerben, könne sie sich nicht gut erinnern. Konkret hieß es in einem Chat: „Neben der unfassbaren Demütigung und dem Verlust meiner höchstgerichtliche Laufbahn habe ich schwere Gehaltseinbußen hinzunehmen. Du hast mich am Tulbingerkogel noch zur Bewerbung aufgefordert. Hast nicht einmal den Weg zum Telefon gefunden, mich vor der Schmach zu bewahren. Herzlichen Dank Eva.“

Postenbesetzungen in der Justiz

Brandstetter hatte nach Aufkommen der Chats jegliche Absprachen zurückgewiesen. Vor wenigen Wochen hatte der Ex-Justizminister im U-Ausschuss die Besetzung von Marek 2014 verteidigt. Das habe keine parteipolitischen Gründe gehabt, so Brandstetter, Marek sei die fachlich bestqualifizierte Person gewesen – gegen Mareks Expertise wurden nie Bedenken geäußert.

Zwei Jahre später – bei der Besetzung der Leitung der Generalprokuratur – sei das aber nicht mehr der Fall gewesen. Obwohl er sie nie zu einer Bewerbung ermuntert habe, „habe ich ihr sicher signalisiert, dass ich mich über ihre Bewerbung freuen würde, weil sie einfach fachlich hervorragend ist“, so Brandstetter wörtlich. Wer seine „Leute“ sind, von denen Marek sprach, wisse er nicht.

Dass die OStA-Leitung nicht das Ende der Karriereleiter von Marek war, sei auch Brandstetter bewusst gewesen, wie er sagte. Über die Stelle der OGH-Vizepräsidentin habe sie über die Ausschreibung in der „Wiener Zeitung“ erfahren, so Marek am Mittwoch im U-Ausschuss. Allerdings vermuten die Opposition und die Grünen auch hier Absprachen. Sowohl Brandstetter als auch Marek weisen die Vorwürfe zurück. Die Auskunftsperson wurde ohne Hearing und unter ÖVP-Justizminister Josef Moser OGH-Vizepräsidentin. Brandstetter sagte im U-Ausschuss, ihm fehle die Erinnerung an Details des Ernennungsvorgangs.

Corinna Scharzenberger (ÖVP)
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Corinna Scharzenberger (ÖVP) meldete sich wegen des Beweisthemas mehrmals zur Geschäftsordnung

Am Dienstag wurde bekannt, dass das Justizministerium die Bestellung der OGH-Präsidenten reformieren möchte. Für die Besetzung der OGH-Spitze soll künftig ein eigener Personalsenat geschaffen werden. Eine Novelle des Dienstrechtsgesetzes ist bereits in Begutachtung und könnte noch vor Sommer verabschiedet werden. Bisher konnte das Justizressort den Präsidenten und Vizepräsidenten direkt bestellen. Der OGH hatte die anstehende Reform selbst befürwortet.

„Kein System Pilnacek“

Die SPÖ wollte später nochmals näher auf die OGH-Bestellung Mareks eingehen. Doch Verfahrensrichterin Christa Edwards achtete darauf, dass Marek nur zum geladenen Beweisthema befragt wurde, also zur Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit. Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) warf einmal ein, dass die Auskunftsperson bei Bedarf nochmals geladen werden könne. Nach Debatten zur Geschäftsordnung und längeren Unterbrechungen (Stehung) verlief die Befragung doch noch flüssiger. Auch andere Themen wurde abgefragt.

So stellte Marek etwa ein „System Pilnacek“ innerhalb der Justiz in Abrede. „Ich kenne das Justizsystem, aber kein System Pilnacek“, sagte sie. Eigene Wahrnehmungen zum Konflikt mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe die frühere OStA-Wien-Leiterin keine, denn „ich bin seit mehr als vier Jahren Vizepräsidentin am OGH“. Am Dienstag äußerten sich der aktuelle Leiter der OStA Wien, Johann Fuchs, und der suspendierte Sektionschef Christian Pilnacek ausführlicher zum Konflikt innerhalb der Weisungskette.

Auch Fragen zum in ihrer Zeit als Oberstaatsanwältin per Weisung eingestellten Verfahren gegen den Immobilieninvestor Rene Benko – der „Causa Schlössle“ – stellte sich Marek. Damals sei es um das privatrechtliche Vorkaufsrecht der Gemeinde Lech gegangen. Sie habe „nicht einfach eine Weisung“ zur Einstellung gegeben, betonte die Auskunftsperson. Der Weg sei über das Ministerium an den Weisungsrat gegangen.