So wie für andere Vertreter der Ärztekammer spricht auch Steinhart von „Zwangsverpflichtungen“. „Es ist offensichtlich jetzt im politischen Spiel ‚DDR 3.0‘ entstanden: wir verpflichten, wir zwingen. Und wenn man wirklich verhindern will, dass noch jemand Medizin studiert, dann argumentiert man genau so, dass man alles jetzt mit Zwangsverpflichtungen auch noch schmücken möchte.“
Angesprochen auf das Kassensystem, sagte der Anfang Mai zum Wiener Ärztekammer-Chef gewählte und auch als Favorit auf das Amt des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer geltende Steinhart schließlich, dass dieses in der Vertragsgestaltung noch deutlich flexibler werden müsste. „Ganz wichtig wäre: Was viele junge Kolleginnen und Kollegen abstößt, ist die Bürokratie, also hier immer jede Bewilligung, alles immer bürokratisch abhandeln zu müssen, jeden Therapieschritt“ und „das ist hoch unattraktiv“, wie Steinhart noch anmerkte.
„Immer wieder irritierend“
„Selbsverständlich immer“ seien hier Gespräche mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) notwendig. Es sei aber irritierend und „natürlich eine Ausgangslage, die Gespräche sehr schwierig macht“, wenn man „öffentlich ausgerichtet bekommt, jetzt wollen wir die Wahlärzte abschaffen und wir wollen eigentlich Zwangsmaßnahmen einführen“. Der Arztberuf sei ein freier Beruf und müsse es auch bleiben, so Steinhart, der bereits am Vortag sagte, dass man bei der Ärztekammer für den von Minister Rauch heraufbeschworenen Konflikt „jederzeit bereit“ sei.
Ausgerechnet eine Berufsgruppe, die während der Pandemie Übermenschliches geleistet habe, derart disziplinieren zu wollen, sei „mehr als enttäuschend“, sagte zuvor auch der Präsident der Ärztekammer, Thomas Szekeres. Der drohende Ärztemangel sei sicher nicht durch Zwang abzuwenden. „Viel wichtiger wäre es, endlich die Tätigkeit des Kassenarztes zu attraktiveren“, so Szekeres, etwa durch bessere Honorierung oder weniger administrative Tätigkeiten.
Es benötigte attraktivere Modelle für Kooperationen von der Wahlärzteschaft und den Kassenärztinnen und Kassenärzten, forderte auch der Sprecher der niedergelassenen Ärzte in Salzburg, Christoph Fürthauer – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Es sei „sehr kantig, uns in der Ärztekammer zu sagen, wie es laufen soll“, kritisierte zudem der neue Tiroler Ärztekammer-Präsident Stefan Kastner, dem zufolge der Vorstoß von Rauch „nicht praktikabel“ sei – mehr dazu in tirol.ORF.at.
Ärztekammer gegen Rauch-Vorschlag
Seit mehreren Wochen brodelt eine Diskussion rund um das österreichische Gesundheitssystem. Konkret geht es um die Frage, wie man mehr Medizinerinnen und Mediziner in Kassenverträge bringt. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) ließ jetzt mit einem Vorschlag aufhorchen, der bei der Ärztekammer allerdings auf entschiedenen Widerstand stößt.
„Problem mit Praxis des Wahlärztesystems“
Rauch ortete zuvor „ein Problem mit der jetzigen Praxis des Wahlärztesystems“. Man müsse darüber reden, ob man Medizinabsolventen nicht dazu verpflichten könne, für eine bestimmte Zeit als Kassenarzt zu arbeiten – etwa ein, zwei Tage in der Woche, sagte der Minister in der „Tiroler Tageszeitung“ (Freitag-Ausgabe). Dass hier heftiger Gegenwind zu erwarten sei, stellte Rauch selbst außer Frage: „Das wird ein Konflikt mit der Ärztekammer – und den bin ich bereit zu führen“ – mehr dazu in Rauch mit Kampfansage an Ärztekammer.