Rechnungshofbericht
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RH-Vorwürfe

ÖVP „gelassen“, Opposition empört

Ob mit „Game Over“, „Anfang vom Ende“ oder „verheerend“ – die Oppositionsparteien haben mit Häme und scharfer Kritik auf die am Freitag vom Rechnungshof (RH) vorgelegten Prüferkenntnisse zum ÖVP-Rechenschaftsbericht vom Wahljahr 2019 reagiert. Während auch von Seite des grünen Koalitionspartners von einem „miesen Zeugnis“ die Rede ist, sieht die Volkspartei der nun anstehenden neuerlichen Prüfung durch einen externen Wirtschaftsprüfer „gelassen“ entgegen. Man habe nichts zu verbergen, so ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer samt Zurückweisung der vom RH in den Raum gestellten – neuerlichen – Überziehung der Wahlkampfkosten.

Man nehme zur Kenntnis, „dass sich der Rechnungshof durch einen dritten Wirtschaftsprüfer absichern will“, hieß es dazu in einer Aussendung der ÖVP. Der anstehenden Prüfung sehe man „gelassen entgegen, denn die vom Rechnungshof bestellten Wirtschaftsprüfer haben alles bereits mehrmals geprüft“. Die Volkspartei habe „alle Kosten der Wahlkämpfe 2019 lückenlos und korrekt angegeben“, wie es in der ÖVP-Aussendung weiter hieß: Die dafür notwendigen Unterlagen seien bereits „an den Rechnungshof geliefert und können jederzeit für weitere Prüfungen bereitgestellt werden“.

Auch Nehammer versicherte volle Transparenz und Zusammenarbeit bei der Aufklärung. So wie zuvor in der ÖVP-Aussendung wies auch der ÖVP-Chef den Vorwurf, wonach die ÖVP 2019 erneut die Wahlkampfkostengrenze überschritten habe, zurück. Es wäre „verrückt gewesen“, die Wahlkampfkosten zu überziehen, wie Nehammer mit Anspielung auf die Erfahrungen der ÖVP im Wahlkampf 2017 dazu sagte.

Rechnungshof: Verstöße in ÖVP-Bilanz

Der Rechnungshof hat am Freitag die ÖVP-Bilanz für das Wahljahr 2019 veröffentlicht und dabei eine Reihe von Verstößen gegen das Parteiengesetz angezeigt. Unter anderem bezweifeln die Prüfer, dass die Volkspartei die Wahlkampfkosten korrekt abgerechnet hat. Um das zu klären, schickt der Rechnungshof erstmals einen Wirtschaftsprüfer in die Parteizentrale.

Damals gab die Partei unter Sebastian Kurz für den Nationalratswahlkampf statt der erlaubten acht Millionen fast 13 Millionen Euro aus und kassierte dafür eine Strafe in Höhe von 800.000 Euro. Zuvor hatte die ÖVP schon für die Nationalratswahl 2013 300.000 Euro Strafe bezahlt, für die niederösterreichische Landtagswahl 2013 100.000 Euro. Insgesamt hat der Senat im Kanzleramt bisher 35 Verstöße gegen die Regeln im Parteiengesetz sanktioniert und fast 3,1 Mio. Euro an Geldbußen verhängt. Die meisten betreffen die größeren Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ. Nicht alle sind rechtskräftig.

„Wegen Schummeln, setzen 5“

Wie es für die ÖVP diesmal weitergeht, bleibt abzuwarten, für die grüne Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli suche dieser Rechenschaftsbericht aber seinesgleichen und stelle der ÖVP-Parteibuchhaltung „ein mieses Zeugnis aus“ – Kritik gibt es somit auch vom Koalitionspartner der ÖVP. Die Bevölkerung ärgere sich zu Recht, wie die gebürtige Vorarlbergerin mit Verweis auf die RH-Erkenntnise zum „Inseratengeschäft des Wirtschaftsbund-Tools“ in Vorarlberg anmerkte.

Zur „Rechnungshof-Zeugnisvergabe an die ÖVP" gibt es von Tomaselli via Twitter schließlich ein „wegen Schummeln, setzen 5“. „The End of Story ist das nicht“, so die Abgeordnete, da der Rechnungshof nun ja erstmals eigene Wirtschaftsprüfer in eine Parteizentrale schickt.

SPÖ: „Game Over für Türkis-Grün“

Weit deutlicher fiel die Kritik naturgemäß bei den Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS aus. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sprach per Aussendung von einem „vernichtenden RH-Bericht zu den ÖVP-Finanzen“. Dieser beweise einmal mehr, „dass Tarnen, Tricksen, Täuschen und Taschen-Vollstopfen türkises Programm ist“.

Nehammers „treuherzige Versicherung, dass die ÖVP kein Korruptionsproblem hat“, sei angesichts der in vielen Punkten vom RH nun auseinandergenommenen und angezweifelten Zahlen „lachhaft“, so Deutsch. Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer attestierte der ÖVP vielmehr „ein gewaltiges Korruptionsproblem“. Es ist für Deutsch nun auch höchste Zeit, dass Nehammer „seine Verantwortungsflucht beendet und endlich einsieht, dass es für Türkis-Grün Game Over heißt“ und „die Regierung endlich den Weg für Neuwahlen freimachen muss“.

FPÖ: „Anfang vom Ende“

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz zeigte sich „fassungslos“ und nannte die Zahlen der ÖVP ein „einziges Schummel- und Blendwerk“. Offenbar stimme „bis auf das Datum und die Seitennummerierung in diesem Bericht überhaupt nichts“, so Schnedlitz.

Der FPÖ-Fraktionsvorsitzende im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker, ortet per Aussendung im RH-Bericht und der erstmaligen Entsendung eines externen Wirtschaftsprüfers durch den RH gegen eine Parlamentspartei den „Anfang vom Ende der ÖVP“. Bei der ÖVP wisse „man derzeit eigentlich gar nicht, wo man anfangen soll“, so Hafenecker, der ebenfalls Neuwahlen forderte.

NEOS – und Grüne: „Verheerend“

Geht es nach NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos, bestätige der – wie auch von Tomaselli – als „verheerend“ bezeichnete RH-Bericht „erneut, dass die ÖVP vollkommen unverschämt und eigennützig mit dem Steuergeld der Österreicherinnen und Österreichern hantiert“. Man erwarte von Bundeskanzler Nehammer, der 2019 ÖVP-Generalsekretär war, sofortige Aufklärung – und von allen ÖVP-Vereinen, und damit auch von dem vom RH als ÖVP-Teilorganisation betrachteten Seniorenbund, die Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Förderungen. Schließlich sei es dem NEOS-Generalsekretär zufolge für Österreich höchst an der Zeit für „ein ordentliches Parteienfinanzierungsgesetz“.

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Der RH setzt zur Klärung der Wahlkampfkosten auf einen Blick in die ÖVP-Bücher

„Lassen uns aber gerne davon überzeugen“

Auf die ÖVP wartet indes eine neuerliche Prüfung – diesmal und erstmals von externer Seite. Grund dafür ist, dass der RH bezweifelt, dass die Volkspartei die Wahlkampfkosten für 2019 korrekt abgerechnet hat. Das Kontrollorgan hat am Freitag die ÖVP-Bilanz für das Wahljahr veröffentlicht und dabei gleich eine Reihe von Verstößen gegen das Parteiengesetz angezeigt.

Es gebe „Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Wahlkampfkosten für die Nationalratswahl“, hieß es dazu in einer Aussendung von RH-Sprecher Christian Neuwirth. Aufklärungsbedarf ortet der RH aber auch rund um zwei Studien vom Finanzministerium, der Causa Seniorenbund und „Vorgängen in Vorarlberg“.

Was die Wahlkampfkosten betrifft, hob der RH besonders die ÖVP-Angaben hervor, wonach für den Nationalratswahlkampf mit 5,6 Millionen Euro deutlich weniger als für die EU-Parlamentswahl (6,9 Mio. Euro) ausgegeben worden sei. Das sei „mit der politischen Lebenswirklichkeit für den Rechnungshof schwer in Einklang zu bringen“, hieß es dazu in der Stellungnahme vom RH – laut RH-Chefin Margit Kraker lasse man sich von der ÖVP "aber gerne davon überzeugen.“