Greg Jacob, der Berater von Mike Pence
AP/Susan Walsh
Zeuge zu Kapitol-Attacke

Pence weigerte sich zu fliehen

Die Versuche von Ex-US-Präsident Donald Trump, seinen Vize Mike Pence zum Kippen des Wahlausgangs zu drängen, waren nach Einschätzung von früheren Regierungsberatern unrechtmäßig. Das legen die Aussagen von zwei ehemaligen Pence-Beratern vor dem Untersuchungsausschuss zum Angriff auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 nahe. Entgegen dem Rat seiner Sicherheitskräfte habe sich Pence den Zeugenaussagen zufolge dann auch geweigert, aus dem Gebäude zu fliehen.

„Der Vizepräsident wollte auf keinen Fall riskieren, dass die Welt sieht, wie der Vizepräsident der Vereinigten Staaten aus dem US-Kapitol flieht“, sagte der Ex-Pence-Berater Greg Jacob, der Pence damals begleitete. Sein Chef sei entschlossen gewesen, die begonnene Zertifizierung des Präsidentschaftswahlergebnisses abzuschließen.

Er habe es als „verfassungsmäßige Pflicht“ gesehen, das zu Ende zu bringen. Pence habe daher über Stunden an einem sicheren Ort auf dem Kapitol-Gelände ausgeharrt, um von dort aus später in den Senatssaal zurückzukehren. Auf die Frage, ob Trump zu irgendeinem Zeitpunkt bei Pence angerufen habe, um zu fragen, ob er in Sicherheit sei, sagte Jacob: „Das tat er nicht.“ Pence habe das „frustriert“.

Vize-Präsident Mike Pence wird vom Sicherheitspersonal begleitet
AP/Senate Television
Beim Sturm auf das Kapitol wurde Pence in Sicherheit gebracht – ein Verlassen des Gebäudes hat er zunächst aber verweigert, wie am Donnerstag ein Zeuge vor dem U-Ausschuss aussagte

Druck von Trump war unrechtmäßig

Eine intensive Überprüfung habe Jacobs Angaben zufolge damals allerdings auch ergeben, dass es „keine vertretbare Grundlage für die Schlussfolgerung gibt, dass der Vizepräsident diese Befugnis hat“. Wäre Pence damals dem Aufruf Trumps gefolgt, dann hätte das die USA in eine „Revolution“ und eine „Verfassungskrise“ gestürzt, heißt es zudem in der Aussage des pensionierten Richters Michael Luttig, der Pence dazu ebenfalls beraten hatte.

Pence-Berater als Zeuge vor U-Ausschuss

Die Versuche von Ex-US-Präsident Donald Trump, seinen Vize Mike Pence zum Kippen des Wahlausgangs zu drängen, waren nach Einschätzung von früheren Regierungsberatern unrechtmäßig. Das legen die Aussagen von zwei ehemaligen Pence-Beratern vor dem Untersuchungsausschuss zum Angriff auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 nahe. Entgegen dem Rat seiner Sicherheitskräfte habe sich Pence den Zeugenaussagen zufolge dann auch geweigert, aus dem Gebäude zu fliehen.

Trump behauptet bis heute ohne Belege, er sei durch Wahlbetrug um den Sieg bei der Präsidentenwahl 2020 gebracht worden. Über Wochen versuchte der Republikaner damals mit fragwürdigen Methoden, den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden nachträglich zu kippen. Der Widerstand gegen den Wahlausgang gipfelte in dem Angriff auf das Kapitol, den der Untersuchungsausschuss im Kongress nun aufarbeitet.

USA: Abrechnung mit Ex-Präsident Trump

In den USA entwickelt sich der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol vom 6. Jänner letzten Jahres zu einer einzigen Abrechnung mit Ex-Präsident Donald Trump. Dieser habe von seinen engsten Mitarbeitern gewusst, dass er die Präsidentenwahl verloren hat, trotzdem habe er seine Anhänger zu einem Putschversuch angestachelt. Das hat der Ausschuss anhand von Einvernahmen, Chatnachrichten und Telefonprotokollen detailliert nachgewiesen.

„Verräterischer Plan“

Anhänger Trumps hatten am 6. Jänner 2021 den Parlamentssitz in Washington erstürmt. Dort war der US-Kongress zusammengekommen, um Bidens Wahlsieg formal zu bestätigen. Die gewalttätige Menge wollte das verhindern. Mehrere Menschen starben bei der Attacke. Pence leitete damals in seiner Rolle als Vizepräsident die Kongresssitzung – rechtlich eine rein zeremonielle Aufgabe. Trump hatte seinen Vize zuvor aber unverhohlen öffentlich aufgerufen, das Prozedere zu blockieren – um ihm so nachträglich zum Wahlsieg zu verhelfen.

In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte Luttig, Trump und seine Verbündeten hätten genau gewusst, dass er die Präsidentenwahl 2020 verloren habe. Trotzdem hätten sie behauptet, dass er die Wahl gewonnen habe, und versucht, den Wahlausgang zu kippen. Der „verräterische Plan“ sei gewesen, „Amerikas Demokratie zu stehlen“.

Beunruhigend sei, dass Trump verspreche, dass ihm seine Wiederwahl beim nächsten Mal nicht wieder „gestohlen“ werde. Es wird spekuliert, dass Trump bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2024 wieder antreten könnte. Er selbst hat dazu noch keine Entscheidung verkündet.

Verweis auf Verfassung

Jacob betonte, die Autoren der amerikanischen Verfassung hätten keineswegs vorgesehen, dass ein amtierender Vizepräsident, der womöglich ebenfalls für eine Wiederwahl angetreten sei, den Wahlausgang umdrehen könne. Die Republikaner würden auch nicht wollen, dass Bidens Vizepräsidentin Kamala Harris diese Befugnis hätte, falls 2024 ein Republikaner die Wahl gewinne.

„Völlig verrückt“

Der Ausschuss zeigte erneut Videomitschnitte von vorherigen Zeugenbefragungen, in denen auch damalige Trump-Berater die Theorie abtaten, dass Pence die Wahlniederlage Trumps bei dem formalen Prozedere im Kongress noch hätte umdrehen können.

Der frühere Trump-Anwalt im Weißen Haus, Eric Herschmann, nannte diese Theorie „völlig verrückt“. Er habe damals einem von Trumps Beratern – John Eastman, der diese Idee vorangetrieben habe – gesagt: „Bist du verrückt geworden?“ Er habe Eastman auch gewarnt, das würde „Unruhen auf den Straßen verursachen“.

Der U-Ausschuss wies am Donnerstag vergangener Woche in einer ersten Anhörung Ex-Präsident Trump bereits die Hauptschuld für die Ereignisse vom 6. Jänner 2021 zu. Trump habe die Demonstranten zu Ausschreitungen „angestachelt“, befand der demokratische Ausschussvorsitzende Bennie Thompson.

„Mut brachte ihn in enorme Gefahr“

Kurz vor der Erstürmung des US-Kapitols hatte Trump seine Anhänger bei einer Kundgebung erneut damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Dabei hetzte er seine Unterstützer auch explizit gegen Pence auf. Diese suchten damals im Gebäude nach dem Vizepräsidenten, den sie als Verräter beschimpften und zu hängen drohten, weil er Bidens Bestätigung nicht verhinderte.

Der demokratische Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Bennie Thompson, würdigte Pence’ Haltung. „Er hat dem Druck standgehalten“, sagte Thompson. „Er wusste, dass es illegal war. Er wusste, dass es falsch war.“ Das Land könne sich glücklich schätzen, dass der damalige Vizepräsident so mutig gewesen sei. „Dieser Mut brachte ihn in enorme Gefahr.“