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Datendschungel

Was die CoV-Zahlen noch aussagen

Neue Virusvarianten, der verbesserte Immunstatus der Bevölkerung durch Impfung und Infektion sowie politische Rahmenbedingungen haben die Bedeutung der Kennzahlen für die Coronavirus-Pandemie immer wieder verändert. Zuletzt sind durch das neue Testregime ohnehin schon schwierige zeitliche oder regionale Vergleiche noch komplizierter geworden. Es lohnt sich daher der Blick auf mehrere Parameter – wie etwa die Abwasseranalysen. Doch auch bei diesem Indikator gibt es keine Interpretation ohne ein folgendes „Aber“.

Das Prognosekonsortium verzichtet seit zwei Wochen auf eine Prognose der Neuinfektionszahlen. Zu verzerrt seien die Fallzahlen wegen des „unterschiedlichen Testverhaltens und -angebots, sodass die daraus hervorgehenden Messzahlen nicht mehr zuverlässig die Virusverbreitung abbilden“. Es sei aber von einem Rückgang der Zahlen auszugehen.

Auch ein Blick auf die Abwasserdaten zeigt aktuell einen Trend nach unten. Doch der Vergleich mit der 7-Tage-Inzidenz lässt darauf schließen, dass es in der momentanen BA.4/5-Welle eine hohe Dunkelziffer gibt. Denn in Wien etwa bildet sich ein Infektionsniveau ab, das im Vergleich zur BA.1/2-Welle im Winter fast doppelt so hoch erscheint.

Varianten unterschiedlich stark nachweisbar

Grundsätzlich bilde das Abwassermonitoring den aktuellen Trend sehr gut ab, erklärt Norbert Kreuzinger von der TU Wien gegenüber ORF.at. Bei der Interpretation der absoluten Höhe der Infektionen werde es jedoch schwierig. Ein wesentlicher Faktor – vor allem in der Urlaubszeit – sei die Mobilität, „wenn etwa Personen aus dem Ausland eine Infektion mitbringen“. Genauso können die Zahlen zuvor auch sinken, wenn Personen abwesend sind, weil sie in den Urlaub fahren.

Nicht als Dashboard-Daten

Da die Abwasserdaten derzeit nicht als Open Government Data verfügbar sind, werden sie nicht auf der ORF.at-Datenseite abgebildet.

Auch sei der Vergleich der Höhe der Kurve bei unterschiedlichen Varianten nicht eins zu eins möglich. „Die ausgeschiedene Virenlast pro erkrankter Person ist je nach Variante unterschiedlich.“ So habe man bei BA.1/2 eine niedrigere Ausscheidung beobachtet als bei Delta oder jetzt bei BA.4/5. Das erklärt auch das vergleichsweise hohe Niveau bei den derzeitigen Abwasseranalysen.

Trend nach unten, auf hohem Niveau

Der aktuelle Trend nach unten lässt sich auch bei den Spitalszahlen und etwa der 7-Tage-Inzidenz beobachten – wenn auch auf hohem Niveau. Und auch das Verhältnis zwischen Anzahl der Testungen und positiven Tests – also die Testpositivitätsrate – deutet derzeit auf sinkende Fallzahlen auf hohem Niveau hin. So lag die Rate im Juli bei einem Maximalwert von knapp 13 Prozent und bewegt sich derzeit um die zehn Prozent – Tendenz fallend, bei ähnlichen Testzahlen.

„Eine Reduktion, die wir jetzt haben, können wir sehr gut sehen, indem wir immer verschiedene Datenquellen vergleichen“, erklärte auch Simulationsforscher Niki Popper am Freitag gegenüber Ö1. Doch es sei eine „kurzfristige Entlastung“, bevor es dann wieder einen Anstieg geben werde, und „das Niveau bleibt ja in Summe sehr hoch“. Wichtig sei hier vor allem auch die Spitalsbelegung. „Man muss sich anschauen, ist es wegen oder mit Covid.“

Neue Erfassung der Spitalsdaten

Bisher konnte in den österreichischen Coronavirus-Daten nicht zwischen Haupt- und Nebendiagnose unterschieden werden, beziehungsweise standen diese Daten nicht öffentlich zur Verfügung. Das soll sich nun ändern. Ein neues Register wurde vor zwei Wochen aktiviert, zunächst nur für die Verantwortlichen in den Behörden, später soll es auch eine öffentlich einsehbare Darstellung geben. Es zeigt tagesaktuell, wie viele Menschen mit Covid im Spital liegen, warum sie eingewiesen wurden und ob sie Vorerkrankungen haben.

Doch in das von der Gesundheit Österreich (GÖG) geführte Tool melden nicht alle Bundesländer (vollständig) ein. Vor allem in Wien sorgte das Register für Diskussionen. So sei nicht geklärt, ob derartige persönliche Daten von den Spitalsbetreibern überhaupt weitergegeben werden dürfen, hieß es seitens der Stadt Wien. Auch gebe es „einen regelmäßigen Bericht mit all diesen Analysen und Daten und Fakten und Informationen. Es will aber keiner lesen, es interessiert keinen“, so Gesundheitsrat Peter Hacker (SPÖ) gegenüber Ö1.

Differenzierte Zahlen nur in Wien

Seit vergangenem Mittwoch veröffentlicht Wien nun in den täglichen Berichten – statt wie bisher nur die CoV-Hauptdiagnosen – auch die Detailzahlen bei den Spitalsbelegungen, was zu einem Anstieg der gemeldeten Spitalszahlen führte. Zusätzlich zur Behandlung von Personen, die nicht „wegen“, sondern „mit“ Covid-19 im Spital behandelt werden, zeigen die Daten auch Fälle, die nach einer Coronavirus-Erkrankung keine aktiven Fälle mehr sind, sich aber noch in Spitalsbehandlung befinden.

Allerdings wird Wien die Ausnahme bleiben: Andere Bundesländer werden die Spitalszahlen nicht differenziert ausweisen. Und auch das neue Register wird vorerst nicht maschinenlesbar zur Verfügung gestellt: Auf Anfrage von ORF.at teilte das Gesundheitsministerium mit, dass es „mit der Verfügbarkeit des neuen Covid-19-Registers für die Öffentlichkeit zu keinem neuen OGD-Datensatz kommt“. Diese differenzierten Spitalsdaten werden daher nicht auf der Covid-19-Datenübersicht von ORF.at importiert und dargestellt werden können.