Stromleitungen auf Feld
ORF.at/Lukas Krummholz
„Strompreisbremse“

WIFO-Chef sieht „Licht und Schatten“

Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr, hat vor wenigen Wochen das Modell einer „Strompreisbremse“ präsentiert, am Mittwoch will die Regierung ihre Version davon vorstellen und im Ministerrat beschließen. Bezüglich dessen, was bisher bekanntwurde, sah Felbermayr im Ö1-Morgenjournal „Licht und Schatten“. Im Wesentlichen werde der WIFO-Vorschlag umgesetzt – mit Schönheitsfehlern.

Es sei positiv, dass die „Strompreisbremse“ schnell und unbürokratisch kommen werde. Als „Kardinalsfehler“ bezeichnete der WIFO-Chef aber, dass bei der Subventionierung, die nun beschlossen werden soll, die Haushaltsgrößen nicht berücksichtigt werden. Laut den Plänen soll jeder Haushalt für jenen Anteil am Stromverbrauch, der 80 Prozent des durchschnittlichen Vorjahresverbrauchs eines österreichischen Haushalts entspricht, einen geringeren Strompreis zahlen – nicht berücksichtigt wird dabei, wie viele Personen in dem Haushalt leben.

Kleinere Haushalte würden mehr profitieren. In einer zusätzlichen Stellungnahme von Mittwochvormittag wurde zudem die fehlende Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz kritisiert. Das schränke die Treffsicherheit des Instruments weiter deutlich ein.

Felbermayr begrüßte in diesem Zusammenhang jedenfalls, dass offenbar die 300.000 sozial schwächsten Haushalte eine weitere Subvention von fünf Cent pro Kilowattstunde (kWh) erhalten sollen: „Damit wäre die soziale Treffsicherheit wiederhergestellt.“ Es mangle der Regierung nicht am Willen, nach Personen im Haushalt zu differenzieren, es fehle den Energieversorgern aber an Daten, sagte der WIFO-Chef und ortete dringenden Aufholbedarf.

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr
APA/Roland Schlager
WIFO-Chef Felbermayr gilt als Erfinder der „Strompreisbremse“

„WIFO-Vorschlag ausgehebelt“

Kritisch sieht der Ökonom die hohe Grenze von 2.900 kWh. Für alles darüber muss der aktuelle Marktpreis bezahlt werden. Rund die Hälfte der Haushalte dürfte nach Angaben der E-Control unter dieser Stromverbrauchsmenge liegen. Sie profitieren daher zur Gänze von der geplanten „Strompreisbremse“ mit zehn Cent pro kWh – ein Preis, der weit unter dem derzeitigen Marktpreis liegt. Felbermayr: „Dadurch wird der WIFO-Vorschlag ausgehebelt. Es gibt keine Sparanreize mehr.“

Entsprechend wenig Verständnis hatte er auch für die Kombination der bundesweit geplanten „Strompreisbremse“ und der „Landesbremse“ in Niederösterreich, wo in manchen Fällen 100 Prozent des Strompreises ersetzt werden könnten. Felbermayr: „Das ist nicht im Sinne des Erfinders. Wenn der Strom nichts mehr kostet, bleibt vom Spargedanken nichts mehr übrig.“ Zudem müssten auch fiskalische Elemente berücksichtigt werden.

Warnung vor weiteren Energiepreisdeckeln

Im Vorfeld des geplanten Beschlusses gab es auch Kritik von Opposition und einigen Ländern. Zu spät, zu wenig, zu sehr mit der Gießkanne und zu kompliziert befand die Opposition die ersten Details. Länder wie Vorarlberg wiederum bemängelten, dass sie aufgrund von Haus aus niedrigerer Energiepreise praktisch nicht profitieren würden. IHS-Direktor Klaus Neusser konnte dem Plan hingegen einiges abgewinnen, weil eine treffsichere Variante „langsam und sehr kompliziert gewesen“ wäre.

Dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im ORF-Sommergespräch auch Preisdeckel für andere Energieträger andachte, rief wiederum Experten mit Warnungen auf den Plan. Finanzielle Hilfen für Verbraucherinnen und Verbraucher von Gas, Pellets und Öl, wie sie Nehammer im „Sommergespräch“ angekündigt hatte, lehnen Ökonomen von WIFO und IHS klar ab – wie auch vom Fiskalrat, der die Finanzdisziplin der Republik überwacht.

Fiskalratschef Christoph Badelt äußerte gegenüber ORF III im „Sommer(nach)gespräch“ die Sorge, dass jetzt Geld ausgegeben werden könnte, das später noch dringender gebraucht werden könnte. Das gelte etwa für Menschen, die in wirtschaftliche Probleme geraten, so der ehemalige Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO).

Frage der Finanzierbarkeit

„Es ist die Frage, wo das enden soll. Ich denke, es wäre gut, jetzt einmal zu sagen, es ist genug“, sagte etwa IHS-Chef Neusser im Ö1-Mittagsjournal am Dienstag. Haushalte, die mit Strom oder Gas heizen, sollten dem Markt überlassen werden, so Neusser. Hierbei verwies er auf viele Hilfsmaßnahmen, die ohnehin geplant seien oder bereits ausbezahlt würden – oder auch das Aus für die kalte Progression und die Valorisierung der Transferzahlungen. Es gehe um die Frage der Finanzierbarkeit.

„Toxischer Cocktail einer Marktintervention“

„Wenn sie jetzt die Büchse der Pandora aufmachen und dann mehr oder weniger kaskadenartig alle anderen Energieträger auch subventionieren, dann rutscht man langsam in eine Energieplanwirtschaft hinein“, warnte Michael Böheim vom WIFO. Er sprach davon, dass die Dosis das Gift mache und hier drohe ein „toxischer Cocktail einer Marktintervention“, der „abzulehnen“ sei.

Nun werde auch Gas gefördert, obwohl man aus dem Energieträger eigentlich aussteigen wolle. Besser sei es – auch im Sinne der Administrierbarkeit –, besonders betroffenen Haushalten mit „treffsicheren Zahlungen“ zu helfen. Ähnlich argumentierte auch die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria: „Zahlen werden sich die Hilfen die Bürger selber.“

Oliver Picek vom gewerkschaftsnahen Momentum Institut forderte im Gegensatz zu seinen Ökonomenkollegen einen Preisdeckel für alle Energieformen. Der Marktpreis solle für alles verrechnet werden, was den Grundbedarf übersteige. Von Vielverbrauchern sollte für den Mehrverbrauch über dem Grundbedarf überhaupt ein Aufschlag verlangt werden. Denn so könnten wohlhabende Haushalte zum Energiesparen animiert werden.