Sebastian Kurz im ÖVP-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Viel Taktik bei Kurz-Befragung

Die Befragung des früheren Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss ist einmal mehr von zahlreichen Debatten im Ausschuss begleitet worden. Die ÖVP hat ihre Ankündigung, penibel auf die Fragen der anderen zu schauen, bis zum Schluss durchgezogen. Kurz selbst zeigte sich teilweise auskunftsfreudiger als bei früheren Befragungen und als dezidierter Ex-Politiker auch lockerer.

Kurz, der in Begleitung von ÖVP-Anwalt Werner Suppan kam, beklagte zwar am Anfang der Befragung „das Mantra, dass ich an allem schuld sein soll“. In weiterer Folge nahm er aber weder die Position des freiwilligen Sündenbocks ein, noch wehrte er jedwede Verantwortung ab. Im Gegensatz zu früheren Befragungen zeigte er sich gegenüber den Abgeordneten zudem durchaus kantiger.

Er habe seine Strategie an die Usancen des U-Ausschusses und der Abgeordneten angepasst, so Kurz, der mehrfach darauf hinwies, dass er kein Politiker mehr sei. Seine Strategie sei immer noch, an einer Aufklärung interessiert zu sein, er sei aber nun deutlich vorsichtiger, nachdem er sich nach einer Anzeige mit einem Verfahren wegen vermuteter Falschaussage herumschlagen müsse, sagte er gegenüber NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper.

Allein bei ihrer Befragung gab es vier Stehungen (Besprechungen der Abgeordneten abseits der Mikros) bezüglich Geschäftsordnung und Zulässigkeit von Fragen. Im Gegensatz zu einzelnen Wortmeldungen, in denen die Zulässigkeit von Fragen erörtert wird, stoppt bei einer Stehung die kostbare Zeit.

Sebastian Kurz im ÖVP Untersuchungsausschuss
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Kurz zeigte sich im Ausschuss locker und freundlich

ÖVP überlässt Ex-Chef die Bühne

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger gab Kurz dann – weitgehend unbehelligt von den anderen Fraktionen – einmal mehr Gelegenheit für eine Bühne und fragte nach laufenden Verfahren gegen ihn. Er gehe davon aus, dass im Verfahren wegen Falschaussage gegen ihn bisher nichts Belastendes gefunden worden sei, so Kurz, bei allen 26 Einvernahmen. Auch im Verfahren wegen des „Beinschab-Tools“ erwarte er, dass sich bald alles zu seinen Gunsten aufklären werde. Er sei froh, dass umfangreich ermittelt werde, denn „gut Ding braucht Weile“.

Der Ausschuss werde von mehreren Auskunftspersonen wohl anders gesehen, so Kurz weiter, es gehe nun nicht mehr um Aufklärung, sondern darum, möglichst keine Falschaussage zu treffen. Das Gremium müsse sich fragen, ob das, wofür der U-Ausschuss gedacht war, noch auf dem Weg ist, besonders „erhellend oder erquickend“ zu sein. Kurz warf den Medien vor, Vorwürfe gegen ihn, aber auch gegen seine Mitarbeiter und andere ÖVP-Mitglieder teilweise zu zelebrieren.

Andreas Hanger (ÖVP)
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Hanger konnte unbehelligt seine Fragen an Kurz stellen – umgekehrt war das nicht so

Ideologisch „klar zuordenbar“

Er sei zwar seit acht Monaten nicht mehr in der Politik, aber ideologisch „klar zuordenbar“ und sicher kein unabhängiger Beobachter, führte er weiter aus. Die „Schredder-Affäre“ sei teilweise „Beschäftigungstherapie“ für das Land gewesen, außer Rechtsanwaltskosten sei dabei nicht rausgekommen. Er persönlich habe nichts zu beklagen, er sei ja kein Politiker mehr, sondern in der Privatwirtschaft, wiederholte er erneut.

Gefragt nach dem Vorwurf parteipolitischer Postenbesetzungen ortete er ein sich wiederholendes Spiel der Opposition – das gelte auch für die ÖVP. Die Vorwürfe seien stets gleich, man müsse bei Aussendung oft nur aufpassen, die Parteien bei den Posten der Regierung und der Opposition richtig einzusetzen. Grundsätzlich habe er in der direkten Zusammenarbeit handelnde Akteure immer wieder als konstruktiv und an Lösungen interessiert erlebt.

ÖVP-U-Ausschuss: Kurz redselig

Im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss zeigte sich Kurz (ÖVP) redselig – für die Opposition war es zum Teil ausschweifend. Sie will, dass Fragen konkret beantwortet werden.

Formeller Ton bei SPÖ-Befragung

Nach den 50 Minuten, die Kurz – wohl aus Angst vor einer umfassenden Verzögerung ohne redenswerte Inputs der anderen Fraktionen – quasi frei reden konnte, wurde der Ton bei der Befragung durch SPÖ-Abgeordnete Julia Herr wieder etwas formeller. „Ich lass nicht alles mit mir machen“, so Kurz auf Fragen von Herr bezüglich des Postsparkassen-Deals (Tausch gegen Winterpalais zwischen Signa-Holding von Kurz-Berater Rene Benko und der Bundesimmobiliengesellschaft BIG) und eines entsprechenden Chats von Thomas Schmid an Kurz.

Julia Herr (SPÖ)
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Herr fragte unter anderem zum Postsparkassen-Deal mit Benkos Signa-Holding

Kurz erklärte, es sei immer noch alles beim Alten, also ohne Tausch, und er habe sich nicht dafür eingesetzt, dass die BIG ins das Gebäude der Postsparkasse komme. Mittlerweile dauerte die Befragung bereits drei Stunden, Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli beklagte die „ausschweifenden Antworten“ der Auskunftsperson und eine lasche Zeitnehmung. Zwischenzeitlich fragte FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker, ob noch Friedrich Ofenauer (ÖVP) den Vorsitz führt, oder Hanger, da dieser teilweise recht forsch einschritt und etwa forderte, nun zur nächsten Frage zu kommen.

Informiert, aber nicht involviert

Wie auch in den vorherigen Befragungen im „Ibiza“-U-Ausschuss zeigte sich Kurz distanziert zu etwaigen Entscheidungen in anderen Bereichen. Speziell bei Fragen über den vor wenigen Jahren beschlossenen Gaslieferungsdeal zwischen der OMV und dem russischen Energieriesen Gasprom hatte die ÖVP Bedenken ob der Zulässigkeit. Denn immerhin handle es sich um die Privatwirtschaft, argumentierte die Volkspartei. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl vertrat eine andere Meinung, blieb seiner Linie aber nicht immer treu.

Stephanie Kriser (NEOS)
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Krisper startete die Befragung, bei ihr gab es mehrere Stehungen

Kurz erläuterte, dass er immer einen guten Austausch mit der OMV-Spitze gehabt habe. Während seiner Kanzlerschaft war Rainer Seele Vorstandsvorsitzender. Mit dessen Bestellung hatte er aber gleich wenig zu tun wie mit der weiteren Vertragsverlängerung. Alle hätten gewusst, dass Seele gute Beziehungen zu Russland und anderen Staaten hat, das sei wohl auch als Vorteil gesehen worden.

Im Großen und Ganzen sei er als Kanzler über die Strategie des teilstaatlichen Konzerns (die Staatsholding ÖBAG hält 31,5 Prozent) „informiert“ gewesen. Er kenne etwa auch die Grundzüge des Gasliefervertrags, aber nicht die Details, weil ein Politiker nicht involviert sei und sich nicht einmischen werde. Das Foto der Vertragsunterzeichnung, worauf er mit Gasprom, OMV und Russlands Präsident Wladimir Putin zu sehen ist, sei seiner Meinung nach nichts Außergewöhnliches gewesen.

Kurz erklärte außerdem, dass man nicht alle Chats für bare Münze nehmen dürfe, gefragt nach seinem „Super“ auf die Schilderung, dass Peter Schipka, Generalsekretär der österreichischen Bischofskonferenz, nach einem Gespräch mit Schmid rot und blass geworden sei. Heute würde er zudem nicht mehr so antworten. Nach vier Stunden war die Befragungszeit erschöpft, dieses Mal kamen die Fraktionen der Grünen und der FPÖ nicht zum Zug mit ihren Fragen. Kurz soll nun nochmal in den Ausschuss geladen werden.