Polizei schießt mit Tränengas auf Menschen im Kanjuruhan Stadium in Malang, Java, Indonesien
AP/Yudha Prabowo
Indonesien

125 Tote bei Massenpanik in Stadion

Die Zahl der Toten bei einer Massenpanik nach einem Fußballmatch in der indonesischen Provinz Ostjava ist von den Behörden auf 125 nach unten korrigiert worden. Zunächst war von 174 Toten die Rede gewesen. Es seien aber Opfer mehrfach gezählt worden, teilte der Vizegouverneur der Region, Emir Dardak, mit, nachdem die Daten von zehn Krankenhäusern abgeglichen worden waren. Mindestens 180 weitere Menschen wurden verletzt, nachdem sie im Stadion überrannt wurden, wie es hieß.

Es handelt sich bei der Massenpanik um eines der größten Stadionunglücke in der Geschichte des Fußballs weltweit. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt, um die randalierenden Fans zu zerstreuen, sagte der Polizeichef der Provinz, Nico Afinta, am Sonntag bei einer improvisierten Pressekonferenz. 34 Menschen seien direkt auf dem Spielfeld des Kanjuruhan-Stadions gestorben, alle weiteren in Krankenhäusern, sagte Afinta laut dem Radiosender Elshinta und dem Sender tvOne weiter.

Unter den Toten seien auch zwei Mitglieder der Polizei, sagte Afinta weiter. Die meisten Menschen seien an Sauerstoffmangel gestorben. Bei den Ausschreitungen wurden überdies 13 Fahrzeuge beschädigt, darunter zehn der Polizei. Zur Ursache für die Massenpanik machte er zunächst keine Angaben.

Zerstörtes Polizeiauto im Kanjuruhan Stadium in Malang, Java, Indonesien
Reuters/Antara Foto
Ein ausgebranntes Auto im Stadion

Tausende stürmten den Platz

Zu den Ausschreitungen war es nach dem Erstligaspiel zwischen Arema FC und Persebaya FC gekommen. Im Anschluss an die 2:3-Niederlage in Malang hatten Tausende Zuschauer den Platz gestürmt. Die Situation nach Ende des Spiels sei „anarchisch“ geworden, sagte Polizeichef Afinta weiter. „Sie griffen Beamte an und beschädigten Autos.“ Es sei dann zu einem Gedränge gekommen, als Fans nach dem Spiel zu einem Ausgang geflüchtet seien.

Auf Videoaufnahmen lokaler TV-Sender ist zu sehen, wie zahlreiche Menschen auf das Spielfeld strömen. Dann kommt es zu Handgreiflichkeiten und es sind Nebelschwaden zu sehen, bei denen es sich offenbar um Tränengas handelt. Weiter sind Bilder von Menschen zu sehen, die offenbar das Bewusstsein verloren haben und von anderen Fans weggetragen werden. Der Leiter eines örtlichen Krankenhauses sagte dem Sender Metro TV, einige der Opfer hätten Hirnverletzungen erlitten. Unter den Toten sei auch ein fünfjähriges Kind.

Hunderte Menschen stürmen das Spielfeld im Kanjuruhan Stadium in Malang, Java, Indonesien
AP/Yudha Prabowo
Der Platz wird von der Menge gestürmt

Minister: Tausende waren zu viel im Stadion

Der indonesische Sicherheitsminister Mahfud MD schrieb auf Telegram, das Stadion sei über seine Kapazität hinaus gefüllt gewesen. Es seien 42.000 Eintrittskarten verkauft worden, das Stadion sei aber nur für 38.000 Besucher zugelassen. Der Gouverneur von Ostjava, Khofifah Indar Parawansa, sagte, man werde den Verletzten und den Familien der Opfer finanzielle Hilfe zukommen lassen.

Die Fußballclubs Arema und Persebaya sprachen den Opfern und ihren Familien ihr Beileid aus. „Arema FC spricht tiefes Beileid für die Katastrophe in Kanjuruhan aus. Das Management von Arema FC ist auch für den Umgang mit den Opfern verantwortlich, sowohl für die Toten als auch für die Verletzten“, sagte Vereinschef Abdul Haris.

Drei Personen blicken auf das leere Kanjuruhan Stadium in Malang, Java, Indonesien
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Das verwüstete Stadion nach den Ausschreitungen

Der Club werde ein Krisenzentrum und eine Opferinformationsstelle einrichten. „Bei den Familien der Opfer entschuldigt sich das Management von Arema FC zutiefst und ist bereit, eine Entschädigung zu leisten. Das Management ist bereit, Vorschläge für den Umgang mit der Katastrophe anzunehmen, damit viele gerettet werden“, erklärte Haris.

Infantino: Schockzustand

Mit großer Betroffenheit reagierte Gianni Infantino, der Präsident des Weltfußballverbandes (FIFA). „Die Fußballwelt ist nach den tragischen Vorfällen in einem Schockzustand“, sagte der 52 Jahre alte Schweizer in einer FIFA-Stellungnahme am Sonntag: „Dies ist ein dunkler Tag für alle, die im Fußball involviert sind, und eine Tragödie jenseits aller Vorstellungskraft. Ich spreche den Familien und Freunden der Opfer, die in diesem tragischen Vorfall ihr Leben verloren haben, mein tiefstes Beileid aus.“

Wiederholt Ausschreitungen und Gewalt unter Fans

Bei Spielen in Indonesien ist es schon wiederholt zu Ausschreitungen und auch Gewalt unter den Anhängern der verschiedenen Vereine gekommen. Indonesiens Sportminister Zainudin Amali sagte dem Sender KompasTV nach dem Unglück, er werde die Sicherheit bei Fußballspielen neu bewerten und dabei auch erwägen, zunächst keine Zuschauer mehr in Stadien zuzulassen. Die oberste indonesische Liga BRI Liga 1 kündigte an, die Spiele für eine Woche auszusetzen. Der Fußballverband will nach eigenen Angaben eine Untersuchung einleiten.

Ausgebranntes Polizeiauto auf einer Straße in Malang, Java, Indonesien
AP/Hendra Permana
Ein ausgebranntes Auto in der Nähe des Stadions

Der FIFA schreibt vor, dass Ordner und Polizisten in Stadien keine Schusswaffen oder Reizgas bei sich tragen oder einsetzen dürfen. Die Polizei von Ostjava reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage, ob ihr solche Vorschriften bekannt sind.

Gastgeber der U20-WM

Indonesien ist Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft für Spieler unter 20 Jahren (U20) im Mai und Juni 2023. Nachdem China seine Bewerbung zurückgezogen hat, ist Indonesien auch eines von drei Ländern, das sich um die Ausrichtung des Asienpokals, eines Äquivalents zur Europameisterschaft, im kommenden Jahr beworben hat.

Eine der weltweit schwersten Stadionkatastrophen hatte sich 1989 im Hillsborough-Stadion im britischen Sheffield ereignet. Beim Spiel des FC Liverpool gegen Nottingham Forest war es zu einem Gedränge gekommen, in dessen Folge 96 Menschen starben und mehr als 760 verletzt wurden.