Saal im House of Representatives in Washington
AP/J. Scott Applewhite
Republikaner holen Mehrheit

Machtwechsel im US-Repräsentantenhaus

Die Kongresswahlen in den USA haben einen Machtwechsel im Repräsentantenhaus gebracht: Die Republikaner errangen eine knappe Mehrheit, wie US-Medien in der Nacht auf Donnerstag auf Basis ausgezählter Stimmen und Prognosen meldeten. Statt des erhofften überwältigenden Sieges dürfte sie nur knapp über der nötigen Mehrheit von 218 Stimmen liegen. Die Demokraten hatten es zuvor geschafft, die Mehrheit im Senat zu halten.

Nach den ursprünglich rosigen Vorhersagen für eine „republikanische Welle“ dürfte die Mehrheit der Partei im Repräsentantenhaus nun viel kleiner ausfallen, als es die Republikaner erwartet hatten. Laut Prognosen von US-Medien stellen die Republikaner künftig mindestens 218 der 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus und damit die Mehrheit. Der Sieg der Republikaner im 27. kalifornischen Kongressbezirk brachte die Partei über die Ziellinie, weitere Ergebnisse stehen noch aus.

Nach Bekanntgabe des Ergebnisses gratulierte der demokratische US-Präsident Joe Biden dem Vorsitzenden der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, zu der voraussichtlichen Mehrheit. Er sei bereit, mit den Republikanern zusammenzuarbeiten, um für die US-Bevölkerung etwas zu erreichen.

Die Amerikaner seien bereit für eine „neue Richtung“, erklärte indes McCarthy, „und die Republikaner im Repräsentantenhaus sind bereit zu liefern“. McCarthy hatte am Dienstag die Unterstützung seiner Fraktion erhalten, um für das mächtige Amt des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses zu kandidieren und damit Nachfolger der Demokratin Nancy Pelosi zu werden. Er bekam dabei aber nur 188 Stimmen, während 31 republikanische Abgeordnete für den rechten Herausforderer Andy Biggs stimmten.

Republikaner holen Mehrheit

Die Kongresswahlen in den USA haben einen Machtwechsel im Repräsentantenhaus gebracht: Die Republikaner errangen eine knappe Mehrheit.

Bremse für Biden

Aufgrund des knappen Rennens hatte sich die Entscheidung zuletzt hingezogen. Sollte sich diese endgültig bestätigen, dürfte das Regieren für Biden in den kommenden Jahren aber auf jeden Fall schwieriger werden. Das Repräsentantenhaus hat in den USA in Budgetfragen das Sagen. Zudem können sie Gesetzesentwürfe der Demokraten blockieren, die in den USA von beiden Kammern in identischer Form verabschiedet werden müssen. Sie könnten weiter Untersuchungsausschüsse einsetzen und so Druck auf Demokraten ausüben.

Probleme mit ihrem Handlungsspielraum haben aber auch die Republikaner: Ohne die Mehrheit im Senat können sie keine Gesetze etwa zur Abtreibung und zum Recht auf Waffentragen durch den Kongress bringen, die Bidens Agenda widersprechen. Auch die Ernennung von Richterinnen und Richtern, Botschafterinnen und Botschaftern sowie Regierungsvertretern können sie nicht blockieren.

Die Demokraten erzielten indes das beste Ergebnis für die Partei eines amtierenden Präsidenten bei einer Zwischenwahl seit mehr als 20 Jahren. Dass sie derart nah an einer Verteidigung ihrer bisherigen Mehrheit waren, hatten viele vor der Wahl nicht für möglich gehalten. „Anstatt einer roten Welle erleben die Republikaner ein blaues Wunder“, schrieb die „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“) über die Kongresswahlen, die letzten Dienstag stattfanden.

Demokraten verteidigten Mehrheit im Senat

Bei der Abstimmung zur Halbzeit Bidens vierjähriger Amtszeit wurden alle Sitze im Repräsentantenhaus und etwa ein Drittel der Sitze im Senat neu vergeben. Außerdem wurden in zahlreichen Bundesstaaten die wichtigen Gouverneursämter neu besetzt. Den Demokraten ist die Senatsmehrheit bereits sicher, auch wenn noch ein Rennen um einen Senatssitz in Georgia offen ist.

Hintergrund ist, dass die demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris in einer Pattsituation mit abstimmen darf, da sie qua ihres Amts gleichzeitig Präsidentin des Senats ist. Das heißt, wenn die Republikaner die Stichwahl in Georgia am 6. Dezember gewinnen sollten, gäbe es im Senat ein Kräfteverhältnis von 50 zu 50 Stimmen, wie schon in den vergangenen zwei Jahren – die Demokraten hätten dank Harris aber weiterhin eine hauchdünne Mehrheit.

Sollten die Demokraten auch in Georgia gewinnen, kämen sie auf 51 Sitze im Senat. Dieses Szenario wäre für Biden etwas komfortabler als bisher. Denn die erste Hälfte seiner Amtszeit hat gezeigt, wie schwierig es ist, mit einer ultradünnen Mehrheit im Senat zu regieren. Vor allem zwei Parteikollegen machten ihm dort das Leben schwer: Die Senatoren Joe Manchin und Kyrsten Sinema blockierten diverse Vorhaben Bidens.

Ergebnisse sorgen für Unruhe unter Republikanern

Nachdem sich die Hoffnungen der Republikaner auf einen deutlichen Wahlsieg bei den Midterms zerschlagen haben, werden in den eigenen Reihen zunehmend Stimmen laut, die dafür dem Ex-Präsidenten Donald Trump die Schuld geben. Sein Eingreifen in den Wahlkampf und die Auswahl umstrittener Kandidaten habe der Partei geschadet, heißt es etwa.

Dass die Demokratin Katie Hobbs die umkämpfte Gouverneurswahl im US-Staat Arizona gewonnen hat, dürfte die Diskussion zusätzlich befeuern. Die 52-Jährige setzte sich am Dienstag nach Vorhersagen der TV-Sender NBC und CNN gegen die republikanische Rechtsaußen-Kandidatin Kari Lake durch.

Das Abschneiden von Lake galt als Lackmustest für den Ex-Präsidenten: Lake wurde von Trump unterstützt und zählte zu jenen, die seine unbegründeten Behauptungen wiederholten, Biden habe die Präsidentenwahl nur durch umfangreichen Betrug gewonnen. Hobbs war in der Regierung des Staates für die von Trump und seinen Anhängern angefochtene Auszählung der Stimmen bei der Präsidentenwahl 2020 zuständig.

Bemerkenswerter Wahlausgang

Der Ausgang der Wahl ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die US-Wählerinnen und -Wähler die Midterms häufig nutzen, um der Partei des jeweiligen Präsidenten einen Denkzettel zu verpassen. Der amtierende US-Präsident Biden hat außerdem schlechte Umfragewerte, unter anderem wegen der hohen Inflation im Land – dennoch konnten die Demokraten vor allem im Senat überraschend viele Sitze für sich gewinnen.

Ein entscheidendes Wahlmotiv dürfte die Debatte über das Recht auf Abtreibung gewesen sein. Die Ergebnisse der Zwischenwahlen seien „eine deutliche Absage“ auf die Entscheidung des Supreme Court, das landesweite Grundrecht auf Abtreibungen aufzuheben, schreibt die Politplattform FiveThirtyEight. Die Unpopularität der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs schlage sich nun nicht mehr nur in den Umfragen nieder, sondern verändere auch die politische Landschaft des Landes.