Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im EU-Parlament in Brüssel
AP/Olivier Matthys
Selenskyj in Brüssel

Kämpferische Dankesrede in EU-Parlament

Nach London und Paris stattet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag Brüssel einen historischen Besuch ab. In einer kämpferischen Ansprache im Europäischen Parlament bedankte er sich für die Unterstützung Europas. Die Ukraine verteidige sich zusammen mit Europa gegen Russland, die „größte antieuropäische Kraft der modernen Welt“, sagte er. Auf dem EU-Sondergipfel rief er die 27 Staats- und Regierungschefs im Anschluss zu Kampfjetlieferungen auf.

„Slawa Ukrainij“ („Hoch lebe die Ukraine“): Mit diesen Worten eröffnete Selenskyj seine Ansprache im EU-Parlament. Von den Abgeordneten wurde er mit viel Applaus begrüßt. Der Beifall der Abgeordneten im Plenum richte sich nicht an ihn selbst, sondern an alle in den Städten und Dörfern, die die Ukraine unterstützten, sagte der 45-Jährige. „Jeder ist in der Lage, einen Einsatz auszuüben, für unseren gemeinsamen Sieg“, sagte er.

Er dankte für die Lieferung von Waffen und Munition, von Brennstoffen und Energie, von all den Tausenden Dingen, „die wir in diesem brutalen Krieg brauchen“. Dem Parlament dankte er dafür, den Krieg kurz nach Beginn der Invasion verurteilt und sich dafür ausgesprochen zu haben, die Ukraine zu einem EU-Beitrittskandidaten zu machen. Es gehe darum, die europäisch-ukrainische Lebensweise zu verteidigen, sagte Selenskyj.

Selenskyj: Kämpferische Dankesrede in Brüssel

In einer kämpferischen Ansprache im Europäischen Parlament hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj für die Unterstützung Europas bedankt. Die Ukraine verteidige sich zusammen mit Europa gegen Russland, die „größte antieuropäische Kraft der modernen Welt“, sagte er.

EU-Parlamentspräsidentin für Kampfjetlieferungen

„Die Zukunft Ihrer Nation ist in der Europäischen Union“, sagte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zuvor in Richtung des ukrainischen Präsidenten. Sie hob die Bedeutung von Kampfjetlieferungen an die Ukraine hervor. „Nun müssen die Staaten als nächsten Schritt erwägen, rasch weitreichende Systeme und Flugzeuge bereitzustellen“, sagte sie. Diese würden benötigt, um die Freiheit zu schützen, die zu viele für selbstverständlich gehalten hätten.

Zu Beginn ihrer Rede sagte Metsola, die Führung Selenskyjs habe Menschen in jeder Ecke der Welt inspiriert. „Wenn die Welt an die Ukraine denkt, denkt sie an Helden, die gegen alle Widrigkeiten kämpfen, an David, der Goliath besiegt.“ Die Opfer, die die Ukraine gebracht habe, müssten mit Taten geehrt werden, nicht nur mit Worten.

der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola
APA/AFP/Kenzo Tribouillard
Selenskyj mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola

Es sei ein „außergewöhnlicher Moment in außergewöhnlichen Zeiten“, sagte Metsola auch. Sie hatte den Besuch Selenskyjs kurz zuvor offiziell angekündigt und von einem „historischen Tag für Europa“ gesprochen. Die Ukraine will noch heuer mit Verhandlungen über den EU-Beitritt beginnen, darüber müssen jedoch die 27 Mitgliedsstaaten einstimmig entscheiden. Die EU-Kommission hatte den Eifer des Präsidenten auf einem Gipfel in Kiew in der Vorwoche gedämpft.

Selenskyj fordert Kampfjetlieferungen

Selenskyj machte sich unmittelbar nach seiner Rede im EU-Parlament auf den Weg zum EU-Sondergipfel. Dort ließ er sich zunächst mit den Regierungsspitzen der Mitgliedsstaaten fotografieren. Die Ukraine brauche „wirklich Munition, moderne Panzer, Langstreckenraketen und Kampfflugzeuge“, sagte Selenskyj auf dem EU-Gipfel. „Wir müssen schneller sein als der Angreifer“, ermahnte er die Mitgliedsstaaten.

Gruppenfotos des EU-Gipfels in Brüssel mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj
Reuters/Yves Herman
Selenskyj als „Stargast“ des EU-Sondergipfels

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratschef Charles Michel hatten den ukrainischen Präsidenten kurz nach der Landung im Flughafen willkommen geheißen. „Willkommen in Brüssel“, schrieb von der Leyen auf Twitter und postete dazu ein Foto, auf dem sie Selenskyj beide Hände gibt.

Man werde die Ukraine bei jedem Schritt in Richtung der EU unterstützen. Michel, der ebenfalls ein Foto von sich und Selenskyj postete, schrieb: „Willkommen zu Hause, willkommen in der EU.“

Großes Sicherheitsaufgebot

Begleitet wird der Besuch von einem hohen Sicherheitsaufgebot. Zahlreiche Straßen waren Donnerstagvormittag in Brüssel gesperrt. Schon seit Tagen gab es Spekulationen über den Besuch des ukrainischen Präsidenten. Der geplante Besuch sei von Mitarbeitern Metsolas geleakt worden, schrieb „Politico“. Ein Fauxpas sei das, würde die Sicherheit Selenskyjs damit doch gefährdet, meinten Kritikerinnen und Kritiker.

Die Auslandsreise Selenskyjs ist erst die zweite seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar vergangenen Jahres. Im Dezember war er nach einem Zwischenstopp in Polen in den USA. Seine aktuelle Reise begann Selenskyj am Mittwoch in Großbritannien, wo er auch Premierminister Rishi Sunak und König Charles III. traf. Am Abend stand in Paris ein Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Programm.

Meloni kritisiert Paris-Visite

Selenskyjs Besuch in Paris sorgte für Kritik aus Italien: Es sei „unangebracht“ gewesen, dass Macron Selenskyj am Mittwochabend nach Paris einlud und dort zusammen mit Scholz zu Abend aß, sagte Meloni bei ihrer Ankunft auf dem EU-Gipfel. Die postfaschistische Politikerin meinte, dass der Termin in Paris der gemeinsamen Haltung der Europäischen Union in der Ukraine-Frage schaden könnte. Meloni sagte, dass Macron innenpolitisch unter Druck stehe und wohl auch deshalb mit der Einladung ein Zeichen setzen wollte. Macron wies den Vorwurf zurück.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Brüssel
AP/Virginia Mayo
Bundeskanzler Karl Nehammer bei der Ankunft zum EU-Sondergipfel

EU-Gipfel zwischen Ukraine, Wirtschaft und Migration

Auf dem EU-Sondergipfel wird das Thema Migration – neben dem Ukraine-Krieg und der Zukunft der Wirtschaftshilfen – weit oben auf der Agenda stehen. Österreich, das die Sondertagung unter anderen erzwungen hatte, will Taten sehen. „Wir müssen in der ganzen Europäischen Union die Asylbremse anziehen“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) vor dem Beginn des EU-Sondergipfels.

Er verwies auf stark steigende Zahlen und forderte etwa für Länder wie Bulgarien an der EU-Außengrenze mehr finanzielle Hilfen. Ähnlich äußerte sich der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Beide forderten ein Maßnahmenset, das die EU-Staaten möglichst noch am Donnerstag beschließen sollten. Auch Italien drängt auf eine härtere Linie. Scholz sagte dagegen vor dem Gipfel, er hoffe, dass bis Ende des Jahres eine gemeinsame Linie in der EU stehe. Es sei nicht sinnvoll, sich jetzt mit Beschlüssen von Treffen zu Treffen zu hangeln.