Stefanie Krisper (NEOS)
APA/Eva Manhart
Bericht zum ÖVP-U-Ausschuss

NEOS beleuchtet „Best-of der Korruption“

Nach der SPÖ und den Grünen hat am Donnerstag NEOS seinen Fraktionsbericht zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss präsentiert. Auf 106 Seiten werden die eigenen Erkenntnisse und Schlüsse aus dem U-Ausschuss aufgeführt. Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine türkise ÖVP seien ein „Best-of“ des „historischen Phänomens“ Korruption gewesen. Nun müsse man „zeigen, wie man die Sümpfe der Korruption, in denen die ÖVP gewandert ist, trockenlegen kann“, so Fraktionsführerin Stephanie Krisper bei der Präsentation des Berichts.

Entsprechend wird im Bericht einleitend im Rahmen einer „Bilanz“ auf nötige „langfristig“ effektive Reformen verwiesen – die im Zuge des U-Ausschusses erfolgten Rücktritte seien nur „kurzfristig“ effektiv, so Krisper. Zu den Forderungen (auf diese wird zudem am Ende des Berichts verwiesen) zählen etwa öffentliche Übertragungen von U-Ausschuss-Befragungen – derzeit sind sie nur medienöffentlich –, ein Informationsfreiheitsgesetz und ein unabhängiger Bundesstaatsanwalt.

Zudem solle es „Concours“ geben, also Auswahlverfahren nach europäischem Vorbild für die Vergabe von öffentlichen Posten. Eine Kommission, externe Kontrolle durch Berater und öffentliche Hearings sollen zu mehr Transparenz in der Postenvergabe und schließlich dazu führen, dass „die Bestqualifizierten den Job bekommen“, sagte der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak bei der Präsentation. „Concours“ seien durch Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler sofort umsetzbar.

„Republik als Parteimaschine“

Zu Beginn des NEOS-Berichts ist von einer „Republik als Parteimaschine“ die Rede. Dem System der türkisen ÖVP unter Kurz den Weg bereitet hätten etwa die „Bereicherung unter Minister (Karl-Heinz, Ex-ÖVP-Finanzminister, Anm.) Grasser“, die „Postenkorruption unter der Ära (Ernst, Ex-ÖVP-Innenminister, Anm.) Strasser“ und die „Inseratenkorruption der Ära (Werner, Ex-SPÖ-Kanzler, Anm.) Faymann“. Kurz und die türkise ÖVP hätten auf ein „historisches Phänomen“ zurückgegriffen und das System „optimiert und perfektioniert“.

In der Folge werden in sechs Kapiteln die Erkenntnisse aus dem U-Ausschuss herausgearbeitet: In „Jobs für meine Freunde: Korrupte Postenvergabe“ werden die im Ausschuss erörterten Strukturen von Postenkorruption abgehandelt, sie reichen von „angepassten Ausschreibungen“ über „Einflussnahme auf Bewerber:innen“ bis zum Sideletter, in dem ÖVP und Grüne die Postenverteilung in Nationalbank, Verwaltungsgerichtshof und ORF festlegten.

„Korrupte Geldflüsse“ und „Vergaben in der Familie“

Durchzogen ist der Bericht von faksimilierten Abschnitten der parlamentarischen Sitzungsprotokolle von Befragungen (die Ausschusssitzungen werden stets in voller Länger verschriftlicht und sind auf der Website des Parlaments aufrufbar).

Auch im Ausschuss vorgelegte Dokumente sind im NEOS-Bericht dabei. Mittels Aussagen von Auskunftspersonen sollen Praktiken bei Postenbesetzungen aufgezeigt werden, etwa, wenn Posten an Personen vergeben wurden, die fachlich nicht geeignet oder minderqualifiziert wirkten.

Im zweiten Kapitel wird unter dem Titel „Ist ja nur Steuergeld: Korrupte Geldflüsse“ die Lupe auf Förderverfahren (etwa Förderfonds für Non-Profit-Organisation und Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH) gerichtet. Hier ortet NEOS mehrere Methoden, „um eigene Vereine, Organisationen und (…) Personen finanziell zu versorgen“. Zudem erörtert werden „Vergaben in der Familie“ (gemeint sind die ÖVP und ihr Netzwerk) sowie „versteckte“ Vorgänge, etwa „Vergaben ohne Ausschreibung“ und „verdeckte Subauftragnehmer aus dem Parteiumfeld“.

„Ministerien als Parteimaschine“

Im dritten Kapitel richtet NEOS den Scheinwerfer auf ÖVP-geführte Ministerien. Mittels mehrerer Szenarien wird dargelegt, wie nach Ansicht von NEOS „Ministerien als Parteimaschine“ funktionierten. „Eigene Leute“ seien in Schlüsselpositionen gesetzt worden, wichtige Aufträge seien an ÖVP-nahe Firmen vergeben worden, alle „Schalthebel“ eines Ministeriums seien in „Parteihände“ gelangt. Die Konsequenzen laut NEOS: Ressourcenbindung aus politisch motivierten Gründen wie bei der „Operation Luxor“ und die Nichteinleitung von Verfahren aus politischen Gründen.

Nikolaus Scherak
APA/Eva Manhart
Scherak übte bei der Präsentation des Ausschussberichts schwere Kritik an den Grünen

Fokus auf „Inseratenkorruption“

Breit in einem ganzen Kapitel abgehandelt werden alle im ÖVP-U-Ausschuss erörterten Causen um „Inseratenkorruption“. Medien und Politik seien besonders umschlungen, heißt es im Bericht – Regierungsinserate brächten viel Geld in Medienhäuser, während die Presseförderung „verhältnismäßig bescheiden“ ausfalle. Doch sei für das Platzieren von Regierungsinseraten „taktisches Vorgehen in Ministerien“ nötig, eine unter Druck gesetzte Beamtenschaft mache ein solches System möglich.

Zudem werden im Bericht Praktiken von parteinahen Zeitungen erörtert, insbesondere beleuchtet wird die Causa Wirtschaftsbund in Vorarlberg, in der NEOS ein Beispiel dafür sieht, „wie die ÖVP parteinahe Zeitschriften und Magazine für ihre Selbstbereicherung ausnutzte“. Freilich fand auch das im U-Ausschuss breit erörterte „Beinschab-Österreich-Tool“ Eingang in den Bericht, wobei es bekanntermaßen um „bestellte“ und „frisierte“ Umfragen „im Sinne“ Kurz’ geht.

NEOS-Fraktionsbericht zum ÖVP-U-Ausschuss

NEOS hat am Donnerstag den Fraktionsbericht zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss präsentiert. Fraktionsführerin Stephanie Krisper und der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak zogen ein Fazit zum Ausschuss und übten Kritik an den Grünen.

Diverse „Einflussnahmen“

Auch den „Einflussnahmen auf Steuerverfahren“ wird ein Kapitel gewidmet. Herausgearbeitet werden soll, dass jene, die „Kontakte zum Finanzministerium“ hätten, ihre Interessen durchsetzen könnten, während alle anderen „keine Chance“ hätten. Als konkretes Beispiel dient die Befragung des Ex-Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, zum Immobilieninvestor Rene Benko und dessen Kauf einer wertvollen Immobilie in der Wiener Innenstadt.

Auch „konkrete Einflussnahmen auf die Justiz“ bleiben nicht unerwähnt – die nun angeführten Proponenten (Christian Pilnacek, Ex-Justizministeriumsgeneralsekretär und Ex-Sektionschef, und Johann Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien) waren auch in den U-Ausschuss-Sitzungen oftmals ein Thema. Hier geht es vor allem um die Torpedierung der Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft. Eingang in den Bericht fanden freilich auch Zitate aus den Befragungen von Korruptionsermittlern.

Grüne „freiwillig in Geiselhaft der ÖVP“

Im Zuge der Präsentation des Berichts schoss sich NEOS schließlich auf die Grünen ein und warf ihnen vor, bei Reformen säumig zu sein. „All das, was auf Ibiza passiert ist, ist weiter möglich, auch Postenbesetzungen. Es gibt weiterhin kein Informationsfreiheitsgesetz und keinen unabhängigen Bundesstaatsanwalt“, kritisierte Scherak. Krisper sah die Grünen „freiwillig in Geiselhaft der ÖVP“.

Auch der bereits zuletzt vorgestellte Ausschussbericht der Grünen bekam Kritik ab: „Diesem Hochglanzmagazin mangelt es an Verbesserungsvorschlägen“, das „vermeintlich Umgesetzte“ sei „ein Fall von Jubel weit vor der Ziellinie“, so Krisper. Die Grünen, die im Wahlkampf vor der letzten Nationalratswahl unter anderem „Wen würde der Anstand wählen“ plakatierten, seien gewählt worden, um die Korruption zu beenden, sagte Scherak. Davon sei jedoch wenig zu bemerken – und, so Scherak: „Frotzeln kann ich mich selbst.“