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ORF.at/Christian Öser
Raiffeisen Bank International

Russland-Geschäfte im Scheinwerferlicht

Die Russland-Geschäfte der Raiffeisen Bank International (RBI) sind in den letzten Tagen zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Der „Falter“-Bericht, dass die RBI die Übernahme der Europatochter der größten russischen Bank, der Sberbank, überlegt – Projekt „Red Bird“ – löste nun auch politische Reaktionen aus. Das Finanzministerium versuchte unterdessen, in der Causa der US-Regierungsanfrage an die RBI zur Einhaltung der Russland-Sanktionen zu beruhigen.

Der „Falter“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass die RBI die Sberbank Europe von Beratungsunternehmen prüfen ließ und eine Übernahme überlegt. Ein Deal könnte Russland Millionen einbringen. Und die RBI steht wegen der Fortführung der Geschäfte in Russland, die ausgerechnet im ersten Jahr des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Rekordgewinne abwarfen, im Rampenlicht.

Diese Gewinne können wegen vom Kreml verhängter Sanktionen nicht nach Wien überwiesen werden, die RBI betont auch stets, sie halte sich an alle westlichen Sanktionsvorgaben. Trotzdem löste der „Falter“-Bericht in der heimischen Politik Sorgen um das Image des Standorts Österreich aus. Die Grünen stellten eine Anfrage an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).

Projekt „Red Bird“

Wie aus dem „Falter“-Bericht hervorging, hat die RBI den Wirtschaftsprüfer PwC und die Rechtsanwaltskanzlei Baker McKenzie beauftragt, „Due Diligence“-Prüfungen einer möglichen Übernahme der verbliebenen Reste der Sberbank Europe durchzuführen. Das Projekt trage den Namen „Red Bird“ oder „Roter Vogel“. Der Wert der Abwicklungsgesellschaft der Sberbank Europe könne laut Insidern bei mehr als 300 Mio. Euro liegen.

Verkäufer der restlichen Sberbank Europe in Liquidation wäre die russische staatliche Konzernmutter – und damit de facto der russische Staat. Aufgrund der herrschenden Sanktionen könne ein Verkaufserlös zwar nicht direkt nach Russland gehen, aber auf ein Treuhandkonto eingezahlt werden. „Der Kreml hätte dann ein Millionenvermögen im Ausland, auf das er nicht zugreifen kann“, schrieb der „Falter“.

RBI verweist auf grünes Licht der Nationalbank

Vonseiten der RBI hieß es zu dem Bericht, die Nationalbank habe „als zuständige Sanktionsbehörde die Einleitung einer ‚Due Diligence‘ zur Evaluierung und Vorbereitung eines möglichen Kaufs der Anteile an der Sberbank Europe AG in Abwicklung genehmigt“. Darüber hinaus wollte die Bank den Verkaufsprozess nicht kommentieren.

Tomaselli kritisiert RBI-Vorgehen

In der Politik sorgten die möglichen Ambitionen der RBI für Unruhe. Im Nachgang des „Falter“-Berichts stellten die Grünen eine Anfrage an Finanzminister Brunner – sie sorgen sich um die Auswirkungen der Russland-Geschäfte der RBI auf das Ansehen Österreichs. „Die Beibehaltung der russischen RBI-Tochter und die nun offenbarten Pläne zur Übernahme des Sberbank-Portfolios schädigen nicht nur in der Ukraine den Ruf der österreichischen Wirtschaft, es droht auch potenzieller Schaden für den Finanz- und Wirtschaftsplatz Österreich“, hieß es in der Anfrage der grünen Abgeordneten Nina Tomaselli.

„Ich denke, dass es nicht im Sinne der Raiffeisen Bank ist, deren genossenschaftlichen Eigentümern und auch nicht im Sinne des Finanz- und Wirtschaftsplatzes Österreich, wenn die RBI die Geschäfte mit Russland sogar ausweitet“, führte Tomaselli am Donnerstag gegenüber dem Ö1-Morgenjournal weiter aus. „Die Sberbank wird vom russischen Staat kontrolliert und ist damit auch mit Sanktionen belegt. Wir glauben, dass das eben keine sichere Bank ist.“

Fragenkatalog an Brunner

Dass die RBI hohe Gewinne in Russland erziele, helfe der Optik nicht. Bezweifelt wird von Tomaselli außerdem, wie ernst es der RBI mit einem Ausstieg aus Russland ist. Vom Finanzminister will die Abgeordnete unter anderem wissen, welche Maßnahmen in Bezug auf das Russland-Geschäft der RBI ergriffen werden, ob es Beratungen mit der Bank hinsichtlich eines Ausstiegs gibt und welche Reputationsrisiken das Finanzministerium für Österreich in dem Fall sieht. Sie forderte, dass die Finanzmarktaufsicht (FMA) und das Ministerium prüfen, welchen potenziellen Schaden das Russland-Geschäft der RBI auslösen könnte.

Innenministerium zuständige Kontrollbehörde

Die FMA sieht sich allerdings nicht zuständig für die Sberbank Europe, da diese keine Bank mehr sei und damit nicht mehr der Aufsicht der FMA unterstehe, berichtete das Morgenjournal am Donnerstag. Für die Reste der Sberbank Europe sei die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst im Innenministerium zuständig. Die RBI unterstehe indessen der direkten Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB).

Konfrontiert mit der Parlamentarischen Anfrage des grünen Koalitionspartners hielt sich die ÖVP am Donnerstag bedeckt. „Man muss jetzt einmal die Fakten anschauen und die Hintergründe aufklären“, sagte Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) im Ö1-Morgenjournal. Klar sei aber, Österreich stehe zu den Sanktionen, so die Ministerin.

Die Sberbank Europe war kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges aufgrund großer Geldabflüsse und wegen der folgenden Sanktionen gegen Russland in die Schieflage geraten. Für die RBI wiederum sind die Töchterbanken in Belarus und vor allem Russland die Cahscows. Auch in der Ukraine ist die RBI tätig, dort wurden im letzten Geschäftsjahr etwa 60 Mio. Euro Gewinn gemacht und damit ein Vielfaches weniger als in Russland.

Ministerium: US-Anfrage kein Anlass zu Sorge

Zuletzt war das Russland-Geschäft der RBI wegen einer Anfrage des US-Finanzministeriums in die Schlagzeilen geraten. Die für die Überwachung von Sanktionen zuständige Behörde OFAC verlangte in einem Schreiben Auskunft über die Einhaltung der gegen Russland verhängten Sanktionen von der RBI, was die RBI-Aktien weiter belastete. Das Finanzministerium betonte dagegen am Donnerstag, diese Anfrage sei kein Grund zur Beunruhigung.

„Die Anfrage der US-Sanktionsbehörde ist ein normaler Vorgang, der keinen Anlass zur Sorge gibt, weil sich Sanktionsbehörden natürlich immer wieder über Geschäfte österreichischer Unternehmen in Russland informieren“, teilte das Ministerium am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters mit.