Der SItz der COFG im Wiener Mediatower
ORF.at/Roland Winkler
RH-Empfehlungen

Lehren aus der CoV-Pandemie

In einem Covid-19-Themenpapier hat der Rechnungshof (RH) am Dienstag Handlungsempfehlungen für die staatliche Krisenbewältigung veröffentlicht. Sie fußen auf Prüfungen, die das Kontrollorgan zum Thema CoV-Pandemie publiziert hat. Laut RH brauche es etwa zeitgemäße Rechtsgrundlagen und präzise Förderkriterien.

„Ich verstehe den Beitrag des Rechnungshofes im Herausarbeiten von Verbesserungspotenzialen“, so RH-Präsidentin Margit Kraker im Vorwort. 18 Prüfungen hat der Rechnungshof bereits zum Thema Coronavirus veröffentlicht, einige weitere sind in Bearbeitung. Empfehlungen, die daraus hervorgehen, gibt es nun zum Pandemiemanagement und zu Covid-19-Hilfen sowie zu einem effektiven Kontrollsystem und einer krisenfesten Organisation.

In Berichten zum ersten Jahr der Pandemie stellte der Rechnungshof fest, dass die Vorbereitungen für ein gesundheitsbehördliches Pandemiemanagement nicht ausreichend waren, obwohl der Handlungsbedarf bereits vor der Pandemie aufgezeigt worden war.

Kritik an unzeitgemäßen Gesetzen und Plänen

Kritik gibt es etwa an der Gesetzeslage: Das Epidemiegesetz sowie der nationale Pandemieplan aus dem Jahr 2006 sind laut Rechnungshof nicht mehr zeitgemäß. Das Kontrollorgan empfiehlt deshalb, für geeignete Rechtsgrundlagen und Krisenpläne zu sorgen.

Epidemiologe über Lehren der Pandemie

Epidemiologe Gerald Gartlehner (Donau-Uni Krems) blickt auf Maßnahmen wie Massentests und Lockdowns für Ungeimpfte zurück und erklärt, was aus medizinischer Sicht sinnvoll war und was als Fehlentscheidung einzuordnen ist.

Notwendig seien funktionierende Meldesysteme, auch brauche es ein klar geregeltes Zusammenspiel zwischen Gesundheitsministerium, Krankenanstalten und dem niedergelassenen Bereich. Eine allgemeine gesetzliche Regelung für eine Informations- und Zusammenarbeitsverpflichtung im Krisenfall habe hier gefehlt.

Kritik am Datenmanagement und vor allem an der fehlenden Verknüpfung von Daten hatten Ende März auch Fachleute gegenüber ORF.at geübt. Mit Daten zum Zusammenhang von Krankheitsverläufen und Gesundheitsstatus sowie Sozioökonomie hätte es auch eine bessere Grundlage zur Abwägung etwa von Schulschließungen gegeben, sagte Komplexitätsforscher Peter Klimek. Er sprach von einem „Digitalisierungsrückstand im Gesundheitssystem“, die „beträchtlichen Lücken“ gebe es nicht nur bei CoV-Daten, sondern generell.

Auch für den Simulationsforscher Niki Popper ist das Hauptproblem der CoV-Daten nach wie vor die dezentrale Erfassung: „Wir brauchen Lösungen, wie die fragmentierten Bereiche im Gesundheitssystem für konkrete Fragestellungen sicher zusammengeführt werden.“

Klarere Ziele bei Förderungen

Der RH nahm unterdessen auch die finanziellen Hilfsmaßnahmen unter die Lupe. 47,7 Milliarden Euro wurden bis Ende 2022 vom Bund ausbezahlt bzw. genehmigt, wie aus dem RH-Papier hervorgeht. Davon waren 14,3 Milliarden Euro Zuschüsse der eigens gegründeten Hilfsagentur COFAG, 9,8 Milliarden Euro flossen in die Kurzarbeit.

RH-Präsidentin Margit Kraker
ORF.at/Roland Winkler
RH-Präsidentin Kraker (l.): Der Bericht soll „Verbesserungspotenziale“ herausarbeiten

Empfehlungen des Rechnungshofes umfassen etwa eine klare Festlegung von Zuständigkeiten, Förderzielen und Parametern, die treffsichere Gestaltung von Hilfsmaßnahmen und die präzise Definition der Förderkriterien. Teilweise unpräzise seien etwa die Kriterien für die Unternehmenshilfen der COFAG gewesen – die antragstellenden Unternehmen hätten ihre Zahlungsunfähigkeit oder einen konkreten Liquiditätsengpass, für die die Zuschüsse vorgesehen waren, auch nicht darlegen müssen.

Eine Kombination von Umsatzersatz und Kurzarbeitshilfe hätte sich außerdem nicht ausgeschlossen, was laut Rechnungshof zu einer „systematischen Überförderung von Personalkosten“ führte – nur im November 2020 hätte das bei 50 ausgewählten großen Unternehmen eine Überförderung von bis zu 29 Millionen Euro verursacht.

RH-Bericht zu CoV-Pandemie

Der Rechnungshof kritisiert Österreich während der CoV-Pandemie, auf die das Land schlecht vorbereitet gewesen sein soll. Das wurde in 18 Berichten und Handlungsberichten zu einem neuen Themenpapier zusammengefasst. Unter anderem geht es um die Verteilung der Hilfsgelder mit dem Gießkannenprinzip.

Hilfen: Systematische Prüfungen fehlten

Auch beim Kontrollsystem der Hilfen meldete der Rechnungshof Kritik an. Zentrale Fördervoraussetzungen seien nicht systematisch geprüft worden – so etwa bei der Familienbeihilfe, die ohne Nachweise ab den ersten Pandemiemonaten bis zum März 2021 weiter gewährt wurde. Der Rechnungshof empfiehlt, Vorgaben für die Kontrolle der Fördervoraussetzungen festzulegen, Konzepte für die nachgelagerte Kontrolle zu entwickeln und die Transparenz der Förderungen sicherzustellen.

Auch in Krisensituationen müsse der Dienstbetrieb sichergestellt werden, verwies der Rechnungshof etwa auf die mangelnde IT-Sicherheit von Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung im Homeoffice. Bestehende Expertise und Strukturen in der Verwaltung sollen laut Rechnungshof außerdem genutzt und bei externen Beauftragungen Wissenstransfer sichergestellt werden.

Zu klein sei dieser bei der COFAG gewesen, für die laut Rechnungshof in hohem Maße externe Leistungen zugekauft wurden, vor allem für Rechtsberatung und Prüfung von Zuschussanträgen. Bis Mitte 2022 fielen dafür Kosten von rund 36 Millionen Euro an.

FPÖ und NEOS sehen sich bestätigt

NEOS-Generalsekretär und Rechnungshof-Ausschussvorsitzender Douglas Hoyos sieht seine Partei durch das Themenpapier bestätigt: „Unsere Kritik an den unpräzisen Förderungen und Überförderungen durch die COFAG belegt der Rechnungshof nun schwarz auf weiß“, hieß es in einem Statement. Er forderte die Regierung, die Steuergeld „ziellos mit der Gießkanne verteilt“ habe, auf, den Rechnungshof ernst zu nehmen.

Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl sah seine Partei bestätigt: Der Rechnungshof gebe der FPÖ „wieder einmal recht“, meinte er in einer Aussendung. Jeder von den Freiheitlichen geäußerte Kritikpunkt am Versagen der Bundesregierung werde in dem Papier belegt. Kickl beklagte zudem, dass die anderen Parlamentsparteien sich vehement weigern würden, die – nun auch vom Rechnungshof kritisierten – Punkte in einem Untersuchungsausschuss aufzuarbeiten.