Rauch über der Stadt Khartoum im Sudan
APA/AFP
RSF-Miliz fordert Intervention

Kämpfe im Sudan verschärfen sich

Im Sudan dauern die Kämpfe zwischen der Armee und paramilitärischen Kräften den dritten Tag in Folge an. In Teilen der Hauptstadt Khartum verschärften sich am Montag Luftangriffe und Beschuss. Mittlerweile ordnete Armeechef Abdel Fattah al-Burhan die Auflösung der Miliz RSF an, die die Kämpfe ausgelöst hatte.

Etwa zwei Stunden lang seien Montagfrüh Bombardierungen und Luftangriffe zu hören gewesen, berichtete ein Reuters-Reporter. Die Kämpfe waren beim Militärhauptquartier offenbar besonders heftig. Rauch stieg aus dieser Gegend auf. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt versteckten sich in ihren Häusern. Es gab Berichte über Stromausfälle, Unterbrechung der Wasserversorgung und Plünderungen. Die Gewalt hat sich mittlerweile von der Hauptstadt in andere Teile des Landes ausgebreitet.

„Überall gibt es Gewehrfeuer und Bombardements“, sagte Awadeya Mahmoud Koko, Leiter einer Gewerkschaft für Teeverkäufer und andere Arbeiter in der Lebensmittelbranche, von seinem Haus in Khartum aus gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Der Machtkampf zwischen Militär und der Miliz Rapid Support Forces (RSF) droht das flächenmäßig drittgrößte Land Afrikas, dessen Bevölkerung trotz des Ölreichtums in großer Armut lebt, wieder in den Bürgerkrieg zu stürzen.

Am Nachittag teilte das sudanesische Außenministerium mit, Burhan habe die Auflösung der paramilitärischen Miliz angeordnet. Ihre Mitglieder würden nun als Aufständische gelten.

Kämpfe im Sudan verschärfen sich

Im Sudan dauern die Kämpfe zwischen der Armee und paramilitärischen Kräften den dritten Tag in Folge an. In Teilen der Hauptstadt Khartum verschärften sich am Montag Luftangriffe und Beschuss. Mittlerweile ordnete Armeechef Abdel Fattah al-Burhan die Auflösung der Miliz RSF an, die die Kämpfe ausgelöst hatte.

Milizchef fordert Intervention

Seit dem Ausbruch der Kämpfe zwischen der Armee und der RSF am Samstag seien mindestens 97 Zivilisten und 45 Soldaten getötet sowie 975 Menschen verletzt worden, teilte das Zentralkomitee der sudanesischen Ärzte mit. Die USA und andere Staaten verurteilten die Gewalt und forderten eine Waffenruhe. RSF-Chef Mohammed Hamdan Dagalo, genannt Hemeti, rief nach einer Intervention der internationalen Gemeinschaft. Die RSF-Miliz hatte die aktuellen Kämpfe begonnen, ist aber nicht zuletzt aufgrund der Luftangriffe offenbar schwer unter Druck der Armee.

Drei ostafrikanische Präsidenten kündigten an, als Vermittler in den Sudan reisen zu wollen: Kenias Präsident William Ruto, Südsudans Präsident Salva Kiir und Dschibutis Präsident Ismail Omar Guelleh.

G-7 fordert sofortige Waffenruhe

Man sei wegen der Kämpfe und der Gewalt im Sudan sehr besorgt, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Rande des G-7-Außenministertreffens in Japan. Alle seien sich einig, dass eine sofortige Waffenruhe und die Rückkehr zu Verhandlungen notwendig seien. Beide Seiten müssten den Schutz der Zivilbevölkerung gewährleisten.

Vor dem Ausbruch der Kämpfe habe es sehr vielversprechende Gespräche gegeben, um den Sudan auf den Weg zu einem vollständigen Übergang zu einer zivil geführten Regierung zu bringen.

Hemeti sieht „brutalen Feldzug“

Hemeti forderte ein Eingreifen der internationalen Gemeinschaft, um gegen die „Verbrechen des sudanesischen Generals Abdel Fattah al-Burhan“ vorzugehen. „Seine Armee führt einen brutalen Feldzug gegen unschuldige Menschen und bombardiert sie mit MiGs“, schrieb der RSF-Chef auf Twitter. Am Sonntag hatte es nach Angaben von Zeugen so ausgesehen, dass die Armee die Oberhand gewinne. Die Armee habe die Kontrolle über einen Großteil des Präsidentenpalasts in Khartum zurückerobert. Zudem dürfte sie nach einem stundenlangen Sendeausfall wieder die Kontrolle über das staatliche Fernsehen erlangt haben.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, verurteilte die Angriffe und forderte, dass die Verantwortlichen unverzüglich zur Rechenschaft gezogen werden sollten: „Die anhaltenden Zusammenstöße im Sudan haben zum Tod und zu Verletzungen von Zivilisten geführt.“ Die humanitäre Lage im Sudan sei schon vorher prekär gewesen und „jetzt katastrophal“.

Unter den Todesopfern seien auch drei Mitarbeiter des UNO-Welternährungsprogramms (WFP), die in Ausübung ihrer Arbeit getötet worden seien. Auch der UNO-Sondergesandte Volker Perthes sagte, er sei entsetzt über die Berichte von Beschuss und Plünderungen, die Einrichtungen der UNO und andere humanitäre Organisationen betreffen würden.

Streit über Eingliederung der Miliz in Armee

Ausgelöst wurde der jüngste Konflikt laut Beobachtern am Samstag durch einen Streit über die Integration der RSF in das Militär als Teil des Übergangs zu einer zivilen Regierung. In dem von schweren Wirtschaftsproblemen gebeutelten Sudan hatten Massenproteste 2019 zum Sturz des jahrzehntelangen Herrschers Omar al-Baschir geführt. Daran waren die Armee und die RSF beteiligt.

Militär und zivile Gruppen einigten sich damals auf eine Übergangsregierung. Im Oktober 2021 kam es aber zu einem Putsch, bei dem das Militär die Macht vollständig übernahm. Seitdem wurde bei Protesten immer wieder der Rückzug des Militärs aus der Politik gefordert. RSF-Chef Hemeti hatte sich zuletzt an die Spitze einer Bewegung gestellt, die das Land nach eigenen Angaben in die Demokratie führen will.

Die RSF setzt sich großteils aus Kämpfern der Dschandschawid-Milizen zusammen. Diese kämpften – im Auftrag der sudanesischen Regierung – im Krieg in der Region Darfur und waren dort für zahlreiche Verbrechen verantwortlich, die laut Human Rights Watch den Tatbestand von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen.