Menschen in Ägypten bei einer Demonstration zur Todesstrafe
AP/Ahmed Ramadan
Amnesty-Bericht

Zahl der Hinrichtungen stark gestiegen

Obwohl weitere Staaten im vergangenen Jahr die Todesstrafe abgeschafft haben, ist die Zahl der gerichtlichen und öffentlich bekannten Hinrichtungen weiter gestiegen und hat 2022 den höchsten Wert in fünf Jahren erreicht. Für die Zunahme seien wenige Staaten verantwortlich, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe von Amnesty International.

Dokumentiert sind laut der Menschenrechtorganisation mindestens 883 Hinrichtungen in 20 Ländern. Dazu kommen aber Tausende Hinrichtungen in China, „die unter Verschluss gehalten werden“, wie Amnesty mitteilte. Sechs Länder schafften im vergangenen Jahr die Todesstrafe vollständig oder zum Teil ab. Unter den weltweit bekannten 883 Fällen waren auch 13 hingerichtete Frauen, davon zwölf im Iran und eine in Saudi-Arabien.

Der Anstieg ist laut der vorliegenden Dokumentation vor allem auf Entwicklungen im Nahen Osten und in Nordafrika zurückzuführen. Die Zahl der erfassten Hinrichtungen im Iran sei von 314 im Jahr 2021 auf 576 im Jahr 2022 gestiegen. In Saudi-Arabien verdreifachte sich die Zahl von 65 (2021) auf 196 im vergangenen Jahr. Das ist der höchste Wert seit 30 Jahren, den Amnesty für das Land verzeichnete.

Situation in Nahost und Nordafrika extrem

„Länder im Nahen Osten und in Nordafrika haben damit gezeigt, wie wenig Achtung sie vor Menschenleben haben. In der gesamten Region ist die Zahl der Menschen, denen das Leben genommen wurde, dramatisch gestiegen; in Saudi-Arabien wurden an nur einem einzigen Tag sage und schreibe 81 Menschen hingerichtet. Und der Iran hat in dem verzweifelten Versuch, den dortigen Massenprotesten ein Ende zu setzen, Menschen nur deshalb hinrichten lassen, weil sie ihr Recht auf Protest wahrgenommen haben“, sagte Agnes Callamard, die Generalsekretärin von Amnesty International, in einer Aussendung.

Die höchste Anzahl an Exekutionen findet laut Amnesty in China statt – sie werden von den chinesischen Behörden allerdings nicht offiziell bestätigt. Auch wenn die genaue Zahl nicht bekannt ist, geht Amnesty von Tausenden Hinrichtungen im Jahr aus – damit liegt China weit vor dem Iran, Saudi-Arabien, Ägypten und den USA. In Nordkorea und Vietnam vollzogene Hinrichtungen werden laut der Menschenrechtsorganisation ebenfalls nicht öffentlich gemacht.

Auch in Afghanistan, Kuwait, Myanmar, dem Gazastreifen und Singapur wurden 2022 nach Unterbrechungen wieder Todesurteile vollstreckt. In den USA stieg die Zahl der Hinrichtungen laut dem Bericht von elf 2021 auf 18 im Jahr 2022.

Sechs Länder gaben Todesstrafe auf

Allerdings gaben auch weitere Länder die Todesstrafe auf. So schafften sechs Länder diese im vergangenen Jahr vollständig oder zum Teil ab: In Kasachstan, Papua-Neuguinea, Sierra Leone und in der Zentralafrikanischen Republik wurde die Todesstrafe für alle Straftaten aufgegeben, in Äquatorialguinea und Sambia nur für gewöhnliche Verbrechen. Liberia und Ghana leiteten rechtliche Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe ein.