Kontoauszug
ORF/Dominique Hammer
WIFO-Analyse

Teuerungsausgleich nur bedingt treffsicher

Die Republik hat zur Abfederung der Folgen der Teuerung seit dem Vorjahr viel Geld in die Hand genommen. Einige Entlastungspakete wurden befristet geschnürt, andere nachhaltig, einige einkommensabhängig, andere unabhängig von der individuellen finanziellen Situation. In einer WIFO-Analyse klingt leise, aber doch Kritik an der ökologischen und sozialen Treffsicherheit durch.

Laut WIFO hat Österreich im europäischen Vergleich gemessen an der Wirtschaftsleistung eines der umfangreichsten Maßnahmenpakete zur Entschärfung der Folgen von Inflation insgesamt und seit dem Vorjahr stark gestiegenen Energiepreisen geschnürt. Das Volumen belaufe sich von 2022 bis 2026 auf 48,7 Mrd. Euro, der größte Teil davon, 48,1 Mrd. Euro, wird vom Bund finanziert.

Das WIFO hat sich in seinem siebenten „Research Brief“ des Jahres „Österreichs Antiteuerungsmaßnahmen 2022 bis 2026“ unter dem Aspekt „Treffsicherheit und ökologische Aspekte“ auch die Kosten- und Ausgabenstruktur genau angesehen. Einige Entlastungen sind kurzfristig wirksam, andere struktureller Natur und damit auf Dauer.

Teuerung vor allem wegen Energiepreisen

Konkret aufgeschlüsselt: #Von den 37,7 Mrd. Euro Entlastungen für private Haushalte sind 38,7 Prozent kurzfristiger Natur bzw. befristet, 61,3 Prozent sind dauerhaft-strukturelle Entlastungen, etwa die Valorisierung von Sozialleistungen und die Kompensation der kalten Progression. Das entspricht einem Verhältnis von 14,6 zu 23,6 Mrd. Euro.

Für Unternehmen und land- und forstwirtschaftliche Betriebe seien 8,3 Mrd. Euro als kurzfristige und 2,1 Mrd. Euro als strukturelle (das WIFO nennt als Beispiel die Senkung der Lohnnebenkosten) Entlastung angelegt. Das Gesamtvolumen besteht zu knapp 47 Prozent aus ausgabenseitigen Entlastungen und zu gut 53 Prozent aus Steuer- bzw. Abgabenentlastungen.

Grafik zur den Antiteuerungsmaßnahmen des Bundes
Grafik: APA/ORF; Quelle: WIFO

Ein erheblicher Teil der Entlastungsmaßnahmen (18,1 Mrd. Euro), schreiben die WIFO-Expertinnen und Autorinnen der Analyse, Claudia Kettner, Margit Schratzenstaller und Andrea Sutrich, weise einen „direkten Energiebezug“ auf – immerhin wurde auch die Preisspirale im Vorjahr vor allem durch die enorm gestiegenen Kosten etwa für Haushaltsenergie in Gang gesetzt.

Kritik an fehlenden Sparanreizen

Erste kritische Anmerkung: Ein „erheblicher Anteil“ der Unterstützungsmaßnahmen, nämlich 16,9 Mrd. Euro, habe „(nicht intendierte) klimakontraproduktive Wirkungen“. Es sei nämlich versäumt worden, Anreize zum Energiesparen zu bieten. Auf Energiekostenzuschüsse, die auf einkommensschwache Haushalte fokussierten, sei das weniger der Fall.

Für diese stellten die Ausgaben für Haushaltsenergie ohnehin einen „relevanten Kostenfaktor“ dar, und ohne starke Einschränkungen seien Sparpotenziale hier kaum gegeben: Diese Haushalte sparen bereits, wo es geht. Zuletzt hieß es auch im Jahresbericht der Statistik Austria, „Wohnen 2022“, dass Haushalte mit einem größeren verfügbaren Einkommen mehr Geld für Energie ausgeben als einkommensschwache.

Thema soziale Treffsicherheit

Zum Thema soziale Treffsicherheit der Maßnahmen äußert sich das WIFO in dem „Research Brief“ nicht explizit, nur so viel: „Ein erster sehr grober Indikator hierfür ist die Unterteilung der Entlastungsmaßnahmen in einkommensabhängige und einkommensunabhängige Maßnahmen.“ Diese sehe so aus: 32,8 Mrd. Euro oder 87,1 Prozent der gesamten Entlastungsmaßnahmen für Privathaushalte würden unabhängig vom Einkommen gewährt, während 4,9 Mrd. Euro „vom Einkommen abhängen“.

Das Verhältnis von einkommensabhängigen und einkommensunabhängigen Hilfen ändert sich bei einer nach der Dauer der Maßnahmen differenzierten Betrachtung: Unabhängig vom Einkommen sind 69,8 Prozent der kurzfristig wirkenden, jedoch 98 Prozent der strukturell wirkenden Maßnahmen. Das ist laut WIFO bedingt etwa durch die Kompensation der kalten Progression und die Valorisierung einiger Sozialleistungen.

Bei Ausgleichsmaßnahmen auf Platz fünf in Europa

Der Fokus der einkommensabhängigen temporären Maßnahmen liege auf Einmalzahlungen für Transferempfänger inklusive Bezieherinnen und Bezieher von geringen Pensionen, Arbeitnehmern mit niedrigen Einkommen sowie Familien mit Kindern.

Österreich liegt mit seinen Transferleistungen von knapp 49 Mrd. Euro bis 2026 im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung im Europavergleich mit 5,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Rang fünf. Mehr Geld investierten relativ gesehen nur die Slowakei (gut neun Prozent), Deutschland (gut sieben Prozent), Malta (knapp sieben Prozent) und Bulgarien (knapp sechs Prozent).