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„Digitaler Euro“

EU-Plan für Kryptoalternative

Neben Bargeld und Plastikkarte könnte in Zukunft auch ein „digitaler Euro“ zum Bezahlen im EU-Raum gelten. Die EU-Kommission legte am Mittwoch einen entsprechenden Plan vor. Die EU-Staaten und das EU-Parlament müssen erst zustimmen, Änderungen sind zu erwarten. In ersten Reaktionen wird darauf gepocht, dass ein „digitaler Euro“ maximal eine Ergänzung sein könne – das verspricht auch die Kommission.

Die EU-Kommission will mit einem Reformpaket den Wettbewerb im europäischen Zahlungsverkehr voranbringen und rechtliche Grundlagen für die Einführung eines „digitalen Euro“ schaffen. „In der Praxis wird dieser Vorschlag zu innovativeren Finanzprodukten und -dienstleistungen für die Nutzer führen und den Wettbewerb im Finanzsektor anregen“, so die Kommission in Brüssel am Mittwoch bei der Vorlage des Pakets.

Der Plan ziele darauf ab, dass Verbraucher und Verbraucherinnen sowie Unternehmen eine zusätzliche Wahlmöglichkeit zu den derzeitigen Optionen erhielten, hieß es bei der Vorstellung. Sie könnten dann digital mit einer weithin akzeptierten, billigen und sicheren Geldform zahlen. Der „digitale Euro“ soll Bargeld ergänzen und in einer digitalen Geldbörse, etwa auf dem Handy, aufbewahrt werden.

EU-Vorstoß zu Digitalgeld

In Brüssel geht es am Mittwoch um die Zukunft des Bezahlens. Die EU-Kommission hat ihren lange erwarteten Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro vorgelegt. Das Digitalgeld ist seit langem ein Wunsch der Europäischen Zentralbank und soll altbewährtes Bargeld ergänzen – aber nicht ersetzen. Bis es soweit ist, könnten aber noch 3-4 Jahre ins Land ziehen.

Finale Entscheidung liegt bei EZB

Dafür soll ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Die EU-Staaten und das EU-Parlament müssen den Kommissionsvorschlägen noch zustimmen, Änderungen sind zu erwarten. Letztlich obliege es aber der Europäischen Zentralbank (EZB) zu entscheiden, ob und wann sie einen „digitalen Euro“ in Umlauf bringe, so die Kommission. Sie geht davon aus, dass ein „digitaler Euro“ frühestens 2028 nutzbar wird.

Den bisherigen Plänen zufolge will der EZB-Rat im Oktober beschließen, ob das Projekt umgesetzt wird. Die Vorbereitungsphase könne zwei bis drei Jahre dauern, hatte EZB-Direktor Fabio Panetta unlängst gesagt, somit wäre der „digitale Euro“ nicht vor 2027 nutzbar. Die EZB hatte im Herbst 2021 eine zweijährige Untersuchungsphase eingeleitet.

Für Zahlungen online und offline

Mit dem „digitalen Euro“ könnten Privatpersonen und Unternehmen im Euro-Raum jederzeit und überall bezahlen, erklärte die Kommission. Wichtig sei, dass er sowohl online als auch offline genutzt werden könne. Zahlungen sollen somit auch von Gerät zu Gerät ohne Internetverbindung möglich sein. Bei Onlinetransaktionen soll das gleiche Maß an Datenschutz gewährleistet sein wie bei bereits existierenden digitalen Zahlungsmitteln.

EU-Kommissioniär Paolo Gentiloni
AP/Virginia Mayo
EU-Kommissionär Paolo Gentiloni bei der Vorstellung der Pläne zum „digitalen Euro“

Bei Offlinezahlungen würden Nutzer weniger persönliche Daten preisgeben, als sie es heute etwa bei Kartenzahlungen tun. „Niemand wäre in der Lage zu sehen, wofür die Menschen bezahlen, wenn sie den ‚digitalen Euro‘ offline verwenden“, so die Kommission. Verteilen sollen den „digitalen Euro“ Banken und andere Zahlungsdienstleister. Grundlegende Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem „digitalen Euro“ sollen für Verbraucher kostenlos sein. Händler im Euro-Raum sollen verpflichtet werden, den „digitalen Euro“ anzunehmen, für kleine Händler soll es Ausnahmen geben.

FPÖ will Bargeld in Verfassung festschreiben

Die Ankündigung der Kommission veranlasste FPÖ-Chef Herbert Kickl, umgehend eine Volksbefragung zum Schutz des Bargelds in der österreichischen Verfassung und zum Recht auf Zahlungen mit Bargeld zu fordern. Der aktuellen Regierung fehle Mut und Wille, „sich klar gegen die schrittweise Abschaffung des Bargelds durch die EU zur Wehr zu setzen“, so Kickl zur APA. Bargeld sei „gedruckte Freiheit, Selbstbestimmung und Sicherheit“, verwies er auch auf ein entsprechendes Volksbegehren mit rund 530.000 Unterschriften.

Kickl ortet auf europäischer Ebene eine „Salamitaktik“: „Zuerst wurde der 500-Euro-Schein abgeschafft, jetzt will die EU-Kommission eine Obergrenze von 10.000 Euro bei Bargeldzahlungen“ und am Ende solle das Bargeld durch den „digitalen Euro“ ganz ersetzt werden. Ziel sei der „gläserne Bürger, unfrei und überwachbar“.

Brunner: Bargeld bleibt

Es gebe „überhaupt keine Diskussion“, dass Bargeld abgeschafft werde, sagte hingegen Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Bargeld müsse „bleiben und wird bleiben“. Ob das Bargeld in die Verfassung müsse, das sollten sich Verfassungsexperten anschauen.

Zum Projekt der EU zeigte sich Brunner abwartend. Er verwies darauf, dass es einen „ersichtlichen Mehrwert“ für den Bürger brauche, „sonst macht das keinen Sinn“. Es müsse sichergestellt werden, dass ein „digitaler Euro“ wenn dann nur eine Ergänzung des Bargelds sei und Bargeld als Zahlungsmittel unangetastet bleibe. Auch die Privatsphäre müsse geschützt werden, das bringe er beim Rat der EU-Finanzminister immer wieder ein.

WKO sieht viele Fragen offen

Die heimische Wirtschaftskammer (WKO) zeigte sich grundsätzlich aufgeschlossen, es seien aber noch viele Fragen offen, so Willi Cernko, Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung. Der Nutzen, die Sicherheit sowie der Schutz der Privatsphäre seien zentrale Anforderungen an das Projekt. Ebenso dürfe die Finanzierung der Wirtschaft „in keiner Weise gefährdet“ werden.

Für die Einführung müsse genügend Zeit vorgesehen werden, neben einer politischen Debatte sei eine umfassende Information der Bevölkerung „unabdingbar“. Weiters plädierte er für eine Analyse der möglichen Auswirkungen auf das Geld- und Wirtschaftssystem. Der Kundennutzen müsse klar im Vordergrund stehen und die Wahlmöglichkeit zwischen digitalem und analogem Euro bzw. Karte müsse bleiben.

Gleichlautend die Meinung in Deutschland: Der „digitale Euro“ könne viele Vorteile bringen, entscheidend sei aber, dass er das Bargeld ergänze und nicht ersetze, teilte das FDP-geführte deutsche Finanzministerium mit. Zudem müsse er den gleichen Schutz der Privatsphäre wie Bargeld bieten. Dann könne der „digitale Euro“ ein „wichtiger Motor für Innovation“ sein. Die deutsche Regierung werde den Gesetzesvorschlag prüfen.

Zahlungsmethoden sollen frei wählbar sein

Mit weiteren Gesetzesinitiativen will die EU-Kommission sicherstellen, dass Bargeld weiterhin breit akzeptiert wird und besser verfügbar ist. Im Euro-Raum solle jeder seine Zahlungsmethode frei wählen können und Zugang zu grundlegenden Bargelddiensten haben, betonte die Brüsseler Behörde. Zudem sollen Einzelhändler Scheine und Münzen ausreichen können, ohne dass Verbraucher etwas kaufen.

Für mehr Sicherheit von Onlinezahlungen soll weiters unter anderem ein System zur Überprüfung der Übereinstimmung der IBAN-Nummern und Namen der Zahlungsempfänger für Überweisungen vorgeschrieben werden. Es solle sichergestellt werden, dass der EU-Finanzsektor in der Lage ist, sich an den fortschreitenden digitalen Wandel und die damit verbundenen Risiken und Chancen anzupassen, so die EU-Kommission. Das solle den Verbrauchern zugutekommen.

Elektronische Zahlungen in der EU haben Kommissionsangaben zufolge in den vergangenen Jahren stetig zugenommen und 2021 einen Wert von 240 (2017: 184,2) Billionen Euro erreicht. Dabei sind neue Anbieter, die sich digitale Technologien zunutze machen, in den Markt eingetreten. Gleichzeitig entstanden auch komplexere Arten von Betrug.