Kämpfer der Privatarmee Wagner
AP
US-Einschätzung

Wagner kämpft derzeit nicht in Ukraine

Die Söldnergruppe Wagner ist nach US-Angaben nicht mehr signifikant an militärischen Handlungen in der Ukraine beteiligt. „Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir keine nennenswerte Beteiligung von Wagner-Truppen an Kampfeinsätzen in der Ukraine“, sagte ein Pentagon-Sprecher. Doch sei festgestellt worden, dass sich „die Mehrheit“ der Kämpfer immer noch in russisch besetzten Gebieten der Ukraine aufhalte.

Zuletzt hatte das russische Verteidigungsministerium noch mitgeteilt, dass die Wagner-Söldner die Übergabe von Waffen an die regulären Streitkräfte Russlands abgeschlossen hätten. Die Wagner-Kämpfer hatten während des russischen Einmarschs in die Ukraine einige der heftigsten und blutigsten Kämpfe ausgefochten. Doch nach dem Aufstand Ende Juni wurde den Söldnern die Wahl gelassen, ins Exil zu gehen, sich den regulären russischen Streitkräften anzuschließen oder „nach Hause“ zu gehen, wie es hieß.

Putin spricht von Angebot an Wagner-Kämpfer

Russlands Präsident Wladimir Putin gab indes in einem Interview an, Wagner angeboten zu haben, weiter unter dem Kommando dessen, der sie die ganze Zeit angeführt habe (gemeint offenbar Putin selbst), zu kämpfen. „Viele haben genickt, als ich das sagte“, beschrieb Putin in der Tageszeitung „Kommersant“ (Freitag-Ausgabe) ein Treffen im Kreml mit Vertretern der Privatarmee von Jewgeni Prigoschin. Prigoschin sei es aber gewesen, der das Angebot abgelehnt habe, so Putin in seiner Darstellung.

Gleichzeitig gestand Putin im „Kommersant“ indirekt ein, dass die russische Führung im Krieg gegen die Ukraine bewusst auf eine illegale Organisation gesetzt habe. „Wir haben kein Gesetz über private Militärorganisationen (…) Die Gruppe gibt es zwar, aber juristisch existiert sie nicht“, sagte der Kreml-Chef.

Söldner bilden Soldaten in Belarus aus

Regierungssprecher Dmitri Peskow gab an, dass man den Status von Söldnergruppen generell auf den Prüfstand stellen wolle. Ein gesetzlicher Rahmen für private Militärunternehmen werde in Betracht gezogen, hieß es. Die Stellung solcher Gruppierungen sei derzeit „ziemlich kompliziert“.

In Belarus bilden indes Söldner der Wagner-Gruppe Soldaten aus, wie das Verteidigungsministerium in Minsk am Freitag mitteilte. „Die Kämpfer fungieren als Ausbildner in einer Reihe militärischer Disziplinen“, hieß es in einer Mitteilung. Trainiert werde in der Nähe der Stadt Ossipowitschi südlich der Hauptstadt Minsk.

ISW ortet fragile Kommandostrukturen

Indes sieht der US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) schwere Probleme in Moskaus Kommandostrukturen, insbesondere nach der Kritik des inzwischen abgesetzten russischen Generals Iwan Popow an Missständen und dem hohen Verlust russischer Soldaten. Popows Absetzung bestätige, dass Moskaus Verteidigungsstellungen in der Ukraine „wahrscheinlich brüchig“ seien, hieß es im neuen Bericht des ISW vom Donnerstag (Ortszeit).

Die Fachleute verwiesen auf ihre früheren Einschätzungen, nach denen die russischen Streitkräfte keine Reserven etwa für Rotationen hätten. Im Falle eines Durchbruchs ukrainischer Kräfte bei deren Gegenoffensive blieben die russischen Stellungen ohne Unterstützung, meinten die ISW-Fachleute.

Droht „Kommando- und Kontrollkrise“?

Zwar wird erwartet, dass Popows Abgang unmittelbar allenfalls „marginale“ Auswirkungen habe – gleichzeitig wurde aber betont: „Die immer fragilere russische Befehlskette könnte in Zukunft zu einer kritischen Kommando- und Kontrollkrise führen, in der die Unterstützung der Feldkommandeure für das russische Militärkommando immer schwächer werden könnte.“

Popow, der die 58. Armee in der besetzten ukrainischen Region Saporischschja befehligt hatte, habe sich mit seiner Kritik auf eine Stufe mit anderen gestellt, hieß es. So hatte etwa Prigoschin Generalstabschef Waleri Gerassismow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu Unfähigkeit vorgeworfen. Auch Popows Ziel könne es gewesen sein, Gerassimow als Oberbefehlshaber für den Krieg gegen die Ukraine zu beseitigen. Der Generalstabschef aber versuche, Kritik zu unterbinden und sie nicht zu Putin durchdringen zu lassen.

„WSJ“: Surowikin wird in Moskau verhört

Unterdessen fehlt von Gerassimows Stellvertreter Sergej Surowikin weiter jede Spur. Wie das „Wall Street Journal“ („WSJ“) berichtete, soll er in Moskau festgehalten und verhört werden. Surowikin, der wegen einer Rolle in Syrien auch als „General Armageddon“ bekannt ist, wurde bisher keines Verbrechens angeklagt, zitierte das „WSJ“ anonyme Quellen aus Moskau. Surowikin habe von den Plänen für den Aufstand gewusst, sei aber nicht an der Meuterei beteiligt gewesen.

Offiziell gibt es für die Verhaftung Surowikins keine Bestätigung. Der Chef des Verteidigungsausschusses im Parlament, Andrej Kartapolow, sagte allerdings in einem Video, das auf Social Media zirkulierte, Surowikin ruhe sich aus und sei „im Moment nicht erreichbar“. Laut „WSJ“ sollen insgesamt etwa 15 Generäle nach dem Aufstand festgenommen worden sein: Einige seien entlassen worden, einige seien suspendiert, einige wieder im Amt.