Ein Protestschild der SAG-AFTRA
APA/AFP/Getty Images/Mario Tama
Hollywood-Streik

Angst vor KI-Plänen der Filmstudios

Hollywoods Schauspielerinnen und Schauspieler sind seit Mitternacht im Streik. Zentral ist die Forderung nach einem klaren Regelwerk für den Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI). Dass die Angst, bald durch computergenerierte Figuren ersetzt zu werden und damit nicht den Job, sondern auch die Kontrolle über das eigene Leinwandleben zu verlieren, berechtigt ist, zeigt der Vorschlag der Studiovertretung.

Die Screen Actors Guild (SAG-AFTRA) fordert von Studios und Streaminganbietern wie Disney, Paramount und Netflix höhere Gagen sowie Zusicherungen zum künftigen Umgang mit KI. Unmittelbar nach dem Streikbeschluss veröffentlichte der SAG-AFTRA-Chefverhandler Duncan Crabtree-Ireland den KI-Vorschlag der Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP), die für viele der großen Studios verhandelt.

Das vorgelegte Regelwerk sehe vor, dass Nebendarstellerinnen und Nebendarsteller einen Tag lang und für eine Tagesgage gescannt werden können. Die Rechte an den Scans würden danach an die Unternehmen übergehen und könnten künftig ohne weitere Zustimmung oder Entschädigung verwendet werden, so Crabtree-Ireland. „Wenn Sie denken, dass dies ein bahnbrechender Vorschlag ist, dann sollten Sie noch einmal darüber nachdenken.“

Einmal gescannt, dann arbeitslos?

Schauspielerinnen und Schauspieler, die als Hintergrunddarsteller engagiert werden, verdienen pro Arbeitstag aktuell rund 200 Dollar – für oft zwölf bis 18 Stunden am Set. Viele davon können sich mit Einsätzen in diesen Kleinstrollen das Leben ohnehin nicht leisten und müssen zusätzlich in anderen Branchen jobben.

Oft sind Hintergrundrollen aber der Einstieg in die Branche, um den Alltag am Set kennenzulernen und Netzwerke aufzubauen. Das von den Studios vorgeschlagene Regelwerk könnte damit nicht nur Tausende in naher Zukunft und quasi über Nacht arbeitslos machen, sondern auch erhebliche Schwierigkeiten für den künftigen Schauspielnachwuchs mit sich bringen.

Lillian Moschen (ORF) zu Hollywood-Streiks

Lillian Moschen (ORF) meldet sich aus Hollywood und berichtet über die Streiks in der Filmbranche. Nach den Drehbuchautoren und -autorinnen legen nun auch Zehntausende Schauspielerinnen und Schauspieler die Arbeit nieder.

Optisch keinen Tag älter als damals

Die Verwendung von KI im Filmgeschäft ist nicht neu. Harrison Ford ist mit 80 Jahren in der Hauptrolle des neuen „Indiana Jones“-Filmes zu sehen – sowohl alt als auch als junge Version seiner selbst. In einem anderen bevorstehenden Film werden Tom Hanks und Robin Wright so zu sehen sein, als wären sie seit ihrer Zusammenarbeit in „Forrest Gump“ vor fast 30 Jahren nicht gealtert.

Technisch sind die Möglichkeiten bereits sehr ausgereift. Auch die Leinwandauferstehung von Toten ist mittels KI kein Problem – so ist etwa ein Anti-Vietnam-Krieg-Film in Arbeit, bei dem James Dean in der Hauptrolle zu sehen sein wird, fast 70 Jahre nach seinem Tod.

„Wir sind nicht gegen künstliche Intelligenz. Es ist in Ordnung, wenn das Gesicht, die Figur und die Stimme von Schauspielern digital modelliert und erfasst werden, vorausgesetzt, sie wissen genau, wofür es verwendet wird, und es gibt angemessene Schutzmaßnahmen, um sicherzustellen, dass diese Daten nicht über den beabsichtigten Verwendungszweck hinaus zur Verfügung gestellt werden“, bekräftigte Crabtree-Ireland am Donnerstag.

AMPTP sieht faires Angebot

Die AMPTP sieht das eigene Angebot hingegen als fair an. Man habe einen Vorschlag vorgelegt, der „historische Gehalts- und Zulagenerhöhungen, wesentlich höhere Obergrenzen für Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge, geschützte Castings, verkürzte Optionszeiträume für Serien und einen bahnbrechenden Vorschlag für künstliche Intelligenz beinhaltet“.

Unterstützung für die Streikenden kommt hingegen von der Regisseursvereinigung Director’s Guild (DGA), die selbst Ende Juni zu einer Einigung mit der AMPTP kam. Man sei enttäuscht darüber, dass in den Verhandlungen nicht fair und angemessen auf die wichtigen Fragen der SAG-AFTRA eingegangen worden sei.

„Wir sind stolz darauf, den Schauspielern und Autoren in ihrem Kampf um Vereinbarungen zur Seite zu stehen, die ihre einzigartigen und wichtigen Anliegen berücksichtigen, so wie sie uns in unseren Verhandlungen unterstützt haben. Und gemeinsam kämpfen wir alle für eine lebendige, nachhaltige Branche, die all unsere einzigartigen Beiträge angemessen würdigt“, so DGA-Präsidentin Lesli Linka Glatter.

Harrison Ford
Reuters/Mike Blake
Im aktuellen „Indiana Jones“-Film kommt künstliche Intelligenz groß zum Einsatz: Harrison Ford spielt sich selbst – jung und alt

Der erste Streik der US-Schauspielerinnen und -Schauspieler seit 1980 begann in der Nacht zum Freitag exakt um Mitternacht (Ortszeit). Hatte die seit Wochen andauernde Arbeitsniederlegung der Drehbuchautoren Produktionen für Kino und Fernsehen bereits stark behindert, dürften viele Film- und Serienprojekte jetzt wegen des Schauspielerstreiks endgültig zum Erliegen kommen. Hunderte Streikende zogen am Freitag mit Plakaten zum Netflix-Gebäude am legendären Sunset Boulevard und vor die Studios von HBO, Amazon und Paramount.