Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)
ORF
„Normal“ vs. „nicht normal“

Einteilung für Kogler „wirklich ein Problem“

Nach den Debatten der letzten Tage hat Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Freitag in der ZIB2 erneut erklärt, die Einteilung in „normal“ und „nicht normal“ Denkende sei „wirklich ein Problem“ und gefährlich. Eine solche Einteilung führe ins Unglück. Angesprochen auf den jüngsten Klimaaktivismus meinte er, dieser schade in dieser Art auf Dauer vielleicht, man müsse nun die Mehrheit vom Klimaschutz überzeugen.

Kogler hatte im „profil“-Interview die von der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zuletzt immer wieder bemühten Bezüge auf die „normaldenkenden“ Menschen für „brandgefährlich und darüber hinaus präfaschistoid“ genannt – die ÖVP Niederösterreich forderte umgehend eine Entschuldigung. Danach in der ZIB2 gefragt, ob eine derart extreme Wortwahl für einen Vizekanzler passend sei, verteidigte Kogler seine Aussagen.

Wenn man beginne, die Menschen einzuteilen in „Normale“, dann gebe es im Gegenzug auch „Abnormale“ – und eine solche Einteilung sei für ihn eben brandgefährlich. „Wo kommen wir denn da hin, wenn wir die Menschen in Normale und nicht Normale einteilen?“, und das eingeteilt von einer Obrigkeit, in wer dazu gehöre und wer nicht. Diese Denkweise halte er angesichts der Geschichte für ein Problem.

Vizekanzler Kogler zum Zustand der Koalition

Der Ton zwischen ÖVP und Grünen wird rauer. Wie steht es um die Koalitionsarbeit und Regierungsvorhaben? Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nahm dazu im ZIB2-Studio Stellung.

In der Zwischenkriegszeit habe es „genau diese Sprache“ und „genau diese Aufteilung“ der Norm gegeben. Es sei eine Frage der sprachlichen Ausdrucksweise und Herangehensweise, darauf habe er hingewiesen, so Kogler. Er wolle das Gesagte noch verstärken: Das sei „wirklich ein Problem“, und eine solche Einteilung führe ins Unglück. Deswegen sollte man rechtzeitig und klar darauf hinweisen. Er stimme aber im Gegenzug Mikl-Leitner zu, dass die Ränder sich immer weiter radikalisieren würden, und dass man hier etwas tun müsse.

Klimaaktivismus dürfe der Sache nicht schaden

Mikl-Leitner hatte das auch auf Klimaaktivisten und Klimaaktivistinnen bezogen, die mit ihren Demonstrationen und Klebeaktionen für viel Kritik in der Bevölkerung sorgen. Die Aktivisten hätten den Verdienst, dass sie auf große Versäumnisse hinweisen, meinte Kogler, der sich auch gegen das Wort Klimaterroristen verwehrte. Es sei aber am Schluss nicht hilfreich, wenn der Sache mehr geschadet werde als genützt.

Er sei hier vielleicht gar nicht so weit entfernt von Mikl-Leitner, so Kogler: Es gehe in der Demokratie zunächst um Mehrheiten, man brauche aber auch den Schutz der Minderheiten. Der Klimaaktivismus schade vielleicht auf Dauer mehr als er nütze, wenn Mehrheiten genervt und nicht gewonnen werden. Man müsse aber verstehen, wenn eine gewisse Besorgnis und ein gewisser Alarmismus da seien. Man müsse nun schauen, dass man auch die Mehrheiten mitnehme und für den Klimaschutz gewinne, statt sie zu nerven.

Abschaffung des Amtsgeheimnisses soll noch kommen

Gefragt nach der Bilanz der Bundesregierung und fehlenden Gesetzen wie etwa zum Amtsgeheimnis und Klimaschutz verwies Kogler auf bereits Erreichtes. Es seien mehr Gesetzesbeschlüsse umgesetzt werden als die Jahre zuvor, so Kogler, der aber auch zugab, dass noch mehr passieren müsse. Er sei zuversichtlich, dass die Abschaffung des Amtsgeheimnisses noch in dieser Regierung wie geplant gelinge.

Zum Klimaschutzgesetz meinte Kogler, er könne nicht versprechen, was die Mehrheit im Nationalrat mache, aber auch in diesem Punkt sei er zuversichtlich. An dem Gesetz werde gerade gearbeitet, es sei immer ein Bohren harter Bretter, das alte Denken sei noch da. Man müsse aber Mut und Zuversicht haben, „all die anderen Punkte“ seien „auch gelungen“.

Die Grünen hätten ihre Wahlergebnisse in den Bundesländern gehalten, so Kogler auf die zuletzt verhaltenen Umfragewerte, es sei derzeit überall in Europa für Regierungen schwierig. Es brauche daher Mut und Zuversicht, Rechtspopulistinnen und -populisten würden mit einfachen Antworten arbeiten. Zudem sei die Nationalratswahl keine Kanzlerwahl und Umfragen seien immer Zeitpunktaufnahmen, es müsse nicht passieren, dass FPÖ-Chef Herber Kickl Kanzler werde, denn auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen werde eine Rolle spielen.

ÖVP Niederösterreich ortet grünen „Beißreflex“

Eine Replik mehr auf Koglers Aussagen kam am Samstag vom Klubobmann der ÖVP Niederösterreich, Jochen Danninger. Er ortete in einer Aussendung eine „Faschismus-Keule“ der Grünen. „Das Wort normal löst bei den Grünen offenbar einen ideologischen Beißreflex aus. Auf jene, die die Sorgen und Ängste der Menschen der breiten Mitte der Gesellschaft ansprechen, gehen die Grünen mit der Faschismus-Keule los. Das ist weiterhin eine schwere Entgleisung“, so Danninger nach dem Auftritt Koglers in der ZIB2. „Wer so radikal formuliert, wie Werner Kogler, verschreckt die Menschen der Mitte, die sich irritiert von der Politik abwenden.“