Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne)
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Vor Wahl 2024

Gewessler glaubt noch an Klimaschutzgesetz

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) will das lange ausstehende Klimaschutzgesetz weiterhin Realität werden lassen, und zwar trotz Widerstands des Koalitionspartners ÖVP noch in der aktuellen, bis September 2024 laufenden Legislaturperiode. Im Ö1-„Mittagsjournal“ verteidigte sie auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eine „präfaschistoide“ Argumentation vorgeworfen hatte.

Dass Wirtschaftsbund-Generalsekretär und ÖVP-Mandatar Karlheinz Kopf die Realisierung des Gesetzes mit verpflichtenden Emissionsreduktionspfaden zuletzt als eher unwahrscheinlich gewertet hat, ließ Gewessler unbeirrt. Vor nicht allzu langer Zeit habe Kopf auch prophezeit, dass Österreich nie ein Pfandsystem bekommen werde, und nun werde genau das Realität. „Ich lasse mich beim Klimaschutz von einzelnen Abgeordneten nicht aus der Bahn werfen“, sagte sie: „Da würde ich nicht weiterkommen.“

Auf Sektorziele zu verzichten, wie es Kopf ebenfalls vorgeschlagen hat, will Gewessler nicht. Wichtig sei, „dass wir ein ehrliches Gesetz machen und ein Gesetz, das wirkt“. Dafür brauche es einen ehrlichen Blick, welcher Sektor welchen Beitrag leiste. Eine ähnliche Diskussion habe man unter anderem in Deutschland geführt, und auch auf europäischer Ebene gebe es erst jetzt wieder Ziele für einzelne Sektoren.

Ausstieg aus Gasheizungen ebenfalls Ziel

Die Ministerin nannte auch das „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“ mit dem Ausstieg aus Gasheizungen als Vorhaben, das im letzten Jahr der Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP noch umgesetzt werden soll. Nach dem Ende der Zweidrittelblockade der SPÖ habe es bereits Gespräche auf parlamentarischer Ebene gegeben.

Zur Frage, ob sich nicht im Verkehrsbereich zu wenig tue, verwies Gewessler auf Rückgänge der Treibhausgasemissionen in allen Bereichen. Diese seien 2022 laut derzeit laufender Berechnungen des Umweltbundesamts um mehr als sechs Prozent gegenüber 2021 gesunken. Zwar spiegelten sich hier auch die hohen Energiepreise wider, das sei aber nicht allein ausschlaggebend. Bei fünf Prozent Wirtschaftswachstum im Vorjahr seien die Emissionen um mehr als sechs Prozent zurückgegangen.

Rückhalt für Kogler bei Vorwürfen gegen Mikl-Leitner

Zu den jüngsten Aussagen ihres Parteikollegen und Vizekanzlers Kogler, der Mikl-Leitner kritisiert hatte, erklärte Gewessler, dass sie dessen Sorge teile. Der Vizekanzler hatte der Landeshauptfrau vorgeworfen, präfaschistoid zu argumentieren, wenn sie Menschen in normal denkend und nicht normal denkend einteile. Die ÖVP Niederösterreich hat umgehend eine Entschuldigung gefordert.

„Wir sind in einer Zeit von großen Krisen, und in großen Krisen braucht man mehr Zusammenhalt und nicht mehr Spaltung. Man müsse umsichtig mit Worten umgehen.“ Die Einteilung in „normal“ und „nicht normal“ gehöre nicht dazu, so Gewessler. „Wir Grünen stehen dafür, dass unsere Gesellschaft vielfältig ist und dass wir die Stärke in unserer Gesellschaft aus Vielfalt und Zusammenhalt und nicht als Ausgrenzung beziehen.“

Kritik von FPÖ und NEOS

Der Mediensprecher und Generalsekretär der FPÖ, Christian Hafenecker, nannte Gewessler in einer Aussendung nach dem Ö1-Gespräch „eine absolute Fehlbesetzung“. Sie habe alles dafür getan, um Autofahrer zu ärgern. „Sich darüber zu freuen, dass die Österreicher aufgrund der horrenden Preise für Strom und Gas im Vorjahr frieren mussten, weil sie es sich schlichtweg oftmals nicht leisten konnten, ihre Wohnung zu heizen, ist zynisch und steht für die Politik der Grünen.“

NEOS-Klima- und -Umweltsprecher Michael Bernhard beklagte in einer Aussendung, dass entscheidende Gesetze und Reformen fehlen würden, „für die Menschen in Österreich hat die grüne Regierungsbeteiligung keine nennenswerten Verbesserungen gebracht“. Die Grünen sollten aufhören, sich in die eigene Tasche zu lügen, so Bernhard. „Die Österreicherinnen und Österreicher sehen doch, dass ÖVP und Grüne nur miteinander beschäftigt sind, aber in den entscheidenden Fragen nichts weiterbringen. Es gibt keinerlei Fortschritte bei der Bildung, bei der Transparenz, bei der so dringend notwendigen finanziellen Entlastung der Menschen.“