Libyscher Grenzschutz rettet Geflüchtete aus Wüste

Der libysche Grenzschutz hat Dutzende Geflüchtete aus der Wüste gerettet, nachdem diese mutmaßlich von Sicherheitskräften in Tunesien an der gemeinsamen Landesgrenze ausgesetzt worden waren. Das teilte das libysche Innenministerium gestern mit.

Die Geretteten seien in das nahe gelegene Grenzdorf al-Assah im Norden Libyens gebracht worden, hieß es. Helferinnen und Helfer der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sowie die libyschen Behörden hätten sie mit Essen, Kleidung und einer provisorischen Unterkunft versorgt. Insgesamt sollen knapp 200 Menschen gerettet worden sein, so IOM.

Schwere Vorwürfe gegen tunesisches Militär

In einem vom Innenministerium veröffentlichten Video sagten zwei aus Nigeria stammende Männer, sie seien von Angehörigen des tunesischen Militärs geschlagen und mit anderen in ein Wüstengebiet gebracht worden. Man habe sie aufgefordert, sich bis nach Libyen durchzuschlagen.

Ein anderer Mann sagte, das tunesische Militär habe ihnen die Pässe abgenommen und die Dokumente dann verbrannt. Er sei mit 35 anderen Menschen in ein Fahrzeug gesteckt und an die Grenze zu Libyen gebracht worden. Die Gruppe habe zwei Tage lang in der Wüste ausgeharrt.

Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf tunesischen Sicherheitskräften vor, Hunderte Geflüchtete kollektiv in Richtung der Grenze ausgewiesen zu haben. Darunter seien Kinder und schwangere Frauen.

Absichtserklärung für EU-Tunesien-Deal steht

Angesichts steigender Zahlen von flüchtenden Menschen und ihrer lebensgefährlichen Fahrten über das Mittelmeer haben die EU und Tunesien indes eine noch stärkere Zusammenarbeit bei dem Thema beschlossen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Regierungschefs der Niederlande und Italiens sowie Tunesiens Präsident Kais Saied verkündeten am Sonntag die Unterzeichnung einer entsprechenden Absichtserklärung.

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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) begrüßte die Einigung. „Österreich fordert das schon sehr lange, das ist der richtige Weg, den die Kommission da einschlägt“, sagte Nehammer. Dabei verwies er auf die Übereinkommen Österreichs mit Marokko und Indien sowie ein geplantes Abkommen mit Ägypten. Die EU müsse diesen „Weg weitergehen“.

Der Migrationsexperte Gerald Knaus sah die Lösung hingegen als nicht zu Ende gedacht an, wie er in der ZiB3 sagte. Es stelle sich die kritische Frage, ob es in der Absichtserklärung ein klares Konzept gebe, wie Menschen daran gehindert werden sollen, sich in Boote zu setzen und das Meer zu überqueren. „Ich fürchte, dass das, was man erreichen kann, auf Kosten der Menschenrechte umsetzt wird“.