Die Mitteilung der Engpässe erreichte die US-Medikamentenaufsicht Food and Drug Administration (FDA) am Dienstag. Eine Sprecherin von Novo Nordisk hielt fest: „Wir sehen derzeit, dass die Nachfrage nach Saxenda in bedeutendem Maße ansteigt.“ Medienberichten zufolge werde das Produkt weiterhin hergestellt und versandt. Jedoch seien „für den Rest des Jahres und darüber hinaus“ Engpässe möglich.
Seit einiger Zeit erlebt die Pharmaindustrie einen Boom bei Medikamenten zur Gewichtsabnahme. Die neuen Arzneien wie etwa Wegovy sind zur Begleitung einer Diät bei krankhaftem Übergewicht und einem Body-Mass-Index ab 30 (Adipositas) gedacht. Besonders in sozialen Netzwerken wird für das Medikament breit und ausführlich geworben. Mittlerweile greifen aber auch immer mehr Menschen, die nicht unter die Adipositas-Definition fallen, zu den Mitteln.
Kassenschlager mit Engpässen konfrontiert
Vor allem in den USA dürfte das Arzneimittel von nicht wenigen Menschen als Lifestyle-Produkt verstanden werden: Die Medikamente werden oftmals „off-label“ – also abseits ihrer offiziell zugelassenen Anwendungsgebiete – auch an weniger oder gar nicht übergewichtige Menschen abgegeben. Die betroffenen Hersteller meldeten deshalb Versorgungsengpässe für Diabetiker und Diabetikerinnen durch den Off-Label-Gebrauch des Medikaments als Abnehmmittel.
Hinweis
Die Österreichische Gesellschaft für Essstörungen bietet auf ihrer Website eine österreichweite Übersicht über Beratungsstellen und Hotlines für Betroffene von Essstörungen und deren Angehörige.
Wegen dieser Engpässe weichen offenbar viele Menschen eben auf ältere Mittel wie etwa Saxenda (Wirkstoff Liraglutide) aus. Das Medikament ist schon fast zehn Jahre auf dem Markt, gilt aber im Vergleich zu dem jüngeren Mittel Wegovy als weniger effektiv. Abnehmwilligen wird von Ärzten und Ärztinnen auch gern das Diabetesmedikament Ozempic verschrieben – doch Wegovy ist weiterhin der Kassenschlager der Branche.
In Österreich noch nicht erhältlich
Seit Mitte 2021 ist die Abnehmspritze Wegovy in den USA auf dem Markt und verhalf Novo Nordisk zu Rekordumsätzen. In der EU ist das Arzneimittel zwar seit Anfang 2022 zugelassen, wegen des Hypes in den USA dämpfte das Unternehmen allerdings die Erwartungen an eine schnelle Markteinführung. Erst diese Woche bieten deutsche Apotheken Wegovy an. In Österreich ist es noch nicht erhältlich.
Gegenüber dem „Kurier“ hielt das dänische Unternehmen fest: „Wir arbeiten daran, das Medikament auch in Österreich auf den Markt zu bringen und bauen unsere Produktionskapazitäten weiter aus, können zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch keine Informationen zu Markteinführungen in weiteren Ländern geben.“ Ob das Produkt dieses Jahr noch in heimischen Apotheken angeboten wird, wird bezweifelt.

Wirkstoff gegen Diabetes – und nun Adipositas
Wegovy basiert auf dem Wirkstoff Semaglutid, der den Effekt des körpereigenen Glukagon-Like-Peptids-1 nachahmt. Der Wirkstoff ist in Europa seit 2018 als Diabetes-Medikament zugelassen, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Die wöchentliche Anwendung führt bei Typ-2-Diabetikern zur Blutzuckersenkung und zu einer Reduktion des mittelfristig aussagekräftigen Wertes für die Blutzuckerkontrolle (HbA1c) um 1,2 bis 1,8 Prozentpunkte.
Die seit Anfang 2022 bestehende Zulassung in der EU gilt speziell für das Einsatzgebiet Gewichtsverlust und -kontrolle. In klinischen Studien wurde ein Abnehmeffekt von minus 15 Prozent des Körpergewichts nachgewiesen. Als Nebenwirkungen gaben Patienten und Patientinnen Übelkeit, Durchfall, Verstopfung und Erbrechen an. Semaglutid greift erheblich in den Stoffwechsel ein, die Menge des Peptidhormons GLP-1 wird dauerhaft erhöht.
Der Sicherheitsausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) prüft zudem gerade Daten über das Risiko von Suizidgedanken und Gedanken an Selbstverletzung bei den Arzneimitteln Ozempic, Wegovy sowie Saxenda. Berichte über Suizidgedanken und Selbstverletzungen bei Patientinnen und Patienten, die Liraglutid und Semaglutid einnahmen, lösten die Prüfung aus. Es sei noch unklar, ob die Fälle mit den Mitteln selbst oder mit den Grunderkrankungen der Betroffenen oder anderen Faktoren zusammenhängen.