Ortstafel Grafenwörth
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Bericht

Neue Details über Riedls Grundstückdeals

Der Bürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde Grafenwörth, Alfred Riedl, – sein Amt als Gemeindebund-Präsident hat er ruhend gestellt – ist am Freitag mit neuen Vorwürfen konfrontiert worden. Das Onlinemedium Wiener Zeitung (WZ) stieß bei Recherchen auf eine Reihe weiterer Grundstücksdeals des Bürgermeisters, die Fragen aufwerfen.

In den vergangenen Tagen wurden mehrere Enthüllungen publik, die den Gemeindebund-Chef betreffen. Berichten zufolge soll Riedl durch Grundstücksverkäufe in seiner Heimatgemeinde Grafenwörth (Bezirk Tulln) mehr als eine Million Euro verdient haben. Auf den veräußerten Flächen wurden zum Teil bereits Reihenhäuser errichtet. Auf weiteren Grundstücken sollen im Zuge des Projekts „Sonnenweiher“ mehr als 200 Häuser rund um einen Foliensee entstehen.

Die WZ berichtete unterdessen am Freitag von Dutzenden weiteren Grundstücksgeschäften des Bürgermeisters. Riedl und seine Firma Realitas Grawoe GmbH – deren Miteigentümerinnen seit 2022 auch seine drei Töchter sind – haben demzufolge zahlreiche Grundstücke in der Gemeinde erworben. Die meisten Flächen habe der ÖVP-Politiker gekauft und an seine Töchter und Enkelkinder verschenkt. „Auf mehr als 70 historischen und aktuellen Auszügen aus der Gemeinde Grafenwörth steht der Name Alfred Riedl“, heißt es im Bericht.

Gründstücke aus Verlassenschaften

Der Baukonzern Swietelsky habe Riedl zum Beispiel ein Grundstück an einem Schotterteich verkauft: 4.779 Quadratmeter Grünland wechselten 2020 laut der Plattform für den Kaufpreis von 630 Euro den Besitzer (13 Cent pro Quadratmeter). Später habe Riedl das Grundstück wie so oft seinen Töchtern und Enkeln geschenkt. Im Schenkungsvertrag werde der Wert auf 190.000 Euro geschätzt.

Gemeindebundpräsident Alfred Riedl
APA/Georg Hochmuth
Am Dienstag zog sich Riedl – vorübergehend – aus dem Gemeindebund zurück

Gegenüber der Wiener Zeitung bestätigte der Bürgermeister den Kauf, die Kaufsumme aber nicht. Der Vorbesitzer Swietelsky habe weiterhin die Rechte zum Schotterabbau, so Riedl. Der Betrieb dort werde aber bis Ende 2027 eingestellt. Danach könnte der Baukonzern den Rest der Fläche, insgesamt 52.239 Quadratmeter, auch verkaufen, und dann habe Riedl ein vertraglich abgesichertes Vorkaufsrecht. Auch das wäre mit elf Cent pro Quadratmeter ein Schnäppchen.

Weitere Flächen in Grafenwörth wurden dem Bericht zufolge beispielsweise in Verbindung mit Verlassenschaften erworben. So soll ein Grundstück einer Verstorbenen in einem Verlassenschaftsverfahren im Jahr 2017 einem Herrn H. zugesprochen worden sein. H. ist laut Wiener Zeitung nicht mit der Verstorbenen verwandt und gehört „nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben“. H. soll das Grundstück wenig später an Riedl für 8.503,30 Euro verkauft haben, das sind 1,3 Euro pro Quadratmeter.

Luftansicht der Reihenhäuser des Projekts „Sonnenweiher“ in Grafenwörth
ORF
Wegen des Projekts „Sonnenweiher“ steht Riedl in Kritik

Grüne fordern Rücktritt, NGOs Aufklärung

Riedl hatte am Dienstag sein Amt als Gemeindebund-Präsident „ruhend gestellt“ – die Satzung der Interessenvertretung kennt diese Vorgehensweise nicht. Durch diesen Schritt solle der Gemeindebund entlastet werden, um in Ruhe weiterzuarbeiten, so Riedl, der sich „medialen Angriffen“ ausgesetzt fühlte. Gemeindebund-Vizepräsidenten Erwin Dirnberger und Vizepräsidentin Andrea Kaufmann übernehmen die Aufgaben von Riedl.

Die Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer forderte den Gemeindebunde-Präsidenten allerdings zum Rücktritt auf. Die neuesten Enthüllungen in Verbindung mit Grundstücksdeals des Gemeindebund-Chefs hätten das Bild verdichtet, betonte Voglauer in einer Aussendung. „Herr Riedl ist sich selbst am nächsten. An das Wohl der Bürger:innen denkt er – wenn überhaupt – erst an zweiter Stelle.“ Auch NEOS Niederösterreich forderte den Rücktritt Riedls.

Greenpeace hatte zuvor vom Land Niederösterreich die Herausgabe aller Gutachten zum Bauprojekt „Sonnenweiher“ gefordert. Die Umweltorganisation verlange in einer Aussendung „rasche und transparente Aufklärung“. Konkret gehe es um jene Gutachten des Landes, die den Bau des Projekts ermöglicht haben, wurde zum Schreiben an das Amt der NÖ Landesregierung vom Freitag mitgeteilt. Verwiesen wurde auf das Umweltinformationsgesetz.

„Die Liste an Ungereimtheiten und augenscheinlichen Unvereinbarkeiten wird immer länger. Das Land Niederösterreich als Aufsichtsbehörde muss eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzen und volle Transparenz herstellen“, forderte WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories in einer Aussendung. Darüber hinaus verlangte die Umweltschutzorganisation strengere Regeln in der Raumordnung auf Bundes- und Landesebene, um den Flächenfraß einzudämmen: „Solange Gemeinden allein über Flächenwidmungspläne entscheiden, wird sich das Problem nicht lösen.“