Rechnung und Lebensmittel
ORF/Patrick Bauer
Weiter hohe Inflation

EZB in der Bredouille

Für die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte der Kampf gegen die Inflation noch nicht beendet sein: Die Teuerung in der Euro-Zone hat sich im August als hartnäckig erwiesen. Die Verbraucherpreise stiegen um 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat am Donnerstag nach einer ersten Schätzung mitteilte. Die Inflation in Österreich lag gar noch um mehr als zwei Prozentpunkte über jener im Euro-Raum.

Die EZB strebt 2,0 Prozent Teuerung als optimales Niveau für die Währungsgemeinschaft an – dieses Ziel liegt nach den neuen Daten noch weit entfernt. Die EZB hat seit Sommer vergangenen Jahres im Kampf gegen den kräftigen Preisschub bereits neunmal in Folge die Zinsen angehoben, zuletzt im Juli um einen Viertelprozentpunkt. Der auf dem Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt inzwischen bei 3,75 Prozent. Im Juni 2022 hatte dieser noch bei minus 0,5 Prozent gelegen.

Wie es mit dem Straffungskurs weitergehen soll, ließ EZB-Chefin Christine Lagarde aber zuletzt offen. Die nächste Zinssitzung der Zentralbank ist in zwei Wochen. EZB-Direktorin Isabel Schnabel sagte am Donnerstag, ein Zinsgipfel sei noch nicht vorhersagbar. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann äußerte sich ähnlich: „Es könnte sein, dass wir noch eine weitere Anhebung oder zwei unternehmen.“

Für und Wider weiterer Zinsschritte

Die Befürworterinnen und Befürworter einer Pause bei der Straffung der Geldpolitik argumentieren, dass das Wachstum jetzt schnell nachlässt und dass die Wirtschaft des Euro-Raums, die in den letzten drei Quartalen stagnierte, sogar in eine Rezession abrutschen könnte, da es kaum Anreize für einen Aufschwung gibt.

Die größte Schwachstelle in der Euro-Zone ist Deutschland, dessen Wirtschaft nach Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) als einzige der großen Volkswirtschaften in diesem Jahr schrumpfen wird. Manche Währungshüter wie etwa Portugals Notenbankchef Mario Centeno mahnen daher zur Vorsicht bei weiteren EZB-Beschlüssen.

Eine Grafik zeigt die Veränderung der Inflation in Österreich im Jahresabstand
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Nach wie vor zeigen die Inflationsdaten für die einzelnen Länder eine stark unterschiedliche Entwicklung. In den Niederlanden beispielsweise lag die Teuerung mit 3,0 Prozent im August nicht einmal halb so hoch war wie jene in Österreich, in Belgien und in Spanien stiegen die Verbraucherpreise jeweils lediglich um 2,4 Prozent. Auch in Frankreich (5,7 Prozent) und Deutschland (6,1 Prozent) gab es laut den dortigen Schnellschätzungen niedrigere Werte als in Österreich. Noch höher fiel die Teuerung nur in der Slowakei mit 9,6 Prozent und in Kroatien (8,5 Prozent) aus.

Kritik an „türkis-grüner Gießkanne“

Die heimische Opposition ging am Donnerstag wegen der weiter hohen Inflation mit der Regierung hart ins Gericht. Von „unterlassener Hilfeleistung“ an der Bevölkerung sprach die SPÖ. Die FPÖ sah eine „katastrophale Politik“ der Koalition, NEOS gab der „türkis-grünen Gießkanne“ die Schuld.

Tatsächlich hat Österreich im Euro-Raum-Vergleich lange Zeit stärker auf Einkommens- bzw. Transfermaßnahmen (etwa den Klimabonus) als auf direkte Preismaßnahmen (etwa Senkung der Energieabgaben oder der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel) gesetzt. Die Regierung, formulierte es Fiskalratschef Christoph Badelt im Frühjahr drastisch, möge „bitte aufhören, das Geld hinauszuwerfen“.

Einen richtigen Schritt sehen Badelt und der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr, dagegen in dem von der Regierung angekündigten Mietpreisdeckel. Die Inflation dürfte im kommenden Jahr durch das Paket sinken, glauben die Ökonomen.