Ein Vertrag wird unterschrieben
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Vergaberegeln

FMA strikt gegen Lockerung bei Krediten

Von vielen unterschiedlichen Seiten – vom Finanzminister über Banken bis hin zur Wirtschaftskammer – kommen seit Monaten immer wieder Rufe, die Regeln für die Vergabe von Immobilienkrediten an Private müssten gelockert werden. Doch die Finanzmarktaufsicht (FMA) ist strikt dagegen und nennt mehrere Gründe. Einer davon: Viele, vor allem Junge, würden heute Minimalzinsen als normal ansehen.

Die Kreditvergabestandards seien in den letzten Jahren stark erodiert, die derzeitigen Standards seien langfristig gesehen „gerade noch vertretbar“, zeichnete FMA-Vorstand Helmut Ettl am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten ein völlig anderes Bild als die Proponenten einer Lockerung. Man könnte auch sagen, er deckte die Schattenseiten weniger strikter Regeln auf.

Argumente für eine Aufweichung der Standards sehe man derzeit „nicht auf dem Tisch“. Ettl erinnerte an die vor 15 Jahren durch die Lehman-Pleite ausgelöste Finanzkrise. Man habe damals auch an Menschen, die es sich eigentlich nicht leisten konnten, Wohnbaukredite vergeben.

Ettl: Nullzinsjahre nicht normal

Viele der heutigen Kreditnehmer seien damals nicht dabei gewesen und würden die Niedrigzinsphase der letzten zehn Jahre für eine normale Entwicklung halten, das sei aber nicht richtig: Diese Phase sei vielmehr außergewöhnlich und sie sei durch außergewöhnliche Stabilisierungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) herbeigeführt worden.

FMA: Kreditregeln sinnvoll und wichtig

Die Regeln für eine Kreditaufnahme sind strenger geworden. An diesen Regeln hat es zuletzt immer wieder Kritik gegeben, etwa von der ÖVP. Die Finanzmarktaufsicht hingegen hält die Kreditregeln für sinnvoll und wichtig.

Entkoppelung von Immopreisen und Einkommen

Bis 2010 habe es in Österreich eine Parallelentwicklung der Einkommen und der Preise von Wohnimmobilien gegeben, erklärte Ettl. Seither hätten sich aber die Preise der Wohnimmobilien mehr als verdoppelt, während die Einkommen nur um etwas über 50 Prozent gestiegen seien. Die Wohnimmobilien seien in den letzten Jahren stark überbewertet gewesen. „Die dahinterstehenden Triebkräfte waren natürlich die niedrigen Zinsen“, so der FMA-Vorstand.

Ettl: Viele konnten sich Kredite nicht leisten

Außerdem hätten durch die erodierenden Kreditvergabestandards der Banken auch Menschen Kredite bekommen, die es sich nicht leisten konnten. Variabel verzinste Wohnbaukredite seien ein österreichisches Spezifikum. „Es gibt kein anderes Land, wo der Anteil der variabel verzinsten Kredite so hoch ist.“ Zeitweise habe der Anteil der variablen Kredite bei der Neuvergabe 80 Prozent betragen.

Die FMA habe damals bereits davor gewarnt und vorgerechnet, dass für fix verzinste Kredite nur um 0,3 bis 0,4 Prozent höhere Zinsen zu bezahlen gewesen wären. „Wir haben es natürlich heute mit Generationen zu tun, die eine normale Zinsentwicklung niemals gefühlt haben.“ Das gelte auch für die Inflation.

Die Erhöhung des EZB-Leitzinses auf mittlerweile 4,5 Prozent erhöht automatisch die Kosten für Kreditnehmer von variabel verzinsten Darlehen. Dazu kommt die hohe Inflation, die alles deutlich teurer macht – bei Lohnabschlüssen, die die Teuerung bestenfalls abdecken.

Trotz – oder wegen – steigender Zinsen mehr „Variable“

Ettl verwies zudem auf eine eigentlich völlig unlogische Entwicklung – nämlich, dass variabel verzinste Kredite ausgerechnet wieder zunehmen, seitdem die EZB die Zinsen anhebt. Normalerweise ist es umgekehrt. Die Leute würden möglicherweise nicht glauben, dass die Zinsen nachhaltig gestiegen sind, so Ettl. Oder aber, viele hätten sich fixe Zinsen einfach nicht leisten können und daher auf den scheinbar günstigeren variabel verzinsten Kredit gesetzt.

Ettl: Im EU-Vergleich noch immer „großzügig“

In den nächsten Monaten will sich die Aufsichtsbehörde die Kreditvergaben der Banken genauer anschauen und auch, wie die Banken ihre Kundinnen und Kunden beraten haben. Die derzeit geltenden Standards seien „gerade noch vertretbar“ und im europäischen Vergleich immer noch „großzügig“, meinte Ettl. „Das sind Minimumstandards, die nicht unterschritten werden sollten.“

Vorgesehen ist derzeit unter anderem, dass die Kreditraten 40 Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigen dürfen und der Eigenmittelanteil nur zehn Prozent betragen muss bzw. 20 Prozent, wenn man die Nebenkosten des Kredits berücksichtigt. Gültig sind die in der KIM-Verordnung festgelegten Regeln für die Immokreditvergabe an Private seit etwas mehr als einem Jahr.

Dass die Kreditausfälle immer noch sehr gering sind, beruhigt Ettl nicht. Auch vor 2008 seien die Ausfälle gering gewesen. Richtig sei aber, dass die Banken derzeit sehr gut verdienen würden und mit guten Kapitalquoten ausgestattet seien.

Brunner-Appell an FMA

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hatte wiederholt auf Lockerungen gedrängt, damit „alle Bürgerinnen und Bürger, die es sich leisten können, ihren Wunsch nach einem Eigenheim umsetzen können“, wie er in einem veröffentlichten Brief an den FMA-Vorstand formulierte.

Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), warf der FMA am Montag eine „unverständliche Blockadehaltung“ vor. Die Immokredite seien im Jahresvergleich um bis zu 70 Prozent eingebrochen, und viele würden sich mittlerweile Kredite in Deutschland organisieren. Eine Reform der KIM-Verordnung sei daher dringend nötig, forderte Gollenz.