Polnische Präsident Andrzej Duda
Reuters/Kacper Pempel
Keine Waffen für Ukraine?

Polens Präsident sieht Missinterpretation

Für Kritik und Kopfschütteln haben am Donnerstag Aussagen des polnischen Regierungschefs Mateusz Morawiecki gesorgt. „Wir liefern keine Rüstungsgüter mehr an die Ukraine, sondern rüsten uns selbst mit den modernsten Waffen aus“, sagte er. Am Abend rückte nun Präsident Andrzej Duda aus. Morawieckis Äußerungen seien missinterpretiert worden, betonte Duda.

Der Präsident bezeichnete die Irritationen um einen möglichen Stopp polnischer Waffenlieferungen als Missverständnis. Die Äußerungen seien auf „die denkbar schlechteste Weise interpretiert“ worden, sagte der polnische Staatschef dem Sender TVN24. „Meiner Meinung nach wollte der Ministerpräsident sagen, dass wir die neuen Waffen, die wir derzeit im Zuge der Modernisierung der polnischen Armee kaufen, nicht an die Ukraine liefern werden.“

Warschau hatte unter anderem mit den USA und Südkorea Waffengeschäfte zum Kauf neuer Panzer und Haubitzen abgeschlossen. „Wenn wir die neuen Waffen aus den USA und Südkorea erhalten, werden wir die derzeit von der polnischen Armee verwendeten Waffen freigeben. Vielleicht werden wir sie an die Ukraine weitergeben“, sagte Duda.

Regierungssprecher konkretisierte Angaben

Morawiecki hatte am Mittwoch angedeutet, dass Polen keine Waffen mehr an die Ukraine liefern werde, „weil wir uns selbst mit den modernsten Waffen ausrüsten“. Polen unterstütze den Sieg über den „russischen Barbaren“, könne aber nicht mit einer Destabilisierung des polnischen Marktes durch ukrainische Getreideimporte einverstanden sein, sagte Morawiecki.

Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki
IMAGO/Aleksander Kalka
Morawiecki sorgte mit seinen Aussagen für Irritationen

Die Äußerung löste in Brüssel und Berlin Irritationen aus. Polens Regierungssprecher Piotr Müller präzisierte Morawieckis Aussage am Donnerstag und erklärte, dass Polen die Waffenlieferungen an die Ukraine künftig auf bereits abgeschlossene Verträge beschränken werde.

„Polen realisiert allein die Lieferungen von Munition und Waffen, die zu einem früheren Zeitpunkt beschlossen wurden“, sagte Müller nach Angaben der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Das schließe die Lieferungen ein, die in Verträgen mit der Ukraine vereinbart worden seien.

Bisher enge Verbündete

Das NATO- und EU-Land Polen zählt zu den größten Unterstützern und Waffenlieferanten der Ukraine seit dem russischen Angriff auf das Land vor rund eineinhalb Jahren. Zudem hat Polen knapp eine Million Kriegsvertriebene aus der Ukraine aufgenommen. Zuletzt sorgte der Konflikt über die Getreideeinfuhren aus der Ukraine aber für Verstimmungen zwischen den beiden Nachbarländern und engen Verbündeten.

Agrargüter zählen zu den wichtigsten Einnahmequellen der Ukraine. Wegen des Krieges versucht die Ukraine, Produkte statt über das umkämpfte Schwarze Meer verstärkt über den Landweg zu exportieren. Polen und andere osteuropäische Länder befürchten dadurch einen Preisverfall bei Agrarprodukten.

Ukraine legte Beschwerde bei WTO ein

Die EU-Kommission hatte am Freitag die umstrittenen Handelseinschränkungen für ukrainische Getreideprodukte beendet. Polen, Ungarn und die Slowakei untersagen aber weiterhin Getreideeinfuhren. Die Ukraine reichte deshalb vor der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde gegen die drei Länder ein.

Am Mittwoch hatte Polen aus Protest gegen Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor der UNO-Vollversammlung den ukrainischen Botschafter ins Außenministerium in Warschau zitiert. Der ukrainische Präsident hatte gesagt, das „politische Theater“ um Getreideimporte aus der Ukraine komme nur Russland zugute.

In Polen wird am 15. Oktober ein neues Parlament gewählt. Die Getreideimporte sind vor diesem Hintergrund ein sensibles Thema. Die Regierungspartei PiS hat in den landwirtschaftlich geprägten Regionen starken Rückhalt. Zudem ist die PiS durch eine Visaaffäre unter Druck geraten und benötigt dringend ein anderes Thema auf dem Tapet. Weiters wird die PiS von der aufstrebenden extremen Rechten in Polen wegen der ihrer Meinung nach unterwürfigen Haltung gegenüber der Ukraine im Wahlkampf scharf kritisiert.

Grafik zur Hilfe Polens für die Ukraine
Grafik: APA/ORF; Quelle: IfW Kiel

Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak gab am Donnerstag eine ausweichende Antwort, als er auf die Äußerung Morawieckis angesprochen wurde. „Es ist der Regierungschef, der entsprechende Beschlüsse des Kabinetts unterschreibt, und die Weitergabe von Rüstungsgütern geschieht auch auf der Grundlage solcher Beschlüsse“, sagte Blaszczak dem öffentlich-rechtlichen Radio.

Tschechien und Slowakei sehen Missverständnis

Tschechien und die Slowakei nähmen den Zwist zwischen Polen und der Ukraine lediglich als ein Missverständnis wahr, wie der tschechische Staatspräsident Petr Pavel und seine slowakische Amtskollegin Zuzana Caputova am Rande der UNO-Vollversammlung in New York sagten.

Polen droht Ukraine mit Waffenlieferstopp

Im Getreidestreit hat Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki angekündigt, keine weiteren Waffen an die Ukraine zu liefern.

„Auch Spitzenpolitiker sind nur Menschen und unterliegen verschiedenen Druckausübungen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj steht unter einem permanenten Druck, und wenn wir in seiner Position wären, würden wir vielleicht den Verstand öfter als er verlieren“, sagte Pavel laut der Nachrichtenagentur CTK. „Irgendeine stärkere Aussage muss man nicht unbedingt buchstäblich nehmen.“

Die Slowakei kündigt indessen ein Ende ihres Importstopps für ukrainisches Getreide an. Das Land habe sich mit der Ukraine auf ein Lizenzsystem geeinigt, teilte das slowakische Agrarministerium mit. Sobald dieses stehe, werde der Importstopp aufgehoben. Im Gegenzug ziehe die Ukraine ihre Beschwerde gegen die Slowakei bei der WTO zurück.