Nahost-Konflikt: Eskalation mit traumatischen Folgen

Der beispiellose Angriff der Terrorgruppe Hamas auf Israel hat den Nahost-Konflikt weltweit ins Zentrum der Aufmerksamkeit katapultiert. Für die Bevölkerung in Israel und im Gazastreifen ist die Eskalation selbst für Nahost-Verhältnisse mit den vielen Toten traumatisch. Die Hamas hat zumindest ein geostrategisches Ziel erreicht. Die Auswirkungen werden vielfältig sein – und von innenpolitischen in Israel und bei den Palästinensern bis hin zum Ukraine-Krieg reichen.

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Experte: Israel kann Hamas nur schwer zerstören

Der Terrorismusforscher Peter Neumann vom King’s College in London hält es für ziemlich sicher, dass es zu einem Einsatz israelischer Bodentruppen in Gaza kommen wird.

Dabei sollten zunächst die dort gehaltenen Geiseln befreit und dann die Infrastruktur der Hamas so weit zerstört werden, dass Angriffe wie am Wochenende unmöglich werden. Das von Israel ausgegebene Ziel, die Hamas komplett zu zerstören, sei aber nur sehr schwer zu erreichen, sagte er gegenüber der dpa. Über die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas sprach er gestern Abend in der ZIB2.

Dazu sei die Organisation neben ihren terroristischen Aktivitäten zu stark auch in der Zivilgesellschaft des Gazastreifens verankert. „Man muss ja berücksichtigen, dass Hamas eben nicht nur eine militärische oder eine terroristische Organisation ist, sondern ab den späten 1980ern, wo sie entstanden ist, eine umfassende soziale Bewegung aufgebaut hat, die über Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser verfügt“, sagte Neumann.

Riskanter Einsatz von Bodentruppen

Der Einsatz von Bodentruppen im dicht besiedelten Gazastreifen berge zudem große Risiken. Dem deutschen Wissenschaftler zufolge dürfte die Hamas geradezu darauf warten, die israelische Armee in einen wochen- oder monatelangen blutigen Häuserkampf in Gaza zu verwickeln, in dessen Verlauf sie Israel als Täter darstellen könne.

Zudem lauere die Gefahr einer zweiten Front im Norden aus dem Libanon durch die schiitische Hisbollah-Miliz. Es gebe Berichte, die darauf hindeuteten, dass der Hamas-Angriff am Wochenende „möglicherweise nur der Anfang“ einer koordinierten Aktion der beiden mit dem Iran verbündeten Organisationen gewesen sei.

Die Gefahr sei, „dass, während Israel im Gazastreifen feststeckt, sozusagen die Offensive aus dem Norden kommt und nicht mehr die Ressourcen bereitstehen, das zu verteidigen“, so Neumann.