Israelische Soldaten auf einem Panzer
Reuters/Evelyn Hockstein
Bodeneinsatz in Gaza

Israel meldet neue Gefechte mit Hamas

Nach der Ankündigung Israels, die Bodeneinsätze im Gazastreifen „schrittweise“ auszuweiten, hat die israelische Armee am Sonntag neue Gefechte mit bewaffneten Kämpfern der Hamas in Nordgaza gemeldet. Diese hätten auf israelische Truppen geschossen, in der Folge seien sie getötet worden, teilte die Armee via Telegram mit. Zudem seien Terroristen in Zikim „identifiziert“ worden, hieß es, also auf israelischem Gebiet nahe Gaza.

Auch diese Kämpfer seien getötet worden, berichtete die israelische Armee. Zikim ist ein Kibbuz im Süden Israels, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Gaza entfernt. Im Gazastreifen selbst sei Hamas-Infrastruktur – etwa Panzerabwehrraketenstellungen und Beobachtungsposten – zerstört worden, teilte die Armee mit. Auch Panzer seien im Einsatz, meldete die israelische Armee.

Zuvor meldeten die Al-Kassam-Brigaden, der militärische Arm der Terrororganisation Hamas, Zusammenstöße mit israelischen Streitkräften in der Nähe von Beit Lahia im Norden des Gazastreifens. Die Angaben sind unabhängig nicht zu überprüfen. Die israelische Armee ihrerseits veröffentlichte ein Video, das Panzer und andere Fahrzeuge im Gazastreifen zeigen soll – der Einsatzort wurde nicht genannt.

Israels Armee: Am Samstag 450 Ziele bombardiert

Ein weiteres Video der israelischen Armee soll den beigefügten Informationen zufolge Luftangriffe auf Beit Hanun in der nordöstlichen Ecke des Gazastreifens (nahe Sderot) zeigen. Im Video sind Ausschnitte von verschiedenen Orten zu sehen – ob es sich um aktuelle Schläge in den vergangenen 48 Stunden handelt, lässt sich nicht verifizieren. Generell seien zuletzt Hunderte Stellungen der Hamas angegriffen worden.

zerstörte Gebäude im nördlichen Gazastreifen
APA/AFP/Jack Guez
Zerstörung in Nordgaza – das Bild wurde von Sderot aus aufgenommen

Wie das Militär Sonntagfrüh via Telegram erklärte, haben Kampfflugzeuge im Verlaufe des vergangenen Tages mehr als 450 Ziele bombardiert, darunter Kommandozentralen, Beobachtungsposten und Abschussrampen für Panzerabwehrraketen. Im Zusammenwirken mit den eigenen Bodentruppen hätten die israelischen Kampfverbände Terrorzellen attackiert, die versucht hätten, anzugreifen und Panzerabwehrraketen abzufeuern, hieß es.

Evakuierungsaufruf erneuert

Zugleich erneuerte die israelische Armee am Sonntag ihre Aufforderung an die Zivilbevölkerung im Gazastreifen, in den Süden des Küstengebiets zu flüchten. „Zivilisten im nördlichen Gazastreifen und in Gaza-Stadt sollten sich vorübergehend südlich des Wadi Gaza in ein sichereres Gebiet begeben“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari in einer am Samstag aufgenommenen und am Sonntag via Twitter (X) veröffentlichten Erklärung.

Dort könnten sie „Wasser, Lebensmittel und Medikamente erhalten“. Am Sonntag würden zudem die „von Ägypten und den USA geleiteten humanitären Einsätze für den Gazastreifen ausgeweitet“, fügte Hagari hinzu. Elad Goren von der Koordinierungsabteilung des israelischen Verteidigungsministeriums mit den Palästinensern (Cogat) sagte Journalistinnen und Journalisten am Sonntag, Hilfslieferungen sollten auf Bitten der USA in den kommenden Wochen „dramatisch erhöht“ werden.

Der palästinensische Rote Halbmond hat eigenen Angaben zufolge von israelischen Behörden die Aufforderung erhalten, das Al-Quds-Krankenhaus im Gazastreifen sofort zu evakuieren. Seit der Früh gebe es Angriffe etwa 50 Meter von dem Krankenhaus entfernt, teilte der Rote Halbmond via Facebook mit.

30.000 Zivilisten bei Al-Schifa-Krankenhaus?

Auch im Umkreis des Al-Schifa-Spitals in Gaza, das nach israelischer Darstellung auch als Hamas-Kommandozentrum dient, halten sich nach TV-Berichten weiterhin Tausende Zivilistinnen und Zivilisten auf. Die Menschen verblieben im Bereich des größten Spitals des Gazastreifens, das sie offenbar als Zufluchtsort ansehen, wie TV-Bilder unter anderem von al-Jazeera und CNN am Sonntag zeigten. Auf diesen war unter anderem zu sehen, wie Menschen um das Krankenhaus herum unter Zeltplanen campieren.

Israelische Medien berichteten zuletzt unter Berufung auf Sicherheitskreise, die Hamas habe rund 30.000 Menschen im Umkreis des Al-Schifa-Krankenhauses versammeln lassen, damit diese als „menschliche Schutzschilde“ dienen. Das solle Israel daran hindern, ihre unterirdische Kommandozentrale anzugreifen.

Hamas-Kontrollzentrum unter Spital

Die israelische Armee hatte zuvor unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mitgeteilt, die Hamas nutze das Krankenhaus als Kommando- und Kontrollzentrum. In Videodarstellungen waren tief in der Erde unter dem Spital zahlreiche Kontrollräume und Verbindungstunnel zu sehen. Die Hamas bestritt die Nutzung des Krankenhauses für „militärische Zwecke“.

„Zivile Ordnung bricht zusammen“

Laut dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) sind im Gazastreifen Tausende Menschen in Lagerhallen und Verteilzentren eingebrochen und haben diese auf der Suche nach „Grundmitteln zum Überleben“ geplündert.

„Das ist ein besorgniserregendes Zeichen dafür, dass die zivile Ordnung nach drei Wochen Krieg und einer festen Belagerung Gazas langsam zusammenbricht. Die Menschen haben Angst, sind frustriert und verzweifelt“, erklärte Thomas White, UNRWA-Leiter im Gazastreifen. Die Güter auf Märkten würden knapp, und die aus Ägypten kommende Hilfe sei nicht genug. Die Bedürfnisse der Menschen seien enorm – „wenn auch nur für das einfache Überleben“.

Die Versorgungslage im Gazastreifen war schon vor Kriegsbeginn sehr schlecht und hat sich durch die laufenden Kämpfe noch verschlimmert. Die große Zahl der durch Israels Angriffe vor allem aus dem Norden vertriebenen Menschen würde den Druck auf Gemeinden im Süden des Gazastreifens noch erhöhen, sagte White. Einige Familien hätten bis zu 50 Verwandte in einem Haushalt aufgenommen.