Frau arbeitet an Baustelle
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Equal Pay Day

Forderungen nach mehr Lohntransparenz

Am 31. Oktober ist Equal Pay Day. An diesem Tag haben Männer in Österreich bereits jenes Einkommen verdient, für das Frauen noch bis zum Jahresende arbeiten müssen. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Frauen arbeiten heuer 62 Tage „gratis“ und verdienen um 16,9 Prozent weniger. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Verbesserung um gerade einmal einen Tag. Von vielen Seiten wird mehr Lohntransparenz gefordert.

Während das durchschnittliche Bruttoeinkommen von Männern in Österreich bei 56.638 Euro liegt, verdienen Frauen im Schnitt 47.084 Euro brutto im Jahr. Daraus ergibt sich ein Minus von 16,9 Prozent, wie Daten des Bundeskanzleramtes zeigen. Frauen verdienen demzufolge im Durchschnitt 2023 um rund 9.500 Euro pro Jahr weniger als Männer.

Sieht man sich den Gender Pay Gap an, also die Einkommensschere zwischen Mann und Frau, im Ländervergleich auf Basis des Stundenlohns an, zeigt sich, dass Österreich zu den Schlusslichtern im EU-Raum gehört.

2021 machte dieser Unterschied in Österreich 18,8 Prozent aus, eine minimale Verbesserung um lediglich 0,1 Prozent zum Jahr davor. Der EU-Schnitt für 2021 lag weit darunter bei 12,7 Prozent. In Luxemburg bewegte sich der Gender Pay Gap hingegen mittlerweile sogar in die andere Richtung.

Große regionale Unterschiede

Wenn man die einzelnen Bundesländer näher betrachtet, zeigen sich bundesweit teils deutliche Unterschiede. Wien schneidet traditionell am besten ab, der Equal Pay Day fällt dort auf den 21. November, die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen beträgt elf Prozent. Am schlechtesten schneidet Vorarlberg ab. Dort verdienen Frauen um 24,7 Prozent weniger – der Equal Pay Day war hier bereits am 3. Oktober. Auf denselben Tag wie der österreichweite Schnitt fällt in diesem Jahr Kärnten.

Raab: Richtige Richtung, aber nicht genug

Für Frauenministern Susanne Raab (ÖVP) geht die Entwicklung „grundsätzlich in die richtige Richtung“. Aber das sei noch lange nicht genug, so Raab bei einer Pressekonferenz am Montag. Bei den Gründen für die nach wie vor vorhandene Lohnlücke habe man „Schlüsselgebiete“ identifiziert, sagte die Ministerin.

So liege die Care-Arbeit für Kinder noch immer hauptsächlich bei den Müttern. Hier sei es daher wichtig, in die Kinderbetreuung zu investieren. Dafür stünden bis 2030 daher zusätzliche 4,5 Mrd. Euro zur Verfügung. Außerdem seien Frauen häufiger in schlechter bezahlten Branchen tätig.

Darüber hinaus will Raab weiter mit den Grünen am automatischen Pensionssplitting arbeiten. Sollten Frauen bei gleicher Qualifikation im gleichen Job und für die gleichen Aufgaben weniger Geld verdienen als Männer, „dann ist das eine Diskriminierung“, betonte Raab. Daher will sie jede Frau ermutigen, sich in solchen Fällen an die zuständigen Stellen zu wenden.

Grüne wollen mehr Transparenz

Nicht genug ist das dem grünen Koalitionspartner, der sich für ein umfassenderes Lohntransparenzgesetz und einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung einsetzt. „Wir beobachten seit Jahren, dass die derzeitigen Gesetze im Kampf gegen die geschlechtsspezifische Lohnlücke nur mikroskopisch messbare Auswirkungen haben“, kritisierte Grünen-Frauensprecherin Meri Disoski in einer Aussendung.

Konkret forderte sie verpflichtende über den Betriebsrat zugängliche Einkommensberichte für Unternehmen ab 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in denen auch die einzelnen Gehaltsbestandteile angeführt werden.

SPÖ sieht „leere Versprechen“

Die SPÖ warf der Regierung Säumigkeit bei der Umsetzung einer Lohntransparenzrichtlinie der EU, die strengere Vorgaben enthalten soll, und dem Ausbau der Kinderbetreuung vor. „Alles leere Versprechen (…) Ein flächendeckender Ausbau bleibt ausständig“, so SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner laut Aussendung.

Sie unterstützt die Forderung der Arbeiterkammer (AK) nach verpflichtenden Einkommensberichten für Unternehmen ab 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zudem fordert die SPÖ eine Verpflichtung zur geteilten Karenz und einen Rechtsanspruch auf einen ganztägigen Gratiskinderbildungsplatz ab dem ersten Lebensjahr.

Kindergartengruppe
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Kinderbetreuungspflichten werden noch immer hauptsächlich von Frauen wahrgenommen

FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker forderte in einer Aussendung erneut die Anhebung der Löhne und Gehälter in Niedriglohnbereichen, beginnend bei den Lehrlingsentschädigungen. Jedoch würden alle dahingehenden Anträge der Freiheitlichen weder von ÖVP und Grüne noch von SPÖ und NEOS Zustimmung erhalten. „Alle FPÖ-Anträge für die längst überfällige Aufwertung von Frauen und Müttern … wurden … im Papierkorb entsorgt“, so Ecker.

„Qualitativ hochwertige, möglichst kostenlose und gut ausgebaute Kinderbetreuung mit Rechtsanspruch ab dem ersten Geburtstag“ forderte auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. „Die Bundesregierung muss hier endlich liefern, denn wir hinken im internationalen Vergleich Jahrzehnte hinterher“, kritisierte sie.

Gewerkschaft mit Palette an Forderungen

Kritik an der Regierung und den Arbeitgebern kam auch von der Gewerkschaft. „Wenn es mit der Gleichstellung von Mann und Frau in Österreich in dem Tempo weitergeht, verdienen Frauen erst in 31 Jahren für gleiche Arbeit so viel Geld wie Männer“, so die die Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Korinna Schumann, per Aussendung. Auch sie forderte einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung sowie mehr Lohntransparenz und Arbeitszeitverkürzungen.

„Damit die Einkommenslücke endlich zugeht, brauchen Frauen echte Lohntransparenz. Die EU-Mitgliedsstaaten haben eine Richtlinie zur Lohntransparenz beschlossen. Jetzt ist die Chance da, die Situation zu verbessern. Die Bundesregierung muss sofort mit der Umsetzung beginnen“, forderte AK-Präsidentin Renate Anderl. Dabei sei wichtig, die Sozialpartner einzubeziehen.

Politische Maßnahmen forderte auch der Österreichische Frauenring. Es brauche „spürbare Sanktionen für Unternehmen, die Frauen und Männern für die gleiche Tätigkeit einen unterschiedlichen Lohn bezahlen“, erklärte Frauenring-Vorsitzende Klaudia Frieben. Darüber hinaus brauche es aber auch eine Debatte über die Neubewertung von Arbeit.

Köppl-Turyna: Konservative Gesellschaft

Monika Köppl-Turyna vom industrienahen Institut EcoAustria meinte im Ö1-Morgenjournal, dass sich die Einkommensschere in Österreich vor allem auch durch eine konservative Gesellschaft ergebe. Es gebe nach wie vor klare geschlechterspezifische Arbeiten. Frauen würden vermehrt im Niedriglohnsektor arbeiten und oft Stellen mit mehr Flexibilität annehmen. Um hier für Verbesserung zu sorgen, müsse vor allem die Kinderbetreuung ausreichend verfügbar gemacht werden.

Momentum: Mutterschaft nur untergeordnete Rolle

Vom gewerkschaftsnahen Momentum Institut hieß es, dass Mutterschaft beim Gender Pay Gap anders als oft angenommen nur eine untergeordnete Rolle spielen würde. Bei kinderlosen Frauen und Müttern sei die Lohnlücke im Vergleich zu Vätern fast ident. Frauen mit und ohne Kind erhalten demzufolge in etwa gleich viel weniger Gehalt als Väter.

Auch die unterschiedliche Bezahlung in verschiedenen Branchen und klassische Geschlechterrollen würden zur Einkommensschere beitragen. Man müsse die Kinderbetreuung ausbauen und die Pflege von Angehörigen nicht weiter den Frauen umhängen, sagte Momentum-Ökonomin Katharina Mader. Sie forderte außerdem verpflichtende Lohntransparenz, die Aufwertung von Niedriglohnbranchen und Quoten in öffentlichen Einrichtungen und der Privatwirtschaft.

Städtebund betont Pensionslücke

Der Städtebund setzte sich neben einem Ausbau der Kindergärten auch für eine Ausbildungs- und Personaloffensive ein. Zugleich machte er darauf aufmerksam, dass die Auswirkungen von ungleicher Bezahlung, generell schlechter bezahlter Jobs in „Frauenbranchen“ und unbezahlter Care-Arbeit sich spätestens in der Pension in ihrer ganzen Dramatik zeigen würden.

Analog zum Equal Pay Day wurde 2015 vom Frauenausschuss des Österreichischen Städtebundes der Equal Pension Day ins Leben gerufen. Dieser fiel 2023 auf den 4. August. Im EU-Vergleich gehört Österreich somit laut Eurostat mit einer Lücke von 35,5 Prozent auch bei den Pensionen zu den Ländern mit den höchsten Unterschieden zwischen Männern und Frauen.